Manufaktur Moser schwimmt auf einer Welle von Aufträgen
Die böhmische Glasmanufaktur Moser wurde 1857 gegründet. Sie kann demzufolge in diesem Jahr auf eine bereits 150-jährige Tradition verweisen. Eine Tradition, in der sie dank ihrer spezialisierten Herstellung von geblasenem, handgeschliffenem, graviertem und bemaltem Glas Weltruf erlangte und sich buchstäblich als eine Topmarke des Glashandwerks herauskristallisierte. Radio Prag hat die im Karlsbader Stadtteil Dvory ansässige Firma aufgesucht.
Die Manufaktur Moser wurde zum Symbol der Qualität traditionellen Glashandwerks. Sie wird als Juwel böhmischen Glashüttenwesens und als ein Spitzenvertreter des Kunsthandwerks der Glasmacher betrachtet. Der Manufakturcharakter der Erzeugung wird bis heute in der Glasfabrik eingehalten. Jedes Moser-Produkt nimmt Stunden und Stunden der Handbearbeitung durch die Glasmeister in Anspruch. Aber hat Moser mit dieser Art der Produktion in der heutigen globalisierten Wirtschaftswelt, in der man die hart umkämpften Märkte möglichst schnell und preiswert besetzten sollte, überhaupt Chancen, erfolgreich zu bestehen? Eine Frage, die uns der Leiter der Marketingsabteilung von Moser, Josef Slunecko, völlig gelassen beantwortete:
"Moser besetzt ein ziemlich enges und spezifisches Marktsegment, das auf den anspruchsvollen Kunden orientiert ist. Dem können weltweit nicht sehr viele Glashütten gerecht werden. Und was die ausgefeilte Glasgravur betrifft, da ist Moser praktisch ein in der Welt einmaliges Markenprodukt."
Mit anderen Worten: Industrielle Glashersteller, die schneller und billiger produzieren als die Karlsbader, stellen keine direkte Konkurrenz für Moser dar. Auch und erst Recht nicht die Chinesen, die gegenwärtig als Inbegriff der Billigproduktion in fast allen Branchen gelten. Im Gegenteil, Moser hat inzwischen auch den Fernen Osten als sehr guten Absatzmarkt für sich entdeckt:
"In den letzten Jahren ist Moser wieder sehr gefragt, ja ich würde sogar sagen: Wir schwimmen auf einer Welle des Interesses. Das Interesse unserer ausländischen Kunden ist so groß, dass Moser kaum hinterherkommt, um der Nachfrage gerecht zu werden. Die Lieferzeiten verlängern sich, was natürlich für uns ganz angenehm ist, weil wir immer Aufträge haben. Unsere letzten Präsentationen in Japan und Taiwan zum Beispiel waren wieder sehr erfolgreich, auch was den Verkauf betrifft. Diese beiden Länder des Fernen Ostens gehören zu unseren größten Märkten."
Der Markt mit der größten Perspektive für Moser liegt jedoch etwas weiter westlich, und zwar im Osten Europas:
Angesichts der tollen Auftragslage auf der einen und den langen Lieferzeiten, die bei sechs bis acht Monaten liegen, auf der anderen Seite, ergibt sich für Moser ein ganz anderes Problem: Wie kann ich meine Kunden bei der Stange halten? Doch auch dafür hat die Firma, so Slunecko, schon längst die passende Antwort parat:
"Ganz wichtig ist die zuverlässige Information. Und zwar in der Form, dass der Kunde ganz genau weiß, dass er das von ihm gewünschte Erzeugnis auch innerhalb der Lieferfrist von acht Monaten erhält. Dann sind unsere Kunden letzten Endes sogar bereit, eine Anzahlung zu leisten und die acht Monate zu warten. Das versteht man auch unter der Produktion custom made."
Die Glasmanufaktur Moser, die in der Ära der sozialistischen Tschechoslowakei verstaatlicht wurde, hatte ihre wohl schwierigste Phase in der Nachwendezeit zu überstehen. Denn ihre Rücktransformierung zum Privatunternehmen verlief nicht ganz schmerzfrei und reibungslos. Da mehrere ehemalige Kunden wegbrachen, musste ein neues Vertriebssystem erst wieder aufgebaut werden. Das war mit finanziellen Engpässen verbunden. Aber wie sieht die finanzielle Situation heute aus, wollten wir von Josef Slunecko wissen:
"Was die finanzielle Situation betrifft, so kann ich sagen, dass sie sich stabilisiert hat. Es gibt eine große Perspektive, was die Steigerung des Verkaufs unserer Produkte und des damit verbundenen Umsatzes anbelangt."
