Mit Mikrofon und Badehose - Der Tschechische Rundfunk sendet in Kroatien
Was den Deutschen Mallorca, das ist den Tschechen Kroatien. Fast jeder 10 Tscheche fährt im Sommer nach Kroatien. Darauf stellen sich aber nicht nur die Einheimischen zunehmend ein. Auch die Medien reisen ihren Konsumenten hinterher. Am leichtesten ist das für Zeitungen. Aber auch der Tschechische Rundfunk packt das Mikrofon und die Badehose ein. Christian Rühmkorf hat mit Martin Sulc, dem stellvertretender Direktor vom Radiozurnals des Tschechischen Rundfunks, über die Sendungen unter kroatischer Sonne gesprochen.
"Tschechische Nachrichten und tschechische Lieder für tschechische Touristen - jeden Tag nach 18 Uhr an der gesamten kroatischen Küste - der Tschechische Rundfunk 1 "Radiozurnal": An der Adria senden wir tschechisch!"
Bei mir im Studio begrüße ich Martin Sulc. Er ist stellvertretender Direktor vom "Radiozurnal", dem Info-Flagschiff des Tschechischen Rundfunks. Gleichzeitig ist er verantwortlich für die Sendungen des Tschechischen Rundfunks in Kroatien.
Herr Sulc, das Radiozurnal in Kroatien - ist das so etwas wie ein Sommer-Export von Karel Gott an die dalmatinischen Ufer der Adria?
"Also, ganz so verhält sich das nicht. Es ist so, dass jedes Jahr an die 800.000 tschechische Touristen ihren Urlaub in Kroatien verbringen - jeder zehnte bis zwölfte Tscheche. Und deshalb geht auch der Tschechische Rundfunk mit seinen Hörern auf Reisen. Wir wollen unsere Hörer auch da erreichen, wo sie ihren Urlaub verbringen."
Wie lange sendet der Tschechische Rundfunk schon in Kroatien und wie ist die Idee überhaupt entstanden?
"Die Sendungen feiern in diesem Jahr ihren zwölften Geburtstag. Zwölf Jahre lang fahren wir also schon jeden Sommer nach Kroatien. Uns hatte eine Reiseagentur angesprochen, die so etwas in Kroatien machen wollte. Sie hatten festgestellt, dass es auch in Spanien ein Radio für deutsche Touristen gibt. Uns schien das eine gute Idee zu sein. Elf Jahre lang haben wir das in Zusammenarbeit mit der Reiseagentur gemacht. Schritt für Schritt haben sich die Sendemöglichkeiten verbessert. Zurzeit senden wir hauptsächlich über Radio Split, aber auch über Radio Rijeka und Radio Dubrovnik. Wir decken inzwischen also die gesamte kroatische Küste ab. In diesem zwölften Jahr ist es so, dass der Tschechische Rundfunk die Sendungen in Eigenregie produziert."
Wenn es also kein Export von Karel Gott nach Kroatien ist, was bietet dann der Tschechische Rundfunk seinen Hörern?
"Die Sendungen dauern täglich 15 bis 20 Minuten. Ihr Hauptbestandteil sind Nachrichten, vor allem aus der Tschechischen Republik und teilweise aus der Welt. Dazu gehören aber auch Lieder auf Hörerwunsch oder Berichte über interessante Ausflüge und praktische Tipps. Letzte Woche hat unser Redakteur zum Beispiel untersucht, wo man beim Besuch der Stadt Split parken kann, ohne dass es einem die Ferienkasse schrumpft. Das sind so Dinge, wo wir unseren Hörern einen gewissen Service bieten. Daneben informieren wir aber auch über das Wetter, die Verkehrssituation, Wechselkurse oder auch Benzinpreise."
Erinnern Sie sich an die Probleme, als die Sendungen vor elf, zwölf Jahren noch in den Kinderschuhen steckten?
