Marketingprojekt SVV öffnet tschechischen Firmen Tür zu den Weltmärkten

Messe in Moskau

Es ist ein offenes Geheimnis: Die tschechische Wirtschaft ist stark exportorientiert, ein großer Teil der Ausfuhren geht in die Länder der Europäischen Union. Um sich aber im internationalen Konkurrenzkampf behaupten zu können, müssen die tschechischen Firmen und Unternehmer wiederholt auf sich und ihre Qualitätsprodukte aufmerksam machen. Dazu hilft ihnen das Projekt „Gemeinsame Teilnahme an spezialisierten Messen und Ausstellungen im Ausland“, das vom Ministerium für Industrie und Handel, der staatlichen Agentur CzechTrade und der nationalen Handelskammer betreut wird.

Das Projekt „Gemeinsame Teilnahme an spezialisierten Messen und Ausstellungen im Ausland“, kurz: (SVV), ist vorerst auf den Zeitraum von 2009 bis 2012 begrenzt. Mittels des Projektes wurden in den zurückliegenden Jahren 2010 und 2011 insgesamt 1615 tschechische Firmen auf 113 Messen unterstützt. Auf der Prager Pressekonferenz, die diesen Zeitraum bilanzierte, stellte der stellvertretende Wirtschaftsminister Milan Hovorka des Weiteren fest:

„85 Prozent der tschechischen Exporte gehen in die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union. 34 Prozent davon gehen nach Deutschland. Aber für jemanden, der sich im Business auskennt, ist klar, dass die Abhängigkeit von den Märkten in Westeuropa noch wesentlich größer ist.“

Der hohe Exportanteil lasse andererseits aber ebenso mehrere Rückschlüsse zu, ergänzte Hovorka:

„Das zeugt davon, dass die tschechischen Firmen in der ersten Liga sind. Sie sind in der Lage, den hohen Ansprüchen ihrer Auftraggeber gerecht zu werden und die Ware in der gewünschten Qualität und zu einem guten Preis zu liefern. Gleichzeitig aber muss bemerkt werden: Die tschechischen Exporteure sind oft in der undankbaren Position, dass sie nicht den direkten Kontakt zu ihrem Auftraggeber haben.“

Mit anderen Worten: Nicht wenige tschechische Unternehmen können nur deshalb ihre Produkte im Ausland erfolgreich an den Mann bringen, weil sie dazu die Hilfe erfahrener westeuropäischer Handelsexperten nutzen, die über die entsprechenden Kontakte verfügen. Der Sekretär der tschechischen Handelskammer, Radek Pažout, weiß zudem, welche Fehler in der Vergangenheit noch so gemacht wurden:

Radek Pažout
„Wir können nicht nur darauf bauen, dass den Tschechen allgemein der Ruf vorauseilt, dass sie tüchtig seien und überspitzt formuliert ´goldene Hände´ haben. Das reicht heutzutage nicht mehr. Wir müssen uns vielmehr dem Konkurrenzkampf stellen und uns entsprechend verhalten. Dazu gehört, dass wir für jedes Geschäft gute Bedingungen anbieten müssen einschließlich der Finanzierung und Versicherung des jeweiligen Exports. Das sind Dinge, die wir jahrelang unterschätzt haben.“

Als Beleg für seine Aussage führt Pažout auch sogleich ein Beispiel an, das er aus eigener Erfahrung nur allzu gut kennt:

„Mehrfach haben die Firmen MAN oder Scania ihre Lastkraftwagen nur deshalb verkauft, weil sie Besonderheiten zur Finanzierung des Geschäfts angeboten haben, mit denen Tatra nicht konkurrieren konnte. Und das, obwohl Tatra zum Beispiel in der arabischen Welt einen sehr guten Ruf genießt.“

Um diese Defizite auszumerzen, haben das Wirtschaftsministerium, Czech Trade und die Handelskammer eben vor drei Jahren das SVV-Projekt erschaffen. Radek Pažout schildert, worin die dabei gewährte Unterstützung für die hiesigen Firmen im Wesentlichen besteht:

„Wir bemühen uns über unsere Kontakte, die wir zu internationalen Handelskammern sowie zu den Handelskammern der Gastländer, in denen Tschechien eine Vertretung hat, möglichst viele Informationen zu gewinnen. Informationen, die unseren Firmen bei der Entscheidung helfen, ob das entsprechende Gebiet für ihre Zwecke interessant ist. Dazu gehören Informationen über eventuelle administrative Hürden oder Zollbeschränkungen in dem jeweiligen Land. In diesen Dingen arbeiten wir sehr eng mit der Agentur Czech Trade zusammen, die bereits zu einem beträchtlichen Maße über solche Informationen verfügt.“

