Mit kaiserlicher Zustimmung: Mährisches Landesmuseum wird 200 Jahre alt
Brno / Brünn, die zweitgrößte Stadt Tschechiens, feiert derzeit ein großes Jubiläum: Am 29. Juli 1817 wurde das Mährische Landesmuseum gegründet. Seit vergangenem Herbst erinnern repräsentative Ausstellungen an das 200-jährige Bestehen dieser Institution. Im Folgenden mehr über die Gründerjahre des Museums.
Kuriositäten von den Reisen
Die Ausrichtung war also zukunftsorientiert. Zugleich habe dahinter das Faible für sogenannte Kuriositätenkabinette gestanden, so Mitáček. Und die waren ein guter Grund, auf Reisen zu gehen:„Man war sich dessen bewusst, dass Reisen den Horizont erweitertet. Die zahlreichen ‚Mitbringsel‘ wurden nachfolgend in den Kuriositätenkabinetten deponiert. Sie gelten als eine Vorstufe der Museen. Ihr Ursprung liegt praktisch in der Zeit von Kaiser Rudolf II., der für seine Vorliebe für derartige ‚Kabinette‘ auf der Prager Burg bekannt war. Diese ‚Mode‘ gab es das ganze 17. und 18. Jahrhundert hindurch, allerdings wandelten sich die Objekte. Irgendwann waren die Kuriositätenkabinette vollgestopft, obwohl der Durst nach neuem Wissen nicht gestillt war und sich immer weitere wissenschaftliche Disziplinen herausbildeten. Dieser Prozess führte eindeutig zur Gründung von Museen. Ihr Fundament bestand oft aus den bereits vorhandenen Privatsammlungen.“
„Seine Majestät, unser gnädigster Kaiser und Herr, immerhin geneigt, alle auf wohltätige und gemeinnützige Zwecke gerichtete Unternehmungen des allerhöchsten besondern Schutzes zu würdigen, geruhten hierauf, laut einer mir zugekommenen Bekanntmachung des hohen Hofkanzlerpräsidiums, die Errichtung eines mährisch-schlesischen Landesmuseums in Vereinigung mit der mährisch-schlesischen Gesellschaft zu Beförderung des Ackerbaues, der Natur und Landeskunde, und daß selbes Franzensmuseum genannt werden dürfe, allergnädigst zu bewilligen (...).“
Einzug in den Bischofshof
Das Original des Dokuments, mit dem der Monarch der Museumsgründung „allergnädigst“ zustimmte, ist allerdings nicht erhalten geblieben, sagt Jiří Mitáček:„Es gibt leider nur zwei Kopien der Gründungsurkunde. Eine befindet sich in Wien und die andere in Brünn im Mährischen Landesarchiv. Es handelt sich aber um amtlich beglaubigte Kopien. Als Standort der ersten Sammlungen sollte der sogenannte Bischofshof dienen. In dem Gebäudekomplex im historischen Stadtkern unterhalb der St.-Peter-und Paul-Kathedrale befand sich damals die Residenz des Olmützer Bistums. Kaiser Franz I. hatte aber seine Zustimmung zur Museumsgründung davon abhängig gemacht, dass der Bischofshof der neuen Institution zur Verfügung gestellt wird. Dies ist 1818 dann tatsächlich geschehen.“
Es handelt sich um einen Gebäudekomplex, der drei Seiten eines Hofes umgibt. Das ursprüngliche Gebäude gehörte der Propstei des Brünner Kapitels und war im gotischen Stil gebaut. 1588 erwarb der Olmützer Bischof Stanislav Pavlovský den Komplex und ließ ihn von einem Renaissance-Architekten umbauen. In der Folge bürgerte sich wegen des neuen Eigners der Name „Bischofshof“ ein. In seinen Räumlichkeiten wurden die ersten Sammlungen des Franzensmuseums untergebracht.
„Zum Teil handelte es sich um kleinere Sammlungen aus dem Fundus der ‚Wirtschaftsgesellschaft‘. Sie waren aber nicht besonders groß. Viel mehr kam durch die Schenkungen der adeligen Museumsgründer hinzu, also zum Beispiel von Graf Salm oder Graf Serenyi. Die erste paläontologische Sammlung kam von Fürst Liechtenstein. Diese Sammlungen wurden ab 1820 auch für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht.“Paläontologe ordnet die Sammlungen
Die Sammlungen wuchsen ständig weiter, und die vorhandenen Räume waren bald voll. Das Mährische Landesmuseum musste daher weitere Gebäude ankaufen. Außer den neuen Depots und Ausstellungsräumen brauchte man aber auch eine feste Basis für die Forschungsarbeit und Dokumentation der neuen Erkenntnisse. Denn das Brünner Landesmuseum profilierte sich immer mehr auch als ein Wissenschaftszentrum. Was damals in den Sammlungen zu finden war und wie damit umgegangen wurde, das wissen wir aber nur aus den eigenen Berichten der Museumskustoden.
Nicht jeder war jedoch, wie sich zeigte, der richtige Mann am richtigen Platz. Als solcher erwies sich allerdings Albin Heinrich, der sehr engagiert viele Fehler seiner Vorgänger behob. Er begann mit einer systematischen Erfassung der Bestände. Außerdem betrieb er Öffentlichkeitsarbeit: 1853 verfasste Heinrich den ersten Führer durch das Franzensmuseum. Der leidenschaftliche Naturwissenschaftler beschrieb darin unter anderem auch paläontologische Funde aus Brünn und Umgebung, so etwa von Knochen und Zähnen großer Wirbeltiere wie Mammute, Höhlenbären oder Nashörner. Erwähnt ist zudem ein kleiner fossiler Fisch, der später nach ihm „Amphisile heinrichi“ benannt wurde. Dass diese Fischart heutzutage noch im Indischen Ozean beheimatet ist, zeugt Wissenschaftlern zufolge davon, dass der Weltozean vor Millionen von Jahren (im Tertiär) mit dem Meer über heutigem mährischen Gebiet verbunden war. Der Museumskustos gab 1856 auch das Buch „Mährens und k. k. Schlesiens Fische, Reptilien und Vögel“ heraus. Zu seinen Verdiensten gehört des Weiteren die Erstellung eines Verzeichnisses von 1500 Pflanzen mit Blattaderung.Heute besitzt das Mährische Landesmuseum über sechs Millionen Sammelgegenstände, die auf 19 Fachgebiete aufgeteilt sind. Und was bedeutet das Jubiläum in diesem Jahr für die altehrwürdige Institution?
„Für uns ist es vor allem eine Verpflichtung. Es handelt sich um 200 Jahre Dienst an der mährischen Kultur. Und dessen können sich nicht viele Institutionen rühmen“, so Museumsgeneraldirektor Jiří Mitáček.