St.-Wenzel-Festtage: Estnische Choräle, jüdische Hochzeitslieder und Seiferts Verse

Triskele Ensemble

Am 28. September ist der Tag des heiligen Wenzels, ein wichtiger Feiertag in der Tschechischen Republik. Anlässlich dieses Feiertages finden derzeit die St.-Wenzel-Festtage in Prag statt, bei denen unter anderem jüdische Hochzeitslieder sowie estnische Sakralgesänge erklingen. Während des internationalen Musikfestivals, das in der Moldaumetropole bereits zum 20. Mal stattfindet, werden zudem auch mehrere neu gefundene Werke aufgeführt

Vladimír Koronthály  (Foto: Meander)
Die „Svatováclavské slavnosti“ – zu Deutsch St.-Wenzel-Festtage – wurden 1992 ins Leben gerufen. Die Initiatoren wollten damals die Sakralmusik wieder im Prager Kulturleben etablieren, diese Musik war während des kommunistischen Regimes jahrzehntelang verfemt. Vladimír Koronthály vom Organisationsteam der St.-Wenzel-Festtage:

„Der 20. Jahrgang des Festivals stellt geistlich orientierte Kunst vor, die von Gott sowie den Beziehungen zwischen dem Menschen und der Ewigkeit erzählt, und zwar nicht nur aus katholischer Sicht, sondern auch aus evangelischer und jüdischer. Ein Konzert geht auch von der moslemischen Tradition aus.“

Die St.-Wenzel-Festtage werden jedes Jahr um den 16. September eröffnet, an dem das Fest der Heiligen Ludmila gefeiert wird. Die Přemyslidin war Großmutter des Heiligen Wenzel. Das Festival erreicht gewöhnlich am 28. September, dem St.-Wenzel-Tag, seinen Höhepunkt. Auf dem Programm steht nicht nur Musik, sondern auch Rezitation. So erklingen beispielsweise Verse des tschechischen Nobelpreisträgers Jaroslav Seifert und Mozarts Musik während eines Festivalabends am Dienstag, dem 20. September, im Prager Dominikanerkloster St. Ägidius. Der Konzertabend trage den Titel „Ausgesprochen Musik“, so Vladimír Koronthály:

„Es ist leider kaum bekannt, dass 1956, als auch in Böhmen der 200. Geburtstag von Wolfgang Amadeus Mozart begangen wurde, in Prag ein Gedichtband von Jaroslav Seifert erschien. Er hieß ´Petřín a věnec sonetů´ und enthielt unter anderem das Werk ´Mozart in Prag´, das aus 13 Rondeaux bestand. Es ist bislang nicht völlig klar, unter welchen Umständen das Werk geschrieben wurde. Seifert selbst behauptete, der renommierte tschechische Dirigent Václav Talich habe ihm zuvor vorgeschlagen, einige Gedichte zu schreiben, die man bei Mozart-Konzerten vortragen könnte. Diese 13 Rondeaux von Seifert werden die Besucher des Konzerts unter Begleitung von Mozarts Musik hören. Es erklingt Mozarts Requiem, jedoch in einer Bearbeitung für Streichinstrumente. Diese Fassung stammt von Mozarts Schülern und wurde Ende des 18. Jahrhunderts mehrmals gespielt.“

Triskele Ensemble

Ergänzt wird das Requiem durch Musik des böhmischen Komponisten Jiří Antonín Benda, den der junge Mozart sehr bewunderte.

Etty Ben-Zaken und Oded Shoub
Als eine Art Geschenk für die treuen Festivalbesucher bezeichnet Vladimír Koronthály das Orgelkonzert am 22. September in der Prager Loretto-Kirche. Der Eintritt ist frei. Der italienische Organist Fabio Ciofini spielt Kompositionen aus der Zeit vom 17. bis zum 20. Jahrhundert. Beim Konzert wird offiziell das 20. Jubiläum des Festivals begangen. Für Liebhaber von sephardischen Melodien ist ein Konzert in der Spanischen Synagoge bestimmt. Die israelische Sängerin Etty Ben-Zaken lernte diese Melodien von ihrer Großmutter und singt in Prag vor allem jüdische Hochzeitslieder, begleitet von ihrem Mann, dem Komponisten und Gitarristen Oded Shoub. Für einen der Höhepunkte des Festivals hält Vladimír Koronthály das Konzert des estnischen Triskele-Ensembles am 2. Oktober in der Kirche Simon und Juda:

„Uns fasziniert an dem Ensemble, dass es protestantische Choräle vorträgt, die bei lutheranischen Gottesdiensten gesungen werden. Bei der Suche nach der Musik griffen die Mitglieder des Ensembles jedoch zu alten estnischen Volksmelodien. Es handelt sich dabei um eine einzigartige Synthese estnischer Volksmusik mit ernsten protestantischen Choraltexten.“

Mehr über das Programm der Festspiele erfahren Sie unter www.svatovaclavske.cz.