Mehr Naturalien, weniger Geld: Regierungskommission legt neuen Entwurf zur Entschädigung der Kirchen

Illustrationsfoto: Bürgervereinigung Kleine Denkmäler Nordböhmens

Auch mehr als zwanzig Jahre nach der politischen Wende bleibt das Verhältnis und der Eigentumsausgleich zwischen dem Staat und den Kirchen in Tschechien ungeklärt. An diesem Montag wurde ein neuer Entwurf zur Entschädigung der Kirchen für die Enteignung während des Kommunismus vorgelegt. Der Entwurf sieht vor, den Kirchen mehr Immobilien und weniger finanzielle Entschädigung zukommen zu lassen, als es bei dem früheren Vorschlag der Fall war.

Illustrationsfoto: Bürgervereinigung Kleine Denkmäler Nordböhmens
Die Regierungskommission für den Eigentumsausgleich zwischen Staat und Kirchen schlägt vor, den Kirchen 56 Prozent ihrer nach 1948 konfiszierten Liegenschaften und Besitzungen zurückzugeben. Dabei handelt es sich vor allem um Felder, Wälder und Teiche im Gesamtwert von etwa 3 Milliarden Euro. Der Rest soll durch Geldzahlungen in Höhe von umgerechnet 2,4 Milliarden Euro entrichtet werden. Kulturminister Jiří Besser:

„Die Vertreter des Staates haben bei der Formulierung des Entwurfs sowohl die historischen Zusammenhänge des Problems als auch die wirtschaftlichen Möglichkeiten des Staates und die politische Lage in Tschechien in Betracht gezogen.“

Jiří Besser
Die Regierungskommission habe einen Entwurf vorgelegt, der ihrer Meinung nach für beide Seiten akzeptabel sei. Nun seien die Kirchen dran, sich dazu zu äußern. Kulturminister Besser erwartet ihren Standpunkt bis Ende Juli.

Im optimalen Fall könnte das neue Gesetz am 1. Juli kommenden Jahres in Kraft treten. Ob der vorgelegte Entwurf nun aber einen Schlussstrich hinter die seit mehr als zwanzig Jahren geführten Verhandlungen setzt, bleibt offen. Die oppositionellen Sozialdemokraten haben sich bereits dagegen ausgesprochen und rufen nach Verhandlungen zwischen Regierung und Opposition. Nicht völlig zufrieden mit dem Entwurf zeigte sich die Regierungspartei der Öffentlichen Angelegenheiten (VV). Ihre Einwände betreffen besonders die mögliche Geldentschädigung, bei der nicht klar ist, aus welcher Quelle sie finanziert werden soll. Die Kirchen werden ihren Standpunkt dazu in der nächsten Zeit formulieren. Das Oberhaupt des Ökumenischen Rates der Kirchen Joel Ruml:

Joel Ruml
„Wir betrachten den Entwurf als einen Fortschritt. Nun beginnt die konkrete, schöpferische Arbeit daran.“

In Bezug auf die Rückgabe der Grundstücke an die Kirchen betont das Oberhaupt der katholischen Kirche in Tschechien, Kardinal Dominik Duka:

„Niemand ist dadurch bedroht: weder Gemeinden noch Städte noch Privatbesitzer, die in der Vergangenheit, besonders zur Zeit des Kommunismus Grundstücke gekauft und darauf ihre Häuser gebaut haben. Sie können wirklich Ruhe bewahren.“



Dominik Duka
Die Enteignung war ein Teil des Unrechts gegenüber den Kirchen seitens des kommunistischen Regimes. Nach einem Eigentumsausgleich strebt man seit der Wende von 1989. Einen entsprechenden Entwurf hat bereits 2007 die konservative Regierung Mirek Topolánek vorgelegt. Demzufolge sollte nur etwa ein Drittel des Besitzes an die Kirchen zurückgegeben, dagegen aber eine höhere Summe ausgezahlt werden. Das heutige Kabinett neigt zur Variante, die Restitution eher in Naturalien zu realisieren. Die finanzielle Entschädigung soll im Laufe von fünfzehn bis dreißig Jahren entrichtet werden.