Medienprojekte des Schweizer Verlegers Sebastian Pawlowski in Tschechien
Seit 1992 lebt und arbeitet der Schweizer Unternehmer Sebastian Pawlowski in Prag. Nach zahlreichen Bauprojekten begann sich Pawlowski bald zunehmend auch im Medienbereich zu engagieren, sein Verlagshaus mediacop gibt in Tschechien unter anderem die erfolgreichen Wochenschriften Tyden, Instinkt und Nedelni svet heraus. Vor wenigen Wochen hat sich Pawlowksi mit dem Boulevard-Blatt Aha! erstmals auch auf den Markt der Tageszeitungen begeben (vgl. Radio Prag, Tagesecho vom 14.3.06)
Herr Pawlowski, was hat Sie eigentlich veranlasst, in Tschechien auch in den Mediensektor einzusteigen?
Ein Freund, der früher Generaldirektor des Schweizer Ringier-Verlags in der Tschechischen Republik war, hab ich erfahren, dass das Wochenmagazin Tyden in Prag zum Verkauf steht und ich hab damals gedacht: Das gibt's doch nicht, dass man ein Nachrichtenmagazin in einem Land wie Tschechien mit so vielen Einwohnern, nicht zum Erfolg bringen kann. Ich hab das dann für einen symbolischen Preis übernommen und hab gesehen, es funktioniert. Und danach haben wir dann angefangen, auch andere Titel auf den Markt zu bringen - Instinkt, später Nedelni svet, danach die Boulevardzeitschrift Aha! und jetzt kürzlich Aha! als Tageszeitung. Das Engagement im Medienbereicht ist sicherlich von den unternehmerischen Tätigkeiten, denen ich hier nachgehe, die interessanteste.
Vom Nachrichtenmagazin, was hier gefehlt hat, zur Boulevardzeitung - das entspricht genau dem Trend, den Kritiker in Tschechien beobachten: eine zunehmende Boulevarisieung der Presse, auch der seriösen Blätter...
Was man hier feststellen kann, ist eine zunehmende Polarisierung. Es gibt Produkte wie Tyden, die für die Informationselite gemacht sind, für Leute, die Hintergrundberichte, Analysen schätzen. Und dann haben Sie für eine wesentlich breitere Bevölkerungsschicht Blätter, die weniger dem Informationsgehalt, sondern vornehmlich der Unterhaltung dienen. Und diese Polarisierung findet immer mehr statt. Als Unternehmer ist für mich in erster Linie interessant, ob ein Produkt am Markt ankommt und nicht, für welche Zielgruppe es ist. Wir können nicht sagen, dass wir ein Verlagshaus sind, das sich auf Blätter mit kleiner Auflage spezialisiert, sicherlich nicht. Es ist einfach eine Tatsache, dass man Literaturzeitschriften nur in einer Auflage von wenigen Tausenden verkaufen kann, bei Nachrichtenmagazinen sind es wenige Zehntausende. Und insgesamt muss man einfach das produzieren, was die einzelnen Zielgruppen wollen. Das heißt, in einem Nachrichtenmagazin Informationen für die Nachrichtenelite und in einer Boulevardzeitungen das, was der große Teil der Bevölkerung haben will. Das ist im Fernsehen nicht anders. Und wenn Sie sich etwa Lebensmittelläden ansehen, gibt es da auch viel weniger Läden für Feinschmecker als es Geschäfte für die Gesamtbevölkerung gibt. Und genauso ist das auch mit Druckerzeugnissen.
Wie sieht es mit den Themen in tschechischen Boulevardzeitungen aus. Kommen die aus den typischen Bereichen, die man auch aus anderen Ländern kennt, oder gibt es hier spezifisch tschechische Leserbedürfnisse?
Sie haben natürlich auch hier den klassischen Celebrity-Bereich, der hier genauso stark ausgeprägt ist wie überall sonst - mit dem Unterschied, dass es hier nicht so viele Celebrities gibt. Karel Gott, Helena Vondrackova, das sind seit Jahren die Verkaufsschlager für die Boulevardzeitungen. Tschechien spezifisch ist vielleicht, dass man hier eine besondere Vorliebe für Haustiere hat, das gibt es in anderen Ländern in dieser ausgeprägten Form nicht, und dass man deshalb besonders viele Berichte über Hunde und Katzen bringt. Ansonsten, würde ich sagen, gibt es keine Besonderheiten in den tschechischen Boulevardzeitungen.
Was sagen Sie zu der Kritik, dass der tschechische Medienmarkt zunehmend in ausländischer Hand ist und die Tschechen hier keine Entscheidungsfreiheit mehr haben?
Also wenn Sie sich die Zeitungslandschaft in England ansehen, wenn Sie sich die Eigentumsverhältnisse in vielen europäischen Staaten ansehen, dann ist es nicht ungewöhnlich, dass es Beteiligungen über die Grenzen hinweg gibt. Es ist vielleicht in Tschechien insofern etwas ungewöhnlich, als hier beide privaten Fernsehsender in ausländischer Hand sind und gleichzeitig nahezu sämtliche großen Tageszeitungen. Aber es ist ja gar nicht so entscheidend, ob die Verleger Inländer oder Ausländer sind, sondern entscheidend ist, ob sie sich bemühen, gute Zeitungen oder gute Zeitungen zu machen.
Der Trend geht ja heute zunehmend dahin, im Bereich der Tageszeitungen kostenlose Zeitungen auf den Markt zu bringen. Die Gesellschaft Mafra, die auch die Zeitung Mlada fronta dnes herausgibt, will jetzt mit einem Gratistitel kommen, der Ringier-Verlag hat diesen Schritt bereits im letzten Jahr unternommen und das Gratisblatt Metro gibt es in Prag schon seit vielen Jahren. Ist das auch eine Option, an die Sie gedacht haben - oder denken?
Überhaupt nicht. Für mich ist der Gratiszeitungsmarkt kein Markt. Ich versteh überhaupt nicht, wie man hier inserieren kann. Denn der Inserent weiß ja gar nicht, was seine Zielgruppe ist. Während man bei Kaufzeitungen genaue Leseranalysen machen kann, die sehr viel präziser sind. Es gibt auch in ganz Europa kein Beispiel, wo in einer Stadt in der Größe von Prag zwei Gratiszeitungen nebeneinander längere Zeit überlebt hätten.
Was sind Ihre nächsten Projekte im Medienbereich? Ich habe gehört, Sie wollen noch weiter ostwärts expandieren?
Ich bin seit längerer Zeit in Gesprächen mit verschiedenen Gruppen aus der Slowakei, aus Bulgarien und Rumänien. Und in diesen drei Ländern kann ich mir vorstellen, dass wir in den nächsten drei Jahren eine gewisse Expansion durchmachen und die erfolgreichen Titel, die wir hier haben, insbesondere das Nachrichtenmagazin Tyden, dann in diese Länder bringen.