Minister Bárta: Straßenbauten müssen billiger und Güterverkehr besser vernetzt werden
Autobahnen werden in Tschechien zu teuer gebaut. Das haben vor gut zwei Jahren Umweltschützer behauptet, die sich bei ihrer Kritik unter anderem auf ein Gutachten des obersten staatlichen Wirtschaftsprüfungsamtes beriefen. Darin war festgehalten worden, dass einige Abschnitte der Autobahn D8 in Richtung Dresden zu viele Kosten verursacht haben. Für Verkehrsminister Vít Bárta sind solche Feststellungen Grund zum Handeln. Vor rund zwei Wochen hat er in der chinesischen Botschaft in Prag erste Gespräche geführt, wie man anhand eines gemeinsamen Pilotprojektes die angestrebte Kostenreduzierung beim Autobahnbau initiieren könnte. Seiner Ansicht nach könnte die Konkurrenz aus China die Preise auf dem tschechischen Markt drücken. Auf einem Expertenforum in Prag musste Bárta nun seine Pläne vor der angesäuerten Straßenbaulobby verteidigen.
Die Vertreter der tschechischen Verkehrsbaufirmen waren sichtlich angefressen. Nach eigenen Aussagen verfügen sie über Kapazitäten, um pro Jahr Bauaufträge in Höhe von umgerechnet vier Milliarden Euro realisieren zu können. Die Regierung in Prag jedoch will und muss sparen. Von den dicken Streichlisten, die sie derzeit führt, ist auch das Verkehrsressort nicht ausgenommen. Schon jetzt steht fest, dass das Budget für den staatlichen Verkehrsinfrastrukturfonds im nächsten Jahr um ein Drittel auf umgerechnet 2,5 Milliarden Euro gekürzt wird. Schon in diesem Jahr hätten 60 Prozent der Baufirmen wegen der geringeren Auftragslage Mitarbeiter entlassen müssen, sagte der Präsident des Verbandes der tschechischen Bauunternehmer, Václav Matyáš. Weshalb mache er gerade in dieser Situation ein neues Fass auf und setze auf die chinesische Karte, stellte Matyáš den Verkehrsminister zur Rede. Bárta versuchte zunächst die Vertreter der Baubranche zu beschwichtigen, indem er darauf verwies, dass die Zusammenkunft in der chinesischen Botschaft nicht mehr als ein erstes informatives Treffen war. Dabei habe man lediglich ausgelotet, ob ein beiderseitiges Interesse bestehe:
„Mit anderen Worten: Wir haben uns darauf verständigt, eine Arbeitsgruppe mit Vertretern der Botschaft und des Ministeriums zu bilden, in der zunächst einmal grundsätzliche Bedingungen abgeklärt werden.“
Eine seiner Bedingungen sei es, so der Minister, dass sich die Zusammenarbeit mit den Chinesen vorläufig nur auf das bereits erwähnte Pilotprojekt erstreckt. Der Hintergrund von Bártas Überlegungen allerdings ist klar, denn im Nachbarland Polen hat die Kooperation mit den Chinesen schon erste Erfolge gezeigt:
„Diesbezüglich müssen wir nur auf den polnischen Weg schauen. In Polen haben die chinesischen Unternehmen gezeigt, dass sie den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur mit fast 50 Prozent weniger Kosten bewerkstelligen können. Und aufgepasst: die Zulieferer waren polnische Firmen!“ Bárta stellte also klar: Auch bei der möglichen Variante, dass hiesige Autobahnen künftig von chinesischen Ingenieuren konzipiert werden, werden tschechische Firmen einbezogen. Auf der anderen Seite machte der tschechische Verkehrsminister ebenso deutlich, weshalb er die Chinesen gerade bei der Projektierung von Straßenbauten im Boot haben möchte:
