Mobil ans Ziel

Ahoi und "Signal auf grün" für eine neue Ausgabe unseres Verkehrsmagazins "Mobil ans Ziel". Am Mikrofon begrüßen Sie Markéta Maurová und Lothar Martin.

Wir wollen uns nicht lange bei der Vorrede aufhalten, sondern Sie gleich mitnehmen auf eine kleine Ausfahrt mit einem traditionsbeladenen und bei Jung und Alt gleichermaßen beliebten Verkehrsmittel. Also dann, gute Fahrt! ... nun, schlägt manchem von Ihnen das Herz nicht auch ein wenig höher beim Schnaufen eines alten Stahlrosses? Vielen Tschechen jedenfalls geht es so, weshalb sich hierzulande Ausfahrten mit Traditionszügen, die von mächtigen Dampflokomotiven angetrieben werden, einer sehr großen Nachfrage erfreuen. Ganz besonders häufig war dies erst wieder vor knapp drei Wochen der Fall, als die staatliche Eisenbahngesellschaft Ceske drahy (CD) den "Tag der Eisenbahn" veranstaltete. Im ganzen Land konnte man dabei am 30. September einen Ausflug per Schiene zum halben Tarif unternehmen, falls man Hin- und Rückfahrt gebucht hatte. Auf mehreren Bahnhöfen konnte man den Lokomotiv- und Wagenpark inspizieren oder dank vieler Ausstellungen mehr über die Geschichte der hiesigen Eisenbahnen erfahren. Ganz zu schweigen davon, dass solche Ausfahrten immer eine ganz besondere Attraktion für die Kinder sind. Ein elfjähriger Prager Junge, der gerade die Dampflokomotive 68004, Baujahr 1947, besichtigt hatte, schilderte uns seine Eindrücke so: Damit diese Fahrten überhaupt möglich sind, bedarf es vieler freiwilliger Helfer. Sie, die Lokomotivführer, Schaffner oder Darsteller von historischen Zeitabschnitten aus der Bahngeschichte sind nicht selten in Vereinen oder Klubs organisiert, wie zum Beispiel dem "Klub historischer Fahrzeuge", und sind an vielen Wochenenden zumeist unentgeltlich im Einsatz. Doch die Liebe zur Bahn und die überwiegend positiven Reaktionen der Fahrgäste bedeuten für sie mehr als nur eine Entschädigung. Jaromir Safarik bestätigte uns, dass hierzulande die Fahrten mit Traditionszügen nicht nur zum "Tag der Eisenbahn", sondern regelmäßig stattfinden. Zur Frage, wie oft die Fahrten durchgeführt werden, antwortete er: "Nun, sehr häufig. Zuletzt, insbesondere über den Sommer, war zwar verhältnismäßig wenig los, doch ansonsten versuchen wir, zumindest einmal monatlich eine solche Fahrt zu veranstalten."

Doch immer, so Jaromir Safarik weiter, sind die Züge so rappelvoll besetzt wie bei dieser Ausfahrt, die am 7. Oktober im Prager Westen stattfand und bei der am Zielbahnhof Zlicin - es war im Hintergrund zu hören - eine Kampfszene zwischen amerikanischen GI´s und Soldaten der deutschen Wehrmacht vom Ende des Zweiten Weltkriegs nachgestellt wurde.

Ja, die Eisenbahn hat auch in Tschechien schon so manche Schlacht erlebt und mehrere Zeitepochen durchlebt. Das ist kein Wunder, können doch viele Eisenbahnstrecken hierzulande auf eine mehr als 100-jährige Geschichte zurück blicken. Vier von ihnen begingen parallel zum "Tag der Eisenbahn" ein Jubiläum.

Da wäre zunächst die südmährische Strecke von Mutenice nach Kyjov zu nennen, die ihr 100-jähriges Jubiläum feierte. Zur Feier des Tages verkehrte ein Traditionszug mit Waggons aus den 40-er Jahren auf dieser Route, im Bahnhof Kyjov konnte man Triebwagenzüge, Personen- und Güterwagen, einen Salonwagen aus dem Bestand des Regierungszuges und historische Güterwaggons bestaunen. Laut Pavel Tesar von der Presseabteilung der CD-Generaldirektion konnten die erschienenen Interessenten an diesem Tag "auch einen Blick hinter die ansonsten nicht zugänglichen Kulissen des Bahnbetriebs werfen."

Zwanzig Jahre mehr - nämlich 120 - hat die nordmährische Strecke von Suchdol nad Odrou nach Novy Jicin auf dem Buckel. Doch die wohl ältesten Strecken in Tschechien sind in Nord- und Mittelböhmen beheimatet. So begingen die Eisenbahner aus Chomutov/Komutau Ende September den 130. Jahrestag der Einfahrt des ersten Zuges in die Stadt. Rund 350 Reisende nutzten dabei die Gelegenheit zu einer kostenlosen Fahrt von Louny/Laun nach Komutau mit einem von einer Dampflok geführten Zug. Auf dem Komutauer Bahnhof konnte man anschließend eine Ausstellung von 20 Lokomotiven, einem Eisenbahnkran, einem Löschzug und weiteren Geräten der Feuerwehr-Einsatzmannschaft der Tschechischen Eisenbahnen (CD) besichtigen. Den Jüngsten wiederum wurde eine Spazierfahrt mit der kleinen Dampflok "Adelka" geboten.

Auf bereits 150 Jahre kann die Hauptstrecke von Prag nach Usti nad Labem/Aussig an der Elbe zurück blicken. Der erste Fahrplan aus dem Jahre 1850 führt aus, dass zu dieser Zeit sechs Züge täglich zwischen der Moldaumetropole und der Elbestadt verkehrten: vier Personen- und zwei Postzüge. Heutzutage sind es 210 Züge, die die 106 Kilometer lange Strecke an jedem Tag bewältigen: Personen-, Eil- und Schnellzüge, der EuroCity und natürlich Güterzüge. Ein bedeutsamer Meilenstein in der Geschichte der Strecke war das Jahr 1979, als die Elektrifizierung des ersten Abschnitts zwischen Aussig und Roudnice nad Labem fertiggestellt wurde. Nicht weniger wichtig wird auch das Jahr 2002 werden, wo die Beendigung der Rekonstruktion des Eisenbahnkorridors zwischen Prag und Usti nad Labem fest geplant ist.

Die Feierlichkeiten zum 150-jährigen Jubiläum dieser Strecke waren - so der Leiter der CD-Betriebsdirektion in Aussig, Jiri Kolar - jedoch nur die Generalprobe für die Feiern, die im April kommenden Jahres auf uns zukommen, wenn das 150-jährige Jubiläum der Eisenbahnverbindung von Prag über Aussig bis nach Dresden begangen wird. Deshalb können auch Sie, verehrte Hörerinnen und Hörer, sicher sein, dass unser heutiger Report über den traditionsbeladenen Schienenstrang in Böhmen und Mähren nicht der letzte gewesen ist. Bis dahin, machen Sie es gut und fahren Sie wie immer unfallfrei. Vom Mikrofon verabschieden sich - Markéta Maurová und Lothar Martin.