Maria Kodama als Stargast auf dem Kafka-Borges-Literaturfestival

Kafka-Borges-Literaturfestival

Der Juni ist um, und mit ihm geht auch das internationale Prager Kafka-Borges-Festival allmählich zu Ende. In seinem vielfältigen Programm, das sich aus Autorenlesungen, Fachseminaren, Kinoaufführungen, Ausstellungen und Theateraufführungen zum Thema Kafka und Borges zusammensetzte, standen einige renommierte Namen. Unter ihnen war auch die zweite Frau von Jorge Luis Borges, die Wissenschaftlerin Maria Kodama. Lucie Drahonovska hat sie getroffen.

Maria Kodama
Die zierliche Dame mit unübersehbar japanischen Gesichtszügen lernte Borges in den späten 70er Jahren kennen. Die interessierte Studentin und seine große Bewunderin stellte Borges als seine persönliche Assistentin ein. Im Jahre 1985 zogen sie gemeinsam nach Genf, wo sie im April 1986 geheiratet haben. Nur ein Jahr später, am 14. Juli 1987, ist Borges an Nierenkrebs gestorben. Die langjährige Lebensbegleiterin des berühmten Argentiniers, die heute 59-jährige Maria Kodama, ist anlässlich des internationalen Literaturfestivals in Prag mit einem Vortrag über "Borges und die Träume" aufgetreten. Dabei hat sie betont, dass Träume in Borges' Werk, ähnlich wie bei Kafka, nicht nur eine Art Flucht, sondern auch die einzige Sicherheit dargestellt haben.

In einem Gespräch mit Maria Kodama, das mit ihr Radio Prag anschließend führte, hat sie ihr langjähriges Vorbild und späteren Ehemann als ein ethisches und freies Wesen bezeichnet. Und wie würde Maria Kodama die Beziehung von Borges zu Kafka und Prag charakterisieren?

"Die Beziehung zu Prag verlief bei Borges über die Literatur, eben über Kafka. Borges hat Kafka sehr bewundert und nicht zuletzt auch übersetzt. Es ist interessant, wenn man sich vorstellen würde, dass Kafka und Borges etwa zum gleichen historischen Zeitpunkt in Europa gewesen sind. Es war zu einem Moment, der für die Geschichte Europas und der Welt eine Schlüsselbedeutung hatte: Es war der erste Weltkrieg. Borges lebte in Genf, Kafka hier in Prag. Vielleicht kann man auch daraus gewisse Parallelen zwischen ihnen ableiten. Und es ist wahrscheinlich, dass sich daraus zwei Welten gebildet haben, die man später von ihren Nachnamen abgeleitet hat: die borges'sche und die kafkaeske."

Ihre Teilnahme an dem Festival Tschechiens und Argentiniens brachte auch die weitere Frage mit sich: Worin sieht Maria Kodama die Bedeutung eines solchen Literaturfestivals?

"Ich sehe den großen Beitrag darin, dass hier Menschen zusammen treffen, und dass sich unsere beiden Länder auf diese Weise annähern können. Ich denke, dass das Festival auch deshalb wichtig ist, weil - wie bereits Borges sagte - die Völker nicht durch das Territorium oder die Macht zusammen rücken, sondern durch die Sprache, im Rahmen des Intellekts. Deswegen bin ich davon überzeugt, dass das Festival für uns sehr bereichernd sein kann. Und dass wir hier über zwei Persönlichkeiten reden, die emblematisch für die tschechische und argentinische Kultur sind."

Das Kafka-Borges-Festival wird am 3. Juli, symbolisch zu Kafkas 121. Geburtstag, mit einem Gedenkakt an dessen Denkmal neben der Spanischen Synagoge in der Prager Altstadt feierlich ausklingen.