Malé Svatoňovice: Geburtsort von Karel Čapek
Malé Svatoňovice ist eine Gemeinde am Fuße des Habichtgebirges / Jestrebi hory in Ostböhmen. Sie hat heute etwa 1500 Einwohner und wäre vielleicht kein bekannter Begriff, wenn… Wenn dort nicht der weltberühmte Autor Karel Čapek zur Welt gekommen wäre.
In der Dienstwohnung des Badearztes
Die älteste Schwester Helena und der ältere Bruder Josef erblickten allerdings im nahen Hronov das Licht der Welt, wo die Mutter von Božena Čapková wohnte.
„Der jüngste, Karel Čapek, war der einzige, der hier, bei uns in Malé Svatoňovice geboren wurde. Und zwar am 9. Januar 1890. Es fiel damals viel Schnee, und die Mutter konnte daher nicht nach Hronov fahren, um dort ihr Kind zu gebären. Die winterliche Natur hat also dafür gesorgt, dass sich Malé Svatoňovice heute als Geburtsort des berühmten Schriftstellers rühmen darf.“
Die Familie bewohnte eine Zweizimmer-Dienstwohnung am Markt. Doch als der jüngste Sohn Karel Čapek nur sechs Monate alt war, zog sie in die nahe liegende Kleinstadt Úpice / Eipel weiter.
„Doktor Antonín Čapek sehnte sich nach seiner eigenen Arztpraxis. Er stand hier in Malé Svatoňovice im Dienste des Fürsten, und zwar als Arzt für die Bergleute und als Badearzt. Denn dieses Gebäude gehörte früher dem Gemeindebad. Oben im ersten Stockwerk wurden Kurgäste in kleinen Zimmern untergebracht. Die Möglichkeit, eine selbständige Arztpraxis zu gründen, bot sich in Úpice, etwa sieben Kilometer von hier entfernt. Antonín Čapek ließ dort sein eigenes Haus erbauen und hat dort im Juli 1890 seine Praxis eröffnet.“Bis heute kennen fast alle tschechischen Kinder die Märchen von Čapek, die er 1932 schrieb. Malé Svatoňovice und seine Umgebung inspirierten den Autor beim Verfassen. Die Märchen spielen nämlich in der Heimatregion des Autors:
„Die übernatürlichen Wesen, die Čapek auftreten lässt, wurden in reale Orte verpflanzt. So gibt es bei uns zum Beispiel die Höhle des Räuberhauptmanns Luderando. Und auch der hiesige Aussichtsturm Žaltman taucht in seinen Märchen auf.“
Museum der Brüder Čapek
Im Haus am Markt, in dem Karel Čapek die ersten sechs Monate seines Lebens verbrachte, wurde bereits 1946 ein Museum eingerichtet. Es ist sowohl dem Schriftsteller als auch seinem Bruder, dem Maler und Dichter Josef Čapek, gewidmet. In zwei selbständigen Ausstellungen auf zwei Etagen werden sie porträtiert.„Schwerpunkt der Museumssammlung sind Original-Dokumente. Das sind unter anderem einige Handschriften von Karel Čapek, aber auch von seinem Vater Antonín. Wir haben hier verschiedene Dokumente, Familienfotos und Reisebilder sowie Ausschnitte aus den literarischen Werken und Arbeiten von Karel Čapek.“
Vladimíra Odrobiňáková hebt das Schulzeugnis von Karel Čapek aus der zweiten Klasse hervor:„Das Zeugnis gefällt vor allem den Kindern: Sie erfahren, dass Karel im ersten Quartal in Schreiben und in Orthografie die Note drei bekommen hat. Die Kinder zeigen dies dann häufig ihren Eltern: ‚Schaut mal, auch Karel Čapek hatte eine Drei.‘ Andere Dokumente belegen die Vielseitigkeit von Karel Čapek sowie das große Interesse der Öffentlichkeit für seine Person. Wir zeigen Ansichtskarten, die er von unbekannten Menschen erhalten hat. Des Weiteren findet man hier seine Notizen, zum Beispiel zu seinen Übersetzungen. Kleinen Museumsbesuchern zeigen wir seine Kinderbücher, zum Beispiel das Buch Pudlenka (‚Die Pudelin‘), das wenig bekannt ist. Und den Erwachsenen seine anderen Werke.“
