Milada Horakova vor 57 Jahren hingerichtet - Ein Nachruf

Milada Horakova

Am 31. Mai 1950 begann in Prag der erste politische Schauprozess, inszeniert von der kommunistischen Staatspartei gegen dreizehn - wie es offiziell hieß - Landesverräter. Vom Hass gegenüber der volksdemokratischen Gesellschaftsordnung erfüllt - so der Oberste Prokurator in seiner Anklage - hätten die als Abschaum der Gesellschaft stigmatisierten Vertreter nichtkommunistischer Parteien einen Staatsstreich geplant. Nicht auf eigene Faust, sondern im Auftrag der Nachrichtendienste der USA, Englands, Frankreichs und Jugoslawiens.

Am 31. Mai 1950 begann in Prag der erste politische Schauprozess, inszeniert von der kommunistischen Staatspartei gegen dreizehn - wie es offiziell hieß - Landesverräter. Vom Hass gegenüber der volksdemokratischen Gesellschaftsordnung erfüllt - so der Oberste Prokurator in seiner Anklage - hätten die als Abschaum der Gesellschaft stigmatisierten Vertreter nichtkommunistischer Parteien einen Staatsstreich geplant. Nicht auf eigene Faust, sondern im Auftrag der Nachrichtendienste der USA, Englands, Frankreichs und Jugoslawiens.

Eine Woche später wurden die Urteile gefällt, darunter auch vier Todesstrafen, die am 27. Juni 1950 vollzogen wurden. Unter den vier Hingerichteten war auch die Parlamentsabgeordnete der Tschechoslowakischen Nationalen Sozialistischen Partei Milada Horakova.

"Ich halte den Kopf hoch, man muss auch verlieren können. Das ist keine Schande. Selbst der Feind muss seine Würde nicht einbüßen, wenn er wahrheitstreu und ehrlich bleibt. Im Kampf kann man fallen, und was ist das Leben anderes, wenn nicht ein Kampf."

Milada Horakova schrieb diese Worte wenige Stunden vor der Hinrichtung in einem Abschiedbrief an ihre Familie. Ihre damals sechzehnjährige Tochter konnte ihn erst 40 Jahre später lesen. Als der Gerichtsprozess gegen Milada Horakova und die anderen Angeklagten begann, tauchte das in diesem Land nie da gewesenes Phänomen des politisch organisierten Volkszorns auf. Tausende erboste Tschechoslowaken, unter ihnen viele Kinder, ja ganze Schulklassen verlangten in Briefen, die man wäschekörbeweise in den Gerichtssaal transportierte, die Todesstrafe für die "Landesverräter".

Erst 40 Jahre nach ihrem Tod durfte über Milada Horakova, die einzige Frau in der tschechischen Geschichte, die aus politischen Gründen hingerichtet wurde, wieder öffentlich gesprochen werden. Viele hierzulande hörten ihren Namen zum ersten Mal! Als vor wenigen Jahren die Bürger bei der von den Medien massiv unterstützten Umfrage über den "größten Tschechen" oder die "größte Tschechin" abstimmen durften, belegte Milada Horakova Platz 36. Weit vor ihr lagen Karel Gott und sogar Maria Theresia.

Die Wissenslücken beziehungsweise die weißen Flecken im Gedächtnis der tschechischen "Nachwendezeit-Nation" füllen sich offenbar nur langsam. Doch ist es überhaupt eine Frage des Wissens? Oder eher eine Frage der neuen Prioritäten. Ich persönlich weiß es nicht.