Das verstärkte Marketing, das mittels des Projektes parallel dazu im Ausland betrieben wird, habe besonders in jüngster Vergangenheit schon mehrere Erfolge verbucht, sagt Pažout:

„In letzter Zeit wenden sich sehr oft staatliche Vertreter für Verkehrsfragen von Ländern aus Südamerika und Zentralafrika an uns mit der Bitte, beim Ausbau der Infrastruktur im jeweiligen Land zu helfen. Auf der Wunschliste stehen dabei der Bau von Straßen, Eisenbahnstrecken ebenso wie die Errichtung von Gebäuden für die Administrative und Unterbringung. Wir versuchen dann, für diese Aufträge so viele Zulieferer wie möglich aus Tschechien zu finden und ein Finanzierungskonzept auszuarbeiten. Dafür haben wir bereits mit hiesigen Banken die Bedingungen zur Finanzierung solcher Projekte ausgehandelt.“

Senegal
Als neuesten Beleg für die gute Auftragslage nennt Pažout ein Infrastrukturprojekt in Höhe von 300 Millionen Euro, das tschechische Firmen erst jüngst im Senegal umgesetzt haben. Vizewirtschaftsminister Hovorka zufolge sind tschechische Unternehmen jetzt auch in Schwellenländern wie China, Indien und Brasilien sowie in Russland und weiteren Staaten der ehemaligen Sowjetunion verstärkt vertreten. Zudem gebe es in Asien noch ein weiteres Land, in dem Tschechien von den vielen Kontakten noch aus der beiderseitig sozialistisch geprägten Vergangenheit profitiere, ergänzt Hovorka:

„Im Vietnam hat die Tschechische Republik im Rahmen der internationalen Entwicklungshilfe enorme Investitionen getätigt. Hierbei spielt eine große Rolle, dass wir den in Tschechien lebenden Vietnamesen ermöglicht haben, bei uns Unternehmen zu gründen und dadurch auch Handel mit ihrem Heimatland zu treiben. Ein weiterer Vorteil für uns besteht darin, dass eine ganze Reihe von Vietnamesen, die in politischen Positionen oder hochrangigen exekutiven Funktionen stehen, die tschechische Sprache beherrschen.“

Das SVV-Projekt von Wirtschaftsministerium, Czech Trade und Handelskammer trägt also erste Früchte. Dennoch, so Vizeminister Hovorka, sei dieses Projekt noch ausbaufähig. Vor allem kleinere und mittlere Firmen sollten sich weit mehr trauen, dem Projekt beizutreten. Dem stimmt auch Radek Pažout von der Handelskammer zu:

Argentinische FIMAQH-Messe gehört zum SVV-Projekt
„Ich denke, da ist noch großes Potential vorhanden. Auf der anderen Seite ist es nicht einfach, eine Messe oder auch Messe-Beteiligung so zu organisieren, dass alle teilnehmenden Firmen zufrieden sind und dort nicht umsonst hinfahren. Aus diesem Grund bemühen wir uns, den Background für alle Interessenten immer etwas weiter und größer vorzubereiten als es eine kleine oder mittlere Firma selbst schaffen würde.“

Ursprünglich sollte das SVV-Projekt, für das in diesem Jahr noch 210 Millionen Kronen aufgewendet werden, nur vier Jahre dauern. Inzwischen aber liegt die vom Ministerium für Industrie und Handel initiierte Ausarbeitung der tschechischen Exportstrategie bis zum Jahr 2020 in ihren letzten Zügen. Und Vize-Wirtschaftsminister Hovorka ist überzeugt davon, dass in dieser Strategie das SVV-Programm weiterhin eine gute Rolle spielt:

„Ich denke, dass das SVV-Programm auch in Zukunft unseren Firmen helfen sollte, auf den europäischen Märkten weiter vorzustoßen. Die Firmen sollten noch mehr die Möglichkeit erhalten, auch in Weltregionen, die sie kaum kennen beziehungsweise für sie momentan weit entfernt scheinen, vorzudringen. Also in Gebiete, auf denen sie gegenwärtig noch keine kommerziellen Bindungen haben.“