„Wenn eine Stadtumgehung wie die von České Budejovice / Budweis zum Preis von 12 Milliarden Kronen projektiert wurde, dann ist das – verzeihen Sie mir das Wort – einfach unmoralisch. In dieser Projektierung enthalten war beispielweise auch die Untertunnelung eines Fußballplatzes, für die allein zwei Milliarden Kronen veranschlagt wurden. Wenn wir ein solches Projekt zulassen würden, dann müssten wir uns auch vor die Frage stellen: Entweder wir bauen diese Umgehung für 12 Milliarden Kronen, oder wir sparen vier Milliarden Kronen ein und bauen für dieses Geld die Ortsumgehungen von Náchod, Frýdek-Místek oder anderen Städten. Für diese Umgehungen fehlt uns nämlich objektiv das Geld.“
Nicht ohne Stolz verkündete Bárta anschließend, dass die Planer in Budweis inzwischen einsichtig geworden seien und ihm jetzt tatsächlich ein neues Projekt für den Bau der Stadtumgehung vorgelegt hätten, und zwar zum Preis von acht Milliarden Kronen. Für die Baufirmen und Projektanten in Tschechien gab Bárta also das klare Signal: Unter seiner ministerialen Federführung soll der Vetternwirtschaft endlich Einhalt geboten werden. Verkehrsminister Bárta nahm das Expertenforum aber ebenso zum Anlass, um zu verkünden, dass für den weiteren Ausbau der Verkehrsinfrastruktur in Tschechien ein neuer Leitfaden, die so genannte Superkonzeption ausgearbeitet werde. Diese Konzeption ist auf die kommenden 15 Jahre ausgerichtet und soll alle Verkehrsbauprojekte enthalten, deren Errichtung beziehungsweise Vollendung in diesem Zeitraum Priorität haben. Zu diesen Projekten zählen die Fertigstellung der Autobahn D3 zwischen Tábor und Budweis, die Schnellstraße R35 zwischen Nordböhmen und Mähren, der Ausbau des Prager Autobahnrings und die Verbreiterung der Autobahn D1 Prag - Brünn, die die Hauptverkehrsader des Landes ist. Alle diese Projekte sollen mit privatem Kapital gebaut werden, so der Minister. Der Superkonzeption wiederum liege folgende Philosophie zugrunde:„Heute läuft der Verkehr vor allem auf der Straße. Derjenige aber, dem es als erstem gelingt, die logistischen Transportabläufe in einer engeren Symbiose von Straße und Bahn zu steuern, der hat auf dem logistischen Markt die große Chance, für eine Revolution zu sorgen.“Verkehrsminister Bárta ließ keinen Zweifel daran, wofür er stehe: Seinen Vorstellungen nach soll der Verkehr in Tschechien künftig viel stärker vernetzt werden, als es jetzt der Fall ist. Und dafür habe man bereits auch die ersten Maßnahmen in die Wege geleitet, so der Minister:
„Aus geschäftlicher Sicht kann ich bereits heute sagen: Es ist kein einmaliger Schritt, dass wir in diesem Jahr die Lkw-Maut auf unseren Autobahnen und Schnellstraßen erhöht haben. Wir haben nicht von ungefähr erst jüngst bekanntgegeben, dass wir im Gegenzug die Gebühr zur Nutzung des Schienennetzes für den Güterverkehr um elf Prozent gesenkt haben. Und wir haben dabei klar betont, dass dies nur ein erster Schritt sei. Das gleiche werden wir nämlich auch im nächsten Jahr tun. Das heißt, die Lkw-Maut werden wir im Vergleich zum jetzigen Preis um weitere 50 Prozent erhöhen und gleichzeitig die Nutzungsgebühr für den Gütertransport auf der Schiene wieder um einige Prozent verringern.“ Es ist logisch, dass eine solche Entwicklung den tschechischen Spediteuren nicht unbedingt gefällt. Um aber auch den Anreiz zu schaffen, dem Minister bei seinen Plänen zu folgen, hat das Verkehrsministerium der Spediteursvereinigung Česmad eine Zuwendung von umgerechnet zwölf Millionen Euro bewilligt. Er sei sehr gespannt, wie die Spediteure diese Finanzspritze jetzt einsetzen werden, sagte Bárta. Und es wird auch spannend bleiben zu beobachten, ob sich der Minister mit seinen Plänen wird durchsetzen können oder ob auch er eines Tages bei der Lobby der tschechischen Straßenbaufirmen und Spediteure auf Granit beißen wird.