Auf unsere nochmalige Nachfrage wird Slunecko noch etwas konkreter: "Die finanzielle Situation zum gegenwärtigen Zeitpunkt - wir haben jetzt Ende Oktober - ist sehr gut. Wir erwarten natürlich wieder einen Gewinn, der sich zum Jahresende zwischen zehn und fünfzehn Millionen Kronen (ca. 370.000 bis 550.000 Euro) bewegen sollte."
Trotz der für ein mittleres Unternehmen wie Moser respektablen Gewinnspanne verschließe man jedoch nicht die Augen vor kleineren Problemfeldern auf dem Finanzsektor, so Slunecko.
"Selbstverständlich sind wir bemüht, auf negative Signale in diesem Sektor zu reagieren. Eines davon ist zum Beispiel das fortwährende Erstarken der Tschechischen Krone. Deshalb tätigen wir heute die Mehrzahl unserer Auslandsgeschäfte in Regionen, in denen mit Euro gezahlt wird. Wir verkaufen also einen Großteil unserer Produkte bereits in Euro."
Neben der starken Krone hat Moser aber noch ein zweites, sozusagen hausgemachtes Problem zu stemmen - das Defizit an qualifizierten Arbeitskräften. Obwohl das Unternehmen Weltruf genießt und eine, wie wir gehört haben, langfristig gesicherte Auftragslage hat, sei es schwierig, am heimischen Markt gut ausgebildete Glasmacher und -schleifer zu gewinnen, sagt Slunecko. Selbst dort, wo in Böhmen und Mähren Glashütten geschlossen werden mussten, sei man nicht erfolgreich gewesen, qualifizierte Kräfte für ein Beschäftigungsverhältnis zu gewinnen. Die zumeist älteren Glasmacher seien halt schon zu sesshaft geworden oder ziehen sich nach langjähriger Arbeit jetzt lieber ins Privatleben zurück, bedauerte Slunecko. Daher versuche man, das Arbeitskräfteproblem auf mehreren Schienen zu lösen:
"Moser sucht langfristig qualifizierte Arbeitskräfte. Ein Weg dahin führt über eine fundierte Ausbildung junger Arbeitnehmer. In Karlsbad haben wir dafür eine Glasmacher-Fachschule mit Abitur. Gegenwärtig haben wir 22 Fachschüler. Einer davon wird zum Graveur ausgebildet, 16 zu Glasmachern und der Rest zu Glasschleifern. Diese Ausbildung dauert drei Jahre. Die Lehrlinge werden dabei in den Arbeitsprozess eingebunden. Gegenwärtig ist die Nachfrage nach qualifizierten Arbeitskräften jedoch weitaus größer."Weil dem so ist, richtet Moser seine Blicke auch ins Ausland: "Wir suchen Glasmacher und Glasschleifer auch im Ausland. Wir orientieren uns dabei gen Osten - in die Slowakei, nach Ungarn und Rumänien. Und es ist richtig: Bei uns arbeiten bereits die ersten Glasmacher aus Rumänien."
Die qualifizierten Arbeitskräfte sucht Moser jedoch nicht, um zu expandieren, sondern vielmehr mit Blickrichtung Zukunft. Denn das anerkannte Unternehmen will auch in nächsten Jahrzehnten eine Weltmarke bleiben und als solche auftreten. Zu seinem 150-jährigen Jubiläum jedenfalls hatte es gleich einen doppelten Grund zum Feiern:
"Als wir unseren feierlichen Festakt zum 150. Jubiläum in Prag begangen haben, da wurde mir von einem Firmenvertreter aus dem Bereich Vertrieb mitgeteilt, dass wir den vorjährigen Umsatz diesmal schon im August erreicht haben. Das heißt, alles was jetzt noch von August bis zum Ende des Jahres verkauft wird, bedeutet einen Zuwachs gegenüber dem Vorjahr. Und das ist ein riesiger Erfolg!"