Magnesia Litera: Literaturpreis für Publizistik

Erik Tabery und „Die Verlassene Gesellschaft“ (Foto: Archiv des Tschechischen Rundfunks)

In Prag wurde am Mittwochabend der wohl bekannteste Literaturpreis Tschechiens vergeben. Publizistische Texte feierten dabei nicht nur in der Kategorie Publizistik Erfolge. Auch die Entdeckung des Jahres und das absolute Siegeswerk wurden von Journalisten geschrieben.

Erik Tabery und „Die Verlassene Gesellschaft“  (Foto: Archiv des Tschechischen Rundfunks)
Das „Buch des Jahres 2017“ heißt „Die Verlassene Gesellschaft“. Der Journalist und Schriftsteller Erik Tabery beschreibt darin den Weg Tschechiens von der Entstehung der Tschechoslowakei 1918 bis zur Gegenwart. Dabei stellt er die heutigen politischen und gesellschaftlichen Ereignisse in einen historischen und in einen europäischen Kontext. Erik Tabery:

„Das Buch hat ein für mich überraschend großes Echo bei den Lesern gefunden. Der Grund ist meiner Meinung nach, dass heute Sachen passieren, die die Leute nicht erwartet haben. Viele Werte werden in Zweifel gestellt. Man sucht daher nach den Fundamenten des Staates.“

Bei der Preisverleihung am Mittwoch auf der Neuen Bühne des Prager Nationaltheaters haben die Veranstalter zudem die Sieger in weiteren zwölf Kategorien gekürt.

„Der Transport hinter die Ewigkeit“  (Foto: Baobab)
Den Preis für den besten Prosatext erhielt Josef Pánek für sein schmales Buch „Die Liebe in der Zeit globaler Klimaveränderungen“. Pánek ist Molekularbiologe. Die preisgekrönte Novelle ist sein zweites literarisches Werk. Was hat die Novelle so überzeugend gemacht? Petr Fischer ist Vorsitzender der Jury:

„Die meisten Jury-Mitglieder waren von der rohen Originalität begeistert. Von der Unmittelbarkeit des Schreibens, ohne jegliche Stilisierung. Es ist ein Gedankenstrom des Haupthelden, ungeschliffen und ungeordnet. Vielleicht ließe sich das Buch als die gegenwärtige Underground-Literatur bezeichnen. Es ist kein Mainstream-Werk, obwohl es dem Thema nach so scheinen könnte.“

Der beste Text in der Kategorie Poesie ist die Sammlung „Das Herumgehen um die Insel“ von Milan Děžinský. In den weiteren Kategorien wurden unter anderem ein Porträt des tschechischen Underground-Künstlers Ivan Magor Jirous von Marek Švehla, der publizistische Text„Antialkoran“ von Patrik Ouředník und das Kinderbuch „Der Transport hinter die Ewigkeit“ von František Tichý ausgezeichnet.

„Saturnin“  (Foto: Archiv des Tschechischen Rundfunks,  Radio Praha)
Die beste Übersetzung des Jahres ist die des vom irischen Schriftsteller Mairtín O’Cadhain 1949 verfassten Romans „Friedhofserde“. Der Übersetzer Radvan Markus musste sich mit einer stark lokal gefärbten Variante des Connemara-Irischen sowie eigenartigen Wendungen auseinandersetzen:

„Mir gefällt daran, dass es sich um ein großes Werk der irischen, aber auch europäischen modernen Literatur handelt. Das Buch findet in der letzten Zeit immer mehr Anerkennung bei Kritikern. Es erörtert allgemein menschliche Fragen, wie Leben und Tod, aber auch etwa die Beziehung zwischen dem Individuum und der Gesellschaft sowie die Rolle der Sprache.“

Weil in diesem Jahr der Gründung der Tschechoslowakei im Jahr 1918 gedacht wird, wurde auch ein Buch des Jahrhunderts gewählt. Die Wahl von knapp 200 Literaturexperten fiel auf: „Die Abenteuer des guten Soldaten Schwejk“ von Jaroslav Hašek. Bei der Öffentlichkeit siegte jedoch „Saturnin“, ein humoristischer Roman von Zdeněk Jirotka aus dem Jahr 1942.