Meinungsumfragen: Kommunisten legen zu

Am kommenden Montag, also am 17. November, begeht die Tschechische Republik einen Staatsfeiertag: den Tag des Kampfes für Freiheit und Demokratie. Wenn man damit auch gleichzeitig an die Schließung der tschechischen Hochschulen im Jahre 1939 durch die Nazis erinnert, so bringen die meisten Menschen hierzulande diesen Feiertag doch mit den Studentendemonstrationen des Jahres 1989 in Verbindung, die den Auftakt zum Sturz des kommunistischen Regimes darstellten. Nun, vierzehn Jahre später, gibt es in Tschechien zwar längst eine funktionierende Demokratie. Doch die Entwicklung der Parteienpräferenz in den Meinungsumfragen ist für viele doch alarmierend: Die Kommunisten legen zu. Und zwar offensichtlich vor allem auf Kosten der derzeit regierenden Sozialdemokraten. Gerald Schubert berichtet:

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Der neuesten Umfrage des Meinungsforschungsinstituts TNS Factum zufolge kämen die Kommunisten derzeit auf 23,4 Prozent der Stimmen und würden damit hinter der ebenfalls oppositionellen Demokratischen Bürgerpartei ODS auf Platz zwei liegen. Die derzeit stärkste Parlamentspartei, die der regierenden Sozialdemokraten, würde hingegen ihren Stimmenanteil von den 30,2 Prozent bei den Wahlen vor eineinhalb Jahren auf 16,6 Prozent fast halbieren. Der Publizist Jefim Fistejn sieht darin keine Momentaufnahme, sondern eine längerfristige Entwicklung:

"Wir haben es mit einem Trend zu tun. Das ist kein Zusammenspiel von Zufällen mehr. Und man kann sagen, dass dieser Trend sich noch weiter verstärken wird. Es geht darum, dass in einer Demokratie die linksgerichtete Wählerschaft ebenso wie die rechtsgerichtete einen Anspruch darauf hat, politisch vertreten zu werden. Und vor allem der linksgerichtete Wähler hat offenbar nicht das Gefühl, dass er von der sozialdemokratischen Partei, der CSSD, besonders gut vertreten wird."

Was jedoch könnte die Sozialdemokratische Partei von Premierminister Vladimir Spidla so sehr von ihrer Stammwählerschaft entfernt haben? In erster Linie wohl die umfangreiche Finanzreform, die von ihr, zusammen mit den liberalen und christdemokratischen Koalitionspartnern, im Kabinett beschlossen wurde. Die im Hinblick auf die Erfüllung der Maastricht-Kriterien nötigen Einsparungen gingen, zumindest in der bisherigen ersten Reformphase, doch auch sehr zulasten niedrigerer Einkommensgruppen und damit der - zumindest tendenziell - eher linksorientierten Wählerschaft. Außerdem: Die Regierung kann sich im Parlament nur auf die knappe Mehrheit von einer einzigen Stimme stützen, also müssen die Sozialdemokraten mit ihren um vieles kleineren Koalitionspartnern immer wieder umstrittene Kompromisse eingehen.

Die lachenden Dritten sitzen auf den Oppositionsbänken: Die Demokratische Bürgerpartei ODS, und eben die Kommunisten. Zudem können sich letztere auch darauf verlassen, dass sie in den Wahlen kaum hinter den Umfragen zurückbleiben. Denn: Sie haben bei weitem die disziplinierteste Wählerschaft, die auch bei Schönwetter zu den Urnen geht. Für viele, die sich gerade dieser Tage an den Sturz des Regimes vor 14 Jahren erinnern, mag es eine bittere Erkenntnis sein: Oft bringen die Wähler die heutigen Kommunisten mit der Diktatur vor 1989 überhaupt nicht mehr in Verbindung.