Messe aus der Schublade eröffnet Sankt-Wenzels-Festtage

Russisch-orthodoxe Chorgesänge, teilweise wenig bekannte klassizistische Werke, Orgelmusik sowie die Premiere einer fünfzig Jahre alten Messe: Dies und anderes mehr steht auf dem Programm des internationalen Festivals der Sakralmusik, das am Montag in Prag feierlich eröffnet wurde.

Die "Svatovaclavske slavnosti" zu Deutsch die "Sankt-Wenzels-Festtage" werden auf Initiative der Tschechischen Gesellschaft für Sakralmusik bereits zum 16. Mal veranstaltet. Neben Konzerten, einer Filmvorstellung und einer anlässlich des Festivals eröffneten Ausstellung in der Prager St. Cyrill und Method-Kirche wird schon traditionell ein musikalischer Ausflug organisiert. Diesmal führt der Weg der Musikfreunde nach Zeliv. Das dortige Prämonstratenserkloster war im 18. Jahrhundert ein wichtiges Bildungszentrum der Region. Im Kloster hatten auch namhafte Musiker gewirkt. Kompositionen aus dem Musikarchiv des Klosters werden bei einem Festivalkonzert in Zeliv aufgeführt.

Einige weniger oder gar nicht bekannte Sakralkompositionen erklingen jedoch auch bei anderen Konzerten. So wurde beim Eröffnungskonzert der Sankt-Wenzels-Festtage eine Messe uraufgeführt, die ihre Premiere erst fünfzig Jahre nach der Entstehung hatte. Der heute anerkannte tschechische Komponist Jan Klusak hat seine "Kleine Messe für Kinderchor und kleines Orchester" im Jahre 1957 sozusagen "für die Schublade" geschrieben. Denn in den Zeiten des härtesten Kommunismus waren ganz andere Kompositionen als Messen oder Sakralwerke erwünscht. Dessen war sich Jan Klusak auch bewusst:

Jan Klusak  (Foto: Autorin)
"Wie kam ich auf die Idee? Ich bin in die Kirche gegangen und habe Lust gehabt, etwas Geistliches zu schreiben. Dies war in mir schon immer tief drin, obwohl ich ein großer Sünder bin und unordentlich und wenig geistlich lebe. Die Messe habe ich für mich selbst komponiert. Natürlich habe ich nicht damit gerechnet, dass sie irgendwann mal gespielt wird. Damals, 1957, herrschte hier der Kommunismus und ich wollte mich davon ein wenig isolieren, würde ich sagen."

Die Messe, die Klusak einst seinem Mitschüler, dem heute berühmten Dirigenten Libor Pesek gewidmet hat, hat bei ihrer Premiere Beifall geerntet. Der traditionsreiche tschechische Kühn-Kinderchor hat alle schwierigen sehr hoch geschriebenen Melodien problemlos vorgetragen. Der Sakralmusik misst Jan Klusak auch heute eine große Bedeutung bei:

"Die Sakralmusik soll aufblühen genauso wie das Geistliche, das Sakrale überhaupt aufblühen soll. Bestandteil des Gottesdienstes soll immer Musik sein. Ich meine, dass diese Musik gepflegt werden soll - mit Mitteln, die wir heute zur Verfügung haben. Wenn jüngeren Menschen Gitarrenmusik gefällt, soll man sie nicht verbannen: die Palette der Kirchenmusik sollte möglichst breit sein."

Das Festival der Sakralmusik, das den Namen des böhmischen Landespatrons, des heiligen Wenzel trägt, dauert in Prag bis zum 28. September, dem St. Wenzel-Tag.