Die Museumsleiterin zeigt unter anderem sein Theaterstück R.U.R. aus den 1920er Jahren. Auf dieses Werk bezieht sich auch eines der bekanntesten Ausstellungsstücke: ein kleiner Roboter mit dem Gesicht von Karel Čapek. Der Bohemist und Theaterwissenschaftler Hasan Zahirovič erklärt den Hintergrund:„Karel Čapek besuchte 1924 England und brachte von dort den Roboter mit nach Hause. Er hatte ihn in einem Theater bekommen. Ich vermute, dass es drei solche Roboter gab. Der eine befand sich in der Čapek-Villa in Prag. Auf einem Foto, das Karel Čapek zeigt, wie er die Blumen auf dem Fensterbrett gießt, ist dieser Roboter zu sehen. Er ist bei einer Ausstellung leider verloren gegangen. Ein zweites Exemplar stand neben seinem Arbeitstisch, es handelte sich um dasselbe Modell.“
Die Familie Čapek wohnte 17 Jahre lang im nahen Úpice. In ihrem damaligen Haus befinden sich heute Büros der tschechischen Polizei. Interessenten können aber das Erdgeschoss besichtigen, in dem Antonín Čapek seine Arztpraxis betrieb. Zudem ist eine kleine Ausstellung im Museum von Úpice der Familie gewidmet.Wanderungen in der Heimatregion
Die Geschwister Čapek und ihre Mutter sind aber öfter zu Besuchen nach Malé Svatoňovice gefahren. Am Markt, dem heutigen Karel- Čapek-Platz, steht die Wallfahrtskirche der Sieben Freuden der Jungfrau Maria. Auch sie ist mit dem Leben von Karel Čapek verbunden:
„Karel Čapek ist von seiner Mutter häufig hierher mitgenommen worden, als die Familie bereits in Úpice wohnte. In Malé Svatoňovice fanden bekannte Wallfahrten statt. Einige Dokumente erinnern daran, dass Čapeks Mutter einst einen Brustabguss aus Wachs als Opfergabe dort hinbrachte, um für Karels Gesundheit zu beten. Er litt schon als Kind an Lungenerkrankungen und Bronchitis.“
Gerade an den Folgen einer Lungenentzündung ist der Autor von Weltformat vor 80 Jahren gestorben: am 25. Dezember 1938. Als Erwachsener besuchte Čapek oft die Gegend seiner Kinderjahre. So kam er zum Beispiel 1925 mit seiner künftigen Frau Olga Scheinpflugová nach Malé Svatoňovice. Sie trat in der Rolle der Mimi in seinem Stück ‚Der Räuber‘ auf. Die Inszenierung sei vom dortigen Laientheater aufgeführt worden, sagt Vladimíra Odrobiňáková:„Alle drei Kinder Čapek reisten oft in diese Region, zu den Wallfahrten, aber auch, um zu wandern. Die Naturschönheiten des Habichtgebirges wollen einfach bei Ausflügen erkundet werden.“
Direkt in Malé Svatoňovice lädt der sogenannte Marien-Garten zu einem Besuch ein. Er wurde Ende des 19. Jahrhunderts angelegt. Ursprünglich standen dort sieben Kapellen mit der Darstellung der sieben Freuden Mariens. Später entstand auch ein Kreuzweg. Von der höchsten Kapelle bietet sich ein schöner Blick in die Umgebung. Und unter dem Hang verbirgt sich der Eingang in einen der ehemaligen Steinkohle-Stollen. Noch schönere Aussichten hat man von den Aussichtstürmen auf den beiden höchsten Punkten des Habichtgebirges: dem Žaltman / Hexenberg und dem Markoušovický hřeben / Markausch-Kamm.