Mehr Rat, weniger Kommission: Babišs EU-Pläne

Andrej Babiš (Foto: ČTK / Ondřej Deml)

Die Europäer haben gewählt, und nun sollen die wichtigsten EU-Institutionen neue Chefs erhalten. Gerade die mitteleuropäischen Staaten möchten dies aber damit verbinden, dass die Union in gewissen Bereichen umgestaltet wird. Premier Andrej Babiš hat am Mittwoch seine Ideen den Mitgliedern der Deutsch-Tschechischen Industrie- und Handelskammer erläutert.

Andrej Babiš  (Foto: ČTK / Ondřej Deml)
Eigentlich wollten die Bosse der deutschen Firmen in Tschechien etwas anderes erfahren. Wie nämlich hierzulande die Berufsausbildung reformiert werden soll. Der Premier als Gastredner schwenkte jedoch kurzfristig über zu einem anderen Thema: „Europäische Union“. Am Abend zuvor hatte er am informellen Treffen der europäischen Staats- und Regierungschefs teilgenommen. Doch schon seit einigen Wochen betont Andrej Babiš, dass man die Europäische Kommission in ihre Schranken weisen müsste:

„Die wichtigste Institution ist der Europäische Rat. Dort sitzen alle Staats- und Regierungschefs. Bundeskanzlerin Merkel hat das beim Treffen in Sibiu, als wir uns hinter den Kulissen unterhalten haben, hervorragend ausgedrückt. Sie sagte, dass der Europäische Rat eigentlich die Regierungskoalition der EU sei. Das bedeutet, dass die Europäische Kommission das Back Office sein sollte. Ich finde aber, sie ist zu einer politischen Institution geworden. Die Kommissare kommentieren alles. Und wir haben im Rat dann das Gefühl, dass ein Kommissar mehr wert ist als ein Premierminister.“

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Schon zuvor hat Babiš mehrfach betont, dass der Europäische Rat die Vorgaben machen müsse. Bei der Mitgliederversammlung der Deutsch-Tschechischen Industrie- und Handelskammer ergänzte der Regierungschef, dass man sich dann aber auch häufiger treffen sollte. Drei- bis viermal im Jahr würde nicht ausreichen, so der Ano-Parteichef.

Beim informellen EU-Gipfel am Dienstag in Brüssel forderte Andrej Babiš, dass der künftige Kommissionschef mehr Charisma haben sollte. Und er solle vor allem auch die Mitgliedsstaaten wieder zueinander führen. An diese Idee knüpfte der tschechische Premier am Mittwoch an:

„Ich hoffe wirklich, dass am Ende jemand an der Kommissionsspitze stehen wird, der uns vereint. Derzeit haben wir keine Führungspersönlichkeiten. Als ich in die Politik eingestiegen bin, war für mich Wolfgang Schäuble, den ich heute als meinen Freund bezeichnen würde, der charismatischste Politiker.“

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Aber auch inhaltlich will Babiš einen anderen Zuschnitt der EU, sie soll sich mehr auf die Wirtschaft konzentrieren. Nur so könne man vor allem der Konkurrenz aus China entgegentreten, meint der tschechische Ministerpräsident. Die Klimaziele oder womöglich ihre Verschärfung hält er hingegen eher für einen Hemmschuh.

„Wir müssen darüber nachdenken, was die Zukunft Europas ist und wer sich uns in den Weg stellt. Unser CO2-Ausstoß beträgt nur neun Prozent der weltweiten Emissionen. Und halten etwa China oder Donald Trumps USA die Emissionen ein? Dabei sind das unsere Gegner“, so der 64-jährige Politiker.

Deswegen folgert er:

Maroš Šefčovič  (Foto: EU2017EE Estonian Presidency,  Flickr,  CC BY 2.0)
„In Europa sollten wir uns endlich bewusst werden, dass wir in der EU-Kommission solche Persönlichkeiten brauchen, die auch etwas von Handel und Geschäft verstehen. Sie sollten aus dem wahren Leben kommen und sich nicht nur von der Politik ernähren. Genau darüber müssen wir diskutieren. Und ich denke, Tschechien und Deutschland befinden sich da in einem Boot. Wir sind Industrieländer, und wir arbeiten eng zusammen.“

In den vergangenen Tagen hatten Medien spekuliert, dass die Visegrád-Staaten einen eigenen Kandidaten für den Posten des Kommissionschefs nominieren könnten. Ein Name war ebenso gefallen: Miloš Šefčovič, der Stellvertreter von Jean-Claude Juncker und erfolglose Präsidentschaftskandidat in der Slowakei. Doch Andrej Babiš dementierte dies am Rand des EU-Gipfels. Unter anderem sagte er, der künftige Vorsitzende der Kommission müsse in seinem Verständnis auch nicht notwendigerweise aus den vier Ländern der Visegrád-Gruppe kommen.

Die Staats- und Regierungschefs wollen beim regulären Gipfel im Juni einen geeigneten Kandidaten finden. Dieser muss allerdings vom Europäischen Parlament bestätigt werden.