Marktverbot in Tschechien: Bauern vor dem Aus

Bauernmarkt (Foto: Vladislava Wildová, Archiv des Tschechischen Rundfunks)

Als eines der wenigen Länder in Europa hat Tschechien beschlossen, im Zuge der Corona-Krise die Wochenmärkte mit frischem Obst und Gemüse zu schließen. Die Landwirte fühlen sich durch das Verbot diskriminiert und an ihrer Existenz bedroht.

Foto: Mlékárna Krasolesí,  Facebook

Milch, Jogurt, Kefir… Im Kühlschrank des Bauern David Kolman finden die Kunden momentan vor allem Produkte aus Kuhmilch, die das ganze Jahr über zur Verfügung steht. Schon bald beginnt auf seiner Farm in Krasolesí aber die Ziegensaison, und das Angebot wird sich erweitern:

„Jetzt kommen die ersten Zicklein zur Welt. Schon in der kommenden Woche werden wir die Jogurt-Produktion aus Ziegenmilch aufnehmen. Ehrlich gesagt, ich weiß nicht, wie der Absatz der Ziegenmilchprodukte funktionieren wird, wenn die Bauernmärkte nicht stattfinden dürfen. Denn den Großteil verkaufen wir eben auf den Märkten.“

David Kolman  (Foto: Mlékárna Krasolesí,  Facebook)

So der Landwirt in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks. Die Veranstaltung der Wochen- und Bauernmärkte ist im Rahmen der Corona-Maßnahmen in Tschechien verboten. David Kolman sind in diesem Jahr bereits mindestens sieben Märkte entgangen, wo er seine Produkte hätte anbieten können. Zudem haben viele Hotels und Restaurants, in die er frischen Jogurt und Käse liefert, ihre Bestellungen abgesagt. Die Vorräte an Milchprodukten häufen sich:

„Das Lager ist voll, so etwas hat es noch nie gegeben. Wir haben auch einjährigen Käse, der seit März vergangenen Jahres hier liegt. Er schmeckt sehr lecker, aber wir hätten ihn lieber längst verkauft, um Platz für diesjährige Produkte zu haben.“

Ein eigener Laden des Landwirts und Lebensmittellieferungen direkt an seine Kunden können den Ausfall nicht ersetzen.

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In einer ähnlichen Lage befindet sich die Gemüsegärtnerin Radka Šťastná aus Tišice in Mittelböhmen. Schon im vergangenen Jahr musste sie in Folge des Marktverbots 150.000 Salatköpfe auf den Müll werfen. Sie befürchtet, dass sich die Situation in diesem Jahr wiederholen wird:

„Wir haben bereits Salate in Treibhäusern angepflanzt, dazu auch Chinakohl und Rucola. Wir haben alles reduziert und nur etwa ein Drittel im Vergleich zum Vorjahr angesetzt. Mit den Hotels und Restaurants können wir nicht rechnen, da sie nicht geöffnet haben. Darum haben wir uns auf die Märkte konzentriert. Sollten diese nicht stattfinden, wäre das für uns das Aus. Denn sie bleiben unsere einzige Einnahmenquelle.“

Radka Šťastná plant, zumindest einen Verkaufsstand direkt auf dem Feld zu eröffnen und dort ihr Gemüse anbieten. Aber auch da sind die Möglichkeiten begrenzt. Wegen der Einschränkung der Bewegungsfreiheit können nur Kunden aus ihrem Bezirk dort hinkommen.

Jiří Sedláček  (Foto: Adam Kebrt,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)

Das Osterfest bedeutet normalerweise Hochsaison für die Bauern und Markthändler. Jiří Sedláček leitet den Bauernmarktverband:

„Ostern ist ein zweites Weihnachten, ein Höhepunkt im Jahr, an dem die Bauern Umsatz machen können, um ihren eigenen Lebensunterhalt zu sichern. Tausende Gewerbetreibende sind vom Verkauf von handgemachten Osterprodukten und Lebensmitteln abhängig. Zudem beginnt gerade schon die Saison der Setzlinge, seien es Balkonblumen oder Gemüse.“

Der Verband hält das Verbot der Bauernmärkte für diskriminierend. Er hat in einem offenen Brief an die Regierung gefordert, eine Ausnahme zu erteilen und die Märkte zuzulassen, ergänzt Sedláček:

Foto: Gabriela Hauptvogelová,  Archiv des Tschechischen Rundfunks

„Es gibt zahlreiche Gutachten, nach denen sich das Virus draußen viel weniger ausbreitet als in Innenräumen. Wir halten das Verbot für absurd. In den umliegenden Staaten finden die Bauernmärkte statt, weil sie in die Kategorie Einzelhandel gehören und genauso wie Handelsketten Lebensmittel anbieten. Wir kommunizieren darüber mit den Stadtverwaltungen etwa in Berlin und Wien.“

Die Regierung in Prag plant allerdings keine Zulassung der Märkte in der nächsten Zeit. Der Bauernmarktverband will daher eine Verfassungsklage einreichen.