Mehr Geburten, aber keine Trendwende: die "Husak-Kinder" werden Eltern
Während alle EU-Staaten darüber klagen, dass ihre Bürger keinen Nachwuchs mehr kriegen wollen, meldet Tschechien einen Anstieg der Geburtenzahl. Eine Trendwende? Leider nicht, sondern nur eine demographische Blase, die ihre Ursachen in der Addition verschiedener Faktoren hat. Näheres dazu von Thomas Kirschner.
"Man muss sich klar machen, dass die Frauen heute im Schnitt älter sind, wenn sie ihre Kinder bekommen - wenn es also heute aussieht, also ob ein paar Kinder mehr geboren werden, dann kommt das teilweise von diesen älteren Frauen, die aber vorher noch keine Kinder bekommen haben. Aus der Sicht der Demographen ist es aber auch ganz egal, ob heute ein- oder zweitausend Kinder mehr geboren werden, denn vorher gab es etwa 130 000 Geburten im Jahr und heute nur 90 000. Und es gibt derzeit keine Anzeichen für eine grundlegende Änderung."
Auch die gegenwärtige Geburtenwelle ändert also nichts daran, dass Tschechien mittlerweile eines der geburtenschwächsten Länder der Welt ist. Auf eine Frau kommen durchschnittlich nicht einmal 1,2 Kinder. Selbst im schon traditionell geburtenarmen Deutschland sind es immerhin 1,4 Kinder je Frau. Tschechien muss sich damit in den nächsten Jahren auf einen deutlichen Bevölkerungsrückgang einstellen. Schon jetzt wird die Einwohnerzahl von derzeit rund 10 Millionen Menschen nur durch Zuwanderer aus dem Ausland gehalten. Für die Zukunft sieht die Bevölkerungswissenschaftlerin Jitka Rychtarikova darin jedoch keine Lösung für Tschechien:"Wenn wir die Tschechische Republik nehmen, dann werden wir hier einem - meiner Ansicht nach sehr wahrscheinlichen - Szenario zufolge im Jahre 2050 etwa acht Millionen Einwohner haben. Ich glaube einfach nicht, dass die Gesellschaft zwei Millionen Zuwanderer, auch noch vorwiegend aus Ländern mit einer sehr unterschiedlichen Kultur, akzeptieren wird. Noch dazu wenn man sich bewusst macht, dass die tschechische Gesellschaft über 40 Jahre abgeschlossen war und kaum Kontakt zu anderen Kulturen hatte. Migration ist also für die entwickelten Länder keine Lösung, denn sie müsste einen derart großen Umfang haben, dass es schlichtweg irreal ist."
Zur Umkehrung des rückläufigen Bevölkerungstrends ist wohl letztlich die Politik darin gefragt, bessere Bedingungen für Familien zu schaffen. Denn der Kinderwunsch, das zeigen alle Umfragen, ist immer noch vorhanden. Das Ideal der jungen Menschen in Tschechien ist unverändert die Familie mit zwei Kindern.