Mehr Geld zur Eingliederung ukrainischer Kinder in tschechische Schulen
In Tschechien sind bisher etwa 300.000 Geflüchtete aus der Ukraine angekommen. Etwa die Hälfte von ihnen ist jünger als 18 Jahre. Für ihre schnelle Eingliederung in die hiesigen Schulen will Bildungsminister Petr Gazdík mehr Mittel bereitstellen.
„Schon nach einer Woche konnte ich einiges auf Tschechisch sagen, und inzwischem verstehe ich auch ganz gut",
sagt Ivan. Er stammt aus Lwiw, und seine Mutter ist mit ihm nach Prag geflohen. Als einer von 30 ukrainischen Schülern ist Ivan neu an der Grundschule im Prager Stadtteil Vršovice. Die dortigen Lehrer behelfen sich bei der Verständigung mit Russisch. Ansonsten übersetzen für die Neuankömmlinge aber auch Kinder aus ukrainischen Einwandererfamilien, die hier schon zehn Jahre und länger leben.
Die Schule bietet zudem freiwillige Nachmittagskurse in Tschechisch an. Für Maßnahmen wie diese soll es bald zusätzliches Geld vom Staat geben. Bildungsminister Petr Gazdík (Bürgermeisterpartei Stan) will dazu im Kabinett 5,2 Milliarden Kronen (210 Millionen Euro) einfordern. In den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks führt er am Montagmorgen aus, dass das Geld in drei Kategorien aufgeteilt werde. Für den gängigen Unterricht solle es zum einen Aufstockungen aus Reserven der Kreisverwaltungen geben. Und zum anderen:
„Weitere 2,8 Milliarden Kronen werden für sogenannte Adaptationsgruppen zur Verfügung gestellt, die momentan noch von den Städten und Gemeinden finanziert werden. Der dritte Teil des Geldes fließt in Tschechischkurse, und dies von den Grundschulen bis hin zu den Hochschulen und einschließlich Ferienkursen.“
Das Bildungsministerium verfügt für dieses Jahr über einen regulären Etat von 249,6 Milliarden Kronen (10,1 Milliarden Euro). Das zusätzliche Geld für die ukrainischen Schüler soll nicht nur aus dem Staatshaushalt und den Reserven der Kreise kommen. Für Sommersprachcamps könnten laut Gazdík auch EU-Mittel und eventuell Zuschüsse des EWR und Norwegens zur europäischen Kohäsionspolitik beantragt werden. Erfahrene gemeinnützige Organisationen sollen bei der Durchführung helfen, so der Minister.
Für ältere ukrainische Schüler sind zudem vereinfachte Aufnahmeprüfungen für Fachschulen im Gespräch. Nach Gazdíks Vorstellungen sollten ihnen nämlich keine Hürden entstehen wegen derzeit noch mangelnder Tschechischkenntnisse. Grenzen setzten allerdings die Kapazitäten der hiesigen Bildungseinrichtungen:
„Grundsätzlich gibt es bei uns genügend Plätze an den weiterführenden Schulen, sie sind nur nicht gleichmäßig verteilt. An den vollen Gymnasien in Prag stellt sich die Situation anders dar als etwa an einer landwirtschaftlichen Fachschule, an der leicht ein Platz zu bekommen ist.“
Auf die begrenzten Kapazitäten in Prag und der unmittelbaren Umgebung werden die Geflüchteten schon bei ihrer Ankunft in Tschechien hingewiesen mit der Bitte, sich in einer anderen Region des Landes anzumelden. Und weiter Gazdík:
„Weitere Möglichkeiten der Anpassung bietet die sogenannte ‚Lex Ukrajina‘. Demnach können die Kapazitäten einer Schule aufgestockt werden ohne Erfüllung der hygienischen Vorschriften, wie etwa der Anzahl der Toiletten oder Waschbecken. Wir sind im Kriegszustand, und darum müssen wir uns der jeweiligen örtlichen Lage anpassen. Eine universelle Lösung für alle gibt es nicht.“
Premier Petr Fiala (Bürgerdemokraten) teilte am Sonntag im öffentlich-rechtlichen Tschechischen Fernsehen mit, dass die Zahl der ankommenden Ukrainer hierzulande derzeit leicht zurückgeht. Dennoch wird weiter damit gerechnet, dass Tschechien insgesamt bis zu 500.000 Geflüchtete aufnehmen könnte. Experten erwarten, dass etwa die Hälfte von ihnen langfristig im Land bleiben wird.
Mittel- und langfristig werde dieser Zuzug Vorteile bringen, sagte Minister Gazdík gegenüber der Presseagentur ČTK – und dies nicht nur für das tschechische Bildungssystem, sondern auch für die Wirtschaft im Land. Über mögliche weitere Eingliederungsmaßnahmen von Schülern, die dann das kommende Schuljahr betreffen, werde frühestens im Mai entschieden, kündigte Gazdík an.
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