Mangelware in Tschechien: Niedrigschwellige Einrichtungen für Kinder und Jugendliche

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Am 16. Oktober ist in Tschechien eine Kampagne zur Unterstützung der so genannten niedrigschwelligen Einrichtungen für Kinder und Jugendliche gestartet worden, an denen es hierzulande immer noch mangelt. Das Ziel der Kampagne, initiiert von der Tschechischen Assoziation Streetwork, ist es, der Öffentlichkeit mehr Informationen über diese Problematik im Rahmen verschiedener Veranstaltungen zu bieten.

Tausende Kinder und Jugendliche treiben sich in ihrer Freizeit auf den Straßen, in Bahnhöfen, Spielcasinos oder in den Parks herum. Die Ursache dafür ist entweder im mangelnden Interesse an außerschulischen Aktivitäten oder aber in den mangelnden Möglichkeiten für deren Nutzung vor Ort zu suchen. Beides hat Langeweile zur Folge. Dadurch nimmt natürlich die Gefahr zu, dass junge Menschen Ersatzaktivitäten ergreifen wie Drogenexperimente, Schikane von körperlich Schwächeren bis hin zu Straftaten oder sogar Sexualdienstleistungen.

Mit der allgemeinen Liberalisierung nach dem Wendejahr 1989 hat sich in Tschechien der Bedarf an Sozialarbeit sprunghaft erhöht. Die neuen und in Westeuropa längst in diesem Bereich eingeführten Methoden, die sich von den institutionellen Modellen absolut unterscheiden, hat man bis dahin hierzulande nicht gekannt. Zum Ausbau der nichttraditionellen Sozialarbeit kam es erst nach 1995. Inzwischen haben sich neue Methoden beim Umgang mit problematischen oder potentiell problematischen Jugendlichen etabliert:

"Es ist wichtig, diese Menschen direkt in ihrem Ambiente zu erreichen", sagt Ondrej Novacek, langjähriger Streetworker und Programmleiter. Anders als es die herkömmlichen Institutionen oder klassischen Ambulanzen tun, sagt Novacek, machten sich Vertreter der so genannten niedrigschwelligen Einrichtungen selbst auf den Weg zum Klienten. "Es sei nicht zu erwarten, dass er von allen kommt."

Auch das Wort "Streetwork", das diese Art Sozialarbeit bezeichnet, gilt zwar mittlerweile auch schon als Bestandteil des tschechischen Wortschatzes. Bei der Umsetzung von Projekten besteht jedoch immer noch ein großer Nachholbedarf. Viele sind bisweilen nur auf dem Papier geblieben. Es mangelt vor allem an Jugendklubs, die attraktive Freizeitaktivitäten sowie Fachberatung für alle anbieten - angefangen von Klassenbesten eines Gymnasiums, über Skater und Alternative bis hin zu Problemkindern einer Sonderschule.

Das tschechische Streetwork-Netz will nun auch die breite Öffentlichkeit in die Sache einbeziehen, da ihre Einstellung in dieser Hinsicht nicht immer positiv ist. Im Rahmen der am 16. Oktober eingeleiteten Informationskampagne, finanziell unterstützt durch die Stiftung Vodafone Tschechien, werden im öffentlichrechtlichen Tschechischen Fernsehen Werbespots gezeigt, die bis zum 12. Dezember Jugendklubs als Stätten mit viel Verständigung im Angebot propagieren sollen. Nach dem Motto, wie Ondrej Novacek sagt:

"Wir wollen unsere Klienten suchen, kontaktieren und ihnen ein Programmangebot machen - als Freizeitgestaltung oder einfach einem konkreten Problem angepasst, sozusagen maßgeschneidert."