Zustimmung zu Aufnahme von Ukrainern lässt in Tschechien nach, bei Integration besteht Aufholbedarf

Ungefähr 300.000 Geflüchtete aus der Ukraine halten sich derzeit in Tschechien auf. Aber wie ist die Meinung in der hiesigen Bevölkerung zu den Kriegsflüchtlingen? Und wie ist es um die Integration der Menschen bestellt? Mit diesen Fragen hat sich eine neue Studie auseinandergesetzt. Sie wurde vom Meinungsforschungsinstitut PAQ Research im Rahmen des Projekts „Česko 2022: Život k nezaplacení“ (Tschechien 2022: Unbezahlbares Leben) für den Tschechischen Rundfunk durchgeführt.

Daniel Prokop | Foto: Tschechischer Rundfunk

Das Stimmungsbild wurde im September erhoben, insgesamt wurden über 900 Personen befragt. 65 Prozent der Menschen gaben an, einer kurzfristigen Aufnahme ukrainischer Geflüchteter zuzustimmen, ein Viertel war dagegen, der Rest unentschlossen. Kurz nach der russischen Invasion im März fand die Aufnahme von Flüchtlingen noch bei 80 Prozent Zustimmung. Laut Daniel Prokop von PAQ Research ist dieser Rückgang keine Überraschung. Einige der Befragten würden nämlich der Ansicht sein, dass man den Ukrainern ja bereits kurzfristig geholfen habe. Eine Rolle würde zudem auch der finanzielle Hintergrund der Befragten spielen, meint Prokop:

„Menschen aus höheren sozioökonomischen Klassen, wie Hochschulabsolventen, sind Migration ganz allgemein positiver gegenüber eingestellt. Das liegt nicht am Intellekt, sondern an der Lebenssicherheit, die sie haben.“

Dies zeige sich etwa auch an den Kosten für das Wohnen, denn die haben der Studie zufolge einen Einfluss auf die Einstellung der Menschen. Dabei gilt, dass diejenigen, die einen größeren Anteil ihres Einkommens für ein Dach über dem Kopf aufbringen müssen, weniger bereit sind, im Land geflüchtete Ukrainer aufzunehmen.

Die Aufgeschlossenheit Ukrainern gegenüber hängt zudem auch davon ab, wie positiv oder negativ die Integration der Menschen in die Gesellschaft hierzulande bewertet wird. Bei denjenigen, die die Eingliederung als nicht gelungen ansehen, ist die Bereitschaft zur Aufnahme im Vergleich zum Frühjahr um 16 Prozentpunkte gesunken.

Aber wie ist es um die Integration der Ukrainer tatsächlich bestellt? „Sie haben relativ wenig Einkünfte“, sagt Magda Faltová vom Verein für Integration und Migration. „Wenn ihnen eine Unterkunft gestellt wird, bekommen sie keine Hilfen mehr. Sie haben dann aber keine Geldmittel. Mütter zum Beispiel können jedoch nicht arbeiten gehen, wenn sie sich um ein kleines Kind kümmern müssen“, meint Faltová weiter. Ein zu großer Teil der Geflüchteten ist ihrer Ansicht nach zudem immer noch in Sammelunterkünften untergebracht.

In das tschechische Sozialsystem aufgenommen werden sollen die Mütter und andere Menschen aus der Ukraine aber vorerst nicht, sagt Arbeits- und Sozialminister Marian Jurečka (Christdemokraten):

„Alle Flüchtlinge ins tschechische Sozialsystem aufzunehmen, das können wir aus administrativer Sicht gar nicht schaffen. Wir haben keine Leute dafür. Zudem müssten die Geflüchteten wesentlich länger auf die Unterstützung warten, als im Falle der humanitären Hilfszahlungen, die sie derzeit bekommen.“

Marian Jurečka | Foto: Regierungsamt der Tschechischen Republik

Doch aus Sicht der Integration gäbe es noch weiteres Verbesserungspotential, findet Soziologe Daniel Prokop:

„Wir wissen, dass die Kinder deutlich schlechter Tschechisch können, als wir angenommen hatten. Im Job sind die Geflüchteten oft nicht über richtige Arbeitsverträge angestellt, sie arbeiten zudem unter ihrer Qualifikation. Das Potential wird also nicht genutzt. Was das Wohnen angeht, sind viele zudem von den Einwohnern Tschechiens abhängig oder vom Staat.“

Autoren: Ferdinand Hauser , Iva Vokurková
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