Müll vermeiden statt „Containern“

Foto: Zachraňme jídlo/Štěpán Lohr

In Deutschland wird derzeit heiß über das sogenannte Containern diskutiert, also das Retten von weggeworfenen, aber noch genießbaren Lebensmitteln aus dem Abfall. In Tschechien hingegen überlegt man, wie man überflüssigen Müll vermeiden könnte.

Foto: Štěpán Lohr,  Zachraň jídlo
„Wir halten uns in der Bar an ein Zero-Waste-Konzept. Wir möchten bei unseren Cocktails Zutaten verarbeiten, die sonst als Müll gelten würden. Derzeit haben wir vier solcher Abfall-Drinks auf der Karte, die durch jeweils ein Element aus der Natur inspiriert sind. Sie heißen Wald, Wiese, Garten und Feld.“

So erklärt der Barkeeper Vitězslav Cirok, wie man in der Prager Bar Le Fleur unnötige Lebensmittel-Abfälle vermeiden will. So sieht das Ganze dann aus:

„Zum Beispiel dieser Drink besteht aus Kräutern, die schon ein bisschen verwelkt aussehen. Normalerweise würde man sie wahrscheinlich entsorgen. Wir machen daraus aber eine Art Gin-Tonic. Nur noch ein kleines Fichten-Zweiglein zur Deko, und der Cocktail kann serviert werden.“

Das Le Fleur ist aber nicht der einzige Gastbetrieb in der tschechischen Hauptstadt, der möglichst ohne Abfälle auskommen möchte. Auch das vegetarische Restaurant Etnosvět versucht, möglichst wenig Lebensmittel im Mülleimer landen zu lassen. Leider würde das aber nicht immer funktionieren, gibt die Geschäftsführerin Michaela Dvořáková zu:

„Wir nutzen alle Zutaten maximal. Natürlich kann man manchmal nicht komplett auf eine Verpackung verzichten, dennoch halten wir das auf einem Minimum. Einige unserer Köche bauen selbst beispielsweise Radieschen an oder ziehen sich zu Hause Sprossen. Die bringen sie dann ins Restaurant und verarbeiten sie in der Küche. Wir versuchen einfach, so weit wie möglich uns selbst zu versorgen.“

Foto: Zachraňme jídlo
Die Tschechen werfen jedes Jahr rund 80 Kilogramm noch essbarer Lebensmittel in den Abfalleimer. Oft kalkulieren sie beim Einkauf falsch, oder aber verwechseln das Mindesthaltbarkeits- mit dem Verfallsdatum. Die NGO Zachraňme jídlo, auf Deutsch heißt das so viel wie Rettet das Essen, will mehr Bewusstsein schaffen für den Wert von Lebensmitteln allgemein. Deshalb will die Organisation ein Reste-Kochbuch herausgeben. Adam Podhola ist Sprecher von Zachraňme jídlo:

„Es soll eine Anleitung sein, wie man möglichst wenig verschwendet und dabei die Natur und seinen Geldbeutel schont. Das Kochbuch soll rund 250 Seiten haben und in etwa 100 Rezepte beinhalten. Es ist ja tatsächlich so, dass jeder Haushalt hierzulande jährlich Essen im Wert von 20.000 Kronen entsorgt.“

Das sind immerhin rund 800 Euro. Tatsächlich werden die meisten Lebensmittel hierzulande von Privathaushalten weggeworfen, auf diese entfällt nämlich ein Anteil von rund 53 Prozent. Erst danach kommen beispielsweise die Supermärkte, andere Einzelhändler oder die Nahrungsproduzenten selbst. Übrigens landen in Tschechien vor allem Backwaren, Milchprodukte sowie Obst und Gemüse im Container, Fleisch hingegen eher weniger.

Müll | Foto: Honza Ptáček,  Archiv des Tschechischen Rundfunks
Dass die Verschwendung von Lebensmitteln ein weltweites Problem ist, haben mittlerweile auch die Vereinten Nationen erkannt und schlagen Alarm. Laut UN-Schätzungen kommt über die Hälfte der angebauten Landwirtschaftserzeugnisse nie auf den Tisch, beim Fleisch ist es rund ein Fünftel der Produktion. Jiří Zeman von der Prager Wirtschaftsuniversität zufolge muss man diese Zahlen jedoch mit Vorsicht genießen. Denn meist seien das nur vage Schätzungen, so der Experte für Handel und Wirtschaftskommunikation:

„Vor rund fünf Jahren haben wir von der Universität aus einen Versuch durchgeführt und haben rund 800 Haushalte in eine Studie eingebunden. Die Probanden sollten ihre tägliche Müllproduktion beobachten und schätzen. Leider muss man diese in Litern veranschaulichen, da sich Gewichte schwer raten lassen. Deshalb gaben die Familien meist nur halb so viel Müll an, als tatsächlich angefallen war. Bei solchen Studien gibt es aber noch ein anderes Problem: wenn jemand seine Müllproduktion dokumentieren soll, dann schränkt er sie automatisch ein.“