Mit Pfauenaugen auf dem Rock: Volkstrachten im Schlossmuseum Kyjov

Kyjov – der Name der Stadt soll vom Adeligen namens Kyj abgeleitet worden sein. „Kyj“ bedeutet „Keule oder Kolben“. Und so hat Kyjov in seinem Stadtwappen einen Kolben, den eine Ritter-Hand hält. Das Wappen kann man auch im Renaissanceschloss entdecken, dem ältesten erhalten gebliebenen Gebäude in der Stadt. Das Schloss liegt in der Palacký-Straße, vom Marktplatz ist es zu Fuß in einigen Minuten zu erreichen.

Seit den 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts werden hier die Sammlungen des örtlichen Museums aufbewahrt. Museumsleiterin Blanka Pokorná kann als Historikerin nicht bestätigen, ob es stimmt, dass es an diesem Ort einst wirklich jemand lebte, der Kyj hieß. Die ersten Berichte über einen Ort Namens Kyjov stammen aus dem Mittelalter, sagt sie:

„Die erste schriftliche Erwähnung von Kyjov stammt aus dem Jahr 1126. Damals war Kyjov aber ein sehr kleiner Ort, erst später wurde es zur Marktgemeinde erhoben. Der ältester Stadtteil befindet sich eben hier, in der Umgebung des Schlosses. Einst stand hier eine Kirche, die St. Martin geweiht war und sie Abt Michal 1180 erbauen ließ. Diese Kirche existiert nicht mehr. An ihrer Stelle wurde im 19. Jahrhundert eine Friedhofskapelle errichtet. Kyjov gehörte einige Jahrhunderte lang dem Prämonstratenserkloster Hradisko bei Olmütz. 1515 wurde Kyjov zur Stadt erhoben und 1548 ist es zur königlichen Stadt geworden.“

Privilegien, die damals eine königliche Stadt hatte, ermöglichten einen schnellen Aufschwung von Kyjov. Die Stadt habe bald einen richtigen Bauboom erlebt, erzählt die Historikerin.

„In den Jahren 1561/62 wurde das Renaissance-Rathaus am Marktplatz erbaut. Das Schloss entstand fast zur selben Zeit - anstelle einer mittelalterlichen Festung. In der Barockzeit wurde unser Schloss umgebaut, in dem die Herren von Kyjov lebten. Zudem gab es im Schloss Büros für die königlichen Beamten. Später diente es den verschiedensten Zwecken: Es wurde als Pfarramt, als Schule sowie als Kaserne genutzt. Anfang des 20. Jahrhunderts wurde im Schloss sogar ein Krankenhaus für Patienten mit Infektionskrankheiten eingerichtet. Das Museum hat seit den 50er Jahren in diesem ältesten Gebäude von Kyjov den Sitz.“

Foto: Autorin
Das Museum verfügt über reichhaltige archäologische, historische sowie ethnografischen Sammlungen. Die Öffentlichkeit kann jedoch nur einige Teile dieser Sammlungen in der ständigen Ausstellung im Schloss bewundern. Die Museumsleiterin rechnet in der Zukunft damit, eine neue historische Ausstellung vorzubereiten. Zuerst muss aber das Nebengebäude fertig gebaut sein, in das die Büro- und Forschungsräume des Museums ziehen sollen. Im Schloss dürfte es dann neue Ausstellungsräume geben. Aber auch jetzt schon lohnt es sich, die ethnografische Ausstellung im Museum zu besuchen. Besichtigen kann man hier sowohl die typischen Volkstrachten aus der Gegend von Kyjov, als auch die historische Ausstattung eines Bauernhaushalts und historische landwirtschaftliche Instrumente und Maschinen. Auf den ersten Blick kamen mir alle Volkstrachten sehr ähnlich vor. Ethnografin Taťjana Martonová zeigte Verständnis für einen Laien:

Foto: Autorin
„Dies sind Volkstrachten für ledige Frauen: die eine stammt aus dem Norden der Gegend von Kyjov, das andere aus dem Süden. Bei den Frauentrachten sind die Unterschiede nicht so groß. Im Norden trug man etwas anders genähte Ärmel, im Süden gab es einen speziellen Kragen, der ´obojek´ genannt wird. Es handelt sich um Festtrachten, die nur bei besonderen Gelegenheiten getragen wurden – beispielsweise zur Sonntagsmesse. An den Wochentagen haben die Menschen hier abgetragene, ältere Festtrachten getragen. Denn Arbeitstrachten oder etwas Ähnliches hat es in unserer Region nie gegeben.“

Foto: Autorin
Die Männertrachten unterscheiden sich stärker voneinander als die scheinbar gleichen Frauenkleider: Die farbigen Stickereien, Ärmelformen und sogar auch unterschiedliche Stoffe gibt es im Norden und im Süden der Region. Findet man solche Volkstrachten nur im Museum oder kann man sie auch noch in den Straßen der Stadt erblicken? Taťjana Martonová:

„Volkstrachten werden hier immer noch getragen – vor allem dank des hiesigen Folkloreensembles. Die Mitglieder lassen sich neue Trachten nähen. In den historischen Trachten könnte man nicht mehr tanzen, denn die alten Stoffe würden auseinander fallen. Probleme gibt es, soviel ich weiß, mit Röcken. Früher hat man Röcke aus Wollstoff mit verschiedenen Stickereien getragen. Diese gestickten Röcke wurden nach dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr hergestellt. Die am weitesten verbreitete gestickte Verzierung auf dem Rock ist bei uns die so genannte ´pávka´. Sie wurde nach der Form des Pfauenauges benannt. Die Stickerinnen haben das Muster von diesen historischen Trachten kopiert und benutzen es bis heute. Früher waren die Röcke etwas bunter. Die Mädchen hatten unterschiedliche Muster auf dem Rock. Heute hat fast jedes Mädchen nur diese ´pávka´, dies wirkt leider etwas eintönig.“

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