Aufnahme von Geflüchteten: Tschechien wünscht EU-Hilfe, ist aber gegen verbindliche Quoten

Fast vier Millionen Menschen sind seit Beginn des Kriegs bereits aus der Ukraine geflohen. Tschechien gehört zu den drei Staaten der EU, die proportional die meisten Geflüchteten aufgenommen haben. Gemäß den Schätzungen vom Wochenende sind es über 300.000. Nun hat die Europäische Union einen Zehn-Punkte-Plan vorgeschlagen, um die Aufnahme von Ukrainern besser zu koordinieren.

Die EU setzt bei der Aufnahme von Flüchtlingen aus der Ukraine auf die Freiwilligkeit der Mitgliedsstaaten. Dies wurde bei einem Sondertreffen der EU-Innenminister am Montag in Brüssel klar. Und es ist auch ganz im Sinne der tschechischen Regierung. So hatte Premier Petr Fiala am Sonntag in einer Talkshow des öffentlich-rechtlichen Tschechischen Fernsehens betont, dass man keine Umverteilung von Geflüchteten fordern wolle, sondern Unterstützung finanzieller Art:

Petr Fiala | Foto: René Volfík,  iROZHLAS.cz

„In der Abteilung für europäische Angelegenheiten beim Regierungsamt entsteht dazu ein kleines Team. Dieses wird in den unterschiedlichen Förderprogrammen der Europäischen Union nach Möglichkeiten suchen, entsprechende Finanzmittel zu beantragen. Wir können da nicht allein gelassen werden. Und alle Staats- und Regierungschefs haben sich beim letzten EU-Gipfel dazu bekannt, dass gemeinsam jenen Staaten geholfen wird, die am meisten von der Flüchtlingswelle betroffen sind.“

Am Montag unterstützten die Innenminister einen entsprechenden Zehn-Punkte-Plan der EU. Dazu gehört, dass die Europäische Kommission weitere finanzielle Hilfen für die Aufnahmestaaten prüft.

Obwohl sich beispielsweise die deutsche Innenministerin Nancy Faeser (SPD) für eine Umverteilung nach Quoten stark gemacht hatte, blieb es bei der Freiwilligkeit. Stattdessen soll die Belastung der einzelnen Länder anhand eines Index bewertet werden. Dabei berücksichtigt werden die Zahl der aufgenommenen Flüchtlinge aus der Ukraine, die Zahl aller Asylsuchenden im vergangenen Jahr und die Einwohnerzahl. Der tschechische Innenminister Vít Rakušan (Stan) verdeutlichte die Lage hierzulande:

„Obwohl Tschechien nicht an die Ukraine grenzt, hat sich bei uns durch die Flüchtlingsbewegung innerhalb eines Monats die Bevölkerungszahl um drei Prozent erhöht. Das ist eine enorme Zahl. Wir sind eindeutig eines der Zielländer und wollen erreichen, dass unsere europäischen Partner dies so auch wahrnehmen.“

Vít Rakušan | Foto: Regierungsamt der Tschechischen Republik

Dem Index nach ist Tschechien nach Polen und Österreich derzeit das am drittstärksten von der Flüchtlingswelle betroffene Land der EU. Denn hierzulande leben ohnehin schon relativ viele Ukrainer, und ihre Familienmitglieder, Verwandte oder Bekannte kommen gerade deswegen hierher. Deutschland liegt in dem Index im Übrigen auf dem achten Platz.

Der Zehn-Punkte-Plan sieht des Weiteren ein gemeinsames System zur Registrierung der Schutzsuchenden vor. Bisher geschieht dies nur auf nationaler Ebene. Doch man will unter anderem den Missbrauch verhindern. Vít Rakušan begrüßte das Vorhaben.

„Es dient dazu, Doppeltregistrierungen zu vermeiden und einen Überblick darüber zu erhalten, wer in die EU gekommen ist“, sagte der tschechische Innenminister.

In den zurückliegenden Tagen hat der Zuzug von Flüchtlingen aus der Ukraine nachgelassen. Die weitere Entwicklung ist jedoch nicht vorherzusehen. Sollte sich der Krieg länger hinziehen und die Angriffe der Russen wieder stärker werden, könnten erneut mehr Menschen fliehen.

Autor: Till Janzer
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