"Es gab natürlich Probleme. Vor zwölf Jahren hatte man von Internet noch nicht viel Ahnung. Informationen wurden per Telefon hin und her geschickt. Nach Split haben wir ein Tonbandgerät transportiert, das allein schon 25 Kilo wog. Man musste also noch richtig Bänder schneiden. Und irgendwie haben wir die Sendungen auch unter Bedingungen geschafft, die - verglichen mit heute - spartanisch waren. Heute kann man ja ganze Sendungen per Internet verschicken. Die Absprache mit dem Radio vor Ort hat funktioniert, auch, weil die Kroaten die Tschechen im Allgemeinen ganz gern haben und auch die Sprachbarriere nicht unüberwindbar groß ist."
Haben Sie Zahlen darüber, wie viele Leute den Tschechischen Rundfunk in Kroatien hören?
"Nein, haben wir nicht. Das kann man nur sehr schwer ermitteln. Das einzige, woraus wir Schlüsse ziehen können, sind Hörerrückmeldungen. Diese Meldungen häufen sich vor allem dann, wenn sich in Tschechien irgendeine Tragödie abspielt. Als wir zum Beispiel in der Zeit des Hochwassers vor fünf Jahren gesendet und die Menschen informiert haben, vielleicht auch darüber, ob ihr Haus im Wasser steht, das waren Tage, an denen wir anhand der Meldungen der Menschen feststellen konnten, dass wir einen sinnvollen Service anbieten. Wenn nichts passiert, mag die Hörerschaft geringer sein. Aber dennoch: Wir bekommen regelmäßig SMS-en, die Leute bitten uns um Informationen, bestimmte Themen oder Musik. Es gibt also eine Art Hörerbindung. Und in diesem Jahr gelingt es uns hoffentlich eine Untersuchung in der Tschechischen Republik durchzuführen, wie viele Menschen das Programm kennen und es auch gehört haben."
Wie sieht die Zukunft aus? Geplant ist nach meinen Informationen auch eine engere Zusammenarbeit mit dem Slowakischen Rundfunk.
"Die Zusammenarbeit mit dem Slowakischen Rundfunk hat schon im letzten Jahr begonnen. Der Slowakische Rundfunk schickt uns jeden Tag circa zweieinhalb-minütige Nachrichten. Im nächsten Jahr sollen die Sendungen komplett zusammen gestaltet werden. Ein Redakteur aus Tschechien und einer aus der Slowakei. Während einer von beiden in der Redaktion die Sendung für den Tag vorbereitet, reist der andere an der kroatischen Küste entlang und nimmt interessante Reportagen, Gespräche mit den Menschen oder auch Umfragen auf. Das würde die Sendungen noch mehr beleben, weil die Leute selbst am Programm teilhaben und sich hören können. Ob es klappen wird, weiß noch niemand. Solche Pläne hängen immer sehr vom Geld ab."
Normalerweise wird gesagt, dass man im Urlaub erst richtig abschalten kann, wenn man weit weg ist und nichts vom Geschehen zu Hause mitbekommt. Ist da nicht was dran?
"Ich glaube nicht, dass das so ist. Die Urlauber möchten zwar nicht allzu sehr belästigt werden mit dem, was sich daheim so tut. Aber viele wollen auch im Urlaub zum Beispiel nicht auf die Sportergebnisse verzichten oder auf Neuigkeiten aus der Politik. Niemand möchte ganz abgeschnitten sein von der Realität. Klar, keiner will im Urlaub mit langen politischen Debatten beschallt werden. Aber kurze Informationen über das aktuelle Geschehen können nicht schaden."
Die endlose Affäre um Vizepremier Jiri Cunek oder auch die Debatten über die Finanzreform haben dort also nichts zu suchen?
"Cunek und die Finanzreformen haben dort etwas zu suchen, aber nur in einer 20-Sekunden-Meldung, während Ausflugstipps sicher dreieinhalb Minuten dauern können."
Sie selbst verbringen Ihren Urlaub jedes Jahr in Kroatien. Ist das teilweise ein Arbeitsaufenthalt, werden Sie Tschechischen Rundfunk hören?
"Ich werde natürlich unsere Sendungen hören und teilweise ist das auch ein Arbeitsaufenthalt, denn ich werde nach meinen zwei Urlaubswochen alle Rundfunksachen einpacken und wieder zurück nach Tschechien bringen."