MUS-Affäre: Tschechien wartet vorerst Schweizer Berufungsentscheid ab
In Fragen der internationalen Gerichtsbarkeit hat Tschechien offensichtlich immer noch Nachholbedarf. Seit ihrer Gründung vor 19 Jahren hat die junge Republik bei internationalen Schiedsgerichten schon mehrere Verfahren verloren, und auch in einem neuen Fall glänzt die tschechische Justiz nicht gerade mit Bestnoten. Die Rede ist von der der Affäre um die tschechische Kohlegesellschaft Mostecká uhelná společnost (MUS), bei der sich der tschechische Staat in einem Strafprozess, der seit Oktober vorigen Jahres in der Schweiz geführt wird, auch einmal einige Milliarden Kronen zurückholen könnte. Nach unnötigen Versäumnissen der hiesigen Staatsanwaltschaft aber unternimmt die Regierung Nečas nun einiges, um retten, was zu retten ist.
„Persönlich bin ich der Meinung, dass wir so schnell wie möglich eine Zivilklage einreichen sollten. Diese Klage sollte unabhängig von den Bemühungen des Finanzministeriums, noch als Nebenkläger in den Strafprozess zu gelangen, erhoben werden. Mit der Zivilklage machen wir bestimmt keinen Fehler, deshalb sollte sie schon in den nächsten Tagen eingereicht werden.“
Am Dienstag hat die tschechische Regierung jedoch im engeren Kreis entschieden, vorerst nicht mit einer Zivilklage auf die Versäumnisse der Vergangenheit zu antworten. Vielmehr wolle man erst einmal abwarten, wie die Schweizer Behörden auf die tschechische Berufung zum Strafprozess-Ausschluss reagieren. Auf entsprechende Nachfrage von Journalisten reagierte Finanzminister Miroslav Kalousek allerdings ziemlich gereizt:„Wir haben den Antrag zum Erlass des Strafprozess-Ausschlusses gestellt, eventuelle weitere Anträge stellen wir unverzüglich nach der Entscheidung der Berufungsinstanz, egal ob sie positiv oder negativ ausfallen wird.“
Bei einem negativen Bescheid muss es nicht unbedingt die Zivilklage sein, mit der Tschechien reagieren werde. Es könnte durchaus auch eine dritte Variante sein, die sie in Erfahrung gebracht habe, sagte die stellvertretende Ministerpräsidentin und Vorsitzende des Legislativrates, Karolína Peake:„Nach Schweizer Recht gibt es vermutlich noch eine Möglichkeit, wie man Geldforderungen einklagen kann, und zwar nicht in der Position des Geschädigten in einem Strafverfahren. Dazu muss man zunächst den Schaden beziffern, der der Tschechischen Republik nachweislich zugefügt wurde. Mit dem entsprechenden Antrag kann man auch als zivile Rechtsperson außerhalb des Strafverfahrens am Prozess teilnehmen.“
Mit dem Bescheid zum Berufungsverfahren rechnet man in Prag übrigens bis Ende Februar. Laut der Bürgervereinigung „Veřejnost proti korupci“ (Öffentlichkeit gegen Korruption) müsse Tschechien beim Einreichen einer Zivilklage mindestens 27 Millionen Kronen (knapp 1,1 Mio. Euro) an Gerichtsgebühren und Anwaltkosten zahlen.