Museum „Lamberger Steig“ in Žihobce

Schloss Žihobce (Foto: Martina Schneibergová)

Die Gemeinde Žihobce / Schihobetz liegt im Böhmerwaldvorland östlich von Sušice / Schüttenhofen. Vor ein paar Jahren wurde im dortigen Barockschloss ein Museum eingerichtet, in dem vor allem an die früheren Besitzer des Herrschaftsguts erinnert wird. Das war die österreichische Adelsfamilie Lamberg.

Žihobce  (Foto: Martina Schneibergová)
Von der Böhmerwaldstadt Sušice sind es mit dem Auto acht Kilometer nach Žihobce. Die Gemeinde liegt auf einer Anhöhe über dem Tal des Žihobce-Bachs. Bereits aus der Ferne ist die Dominante des Dorfes zu sehen, eine für den Böhmerwald ungewöhnlich monumentale neoromanische Kirche. Ein wenig hinter der Kirche versteckt steht das Barockschloss. In einem Teil der früheren Adelsresidenz ist heutzutage die Grundschule des Ortes untergebracht. Im anderen Teil befinden sich ein Infozentrum und ein Museum. Auf die Idee, ein Museum in Žihobce zu errichten, kamen der frühere Bürgermeister der Gemeinde und einige weitere Lokalpatrioten. Sie gründeten den Verein „Lamberská stezka“ – zu Deutsch etwa „Der Lamberger Steig“. Ziel sei gewesen, die Gegend um Žihobce, die einst im Besitz der Adelsfamilie Lamberg war, bekannter zu machen. Dies erzählt Anežka Kolajová. Sie arbeitet in dem Museum, das 2012 im Schloss von Žihobce eröffnet wurde.

Schloss Žihobce  (Foto: Martina Schneibergová)
„Das Schloss stammt aus dem 17. Jahrhundert. Damals ließ es die Adelsfamilie Koc von Dobrš erbauen. Einen Aufschwung erlebte es unter den Lambergs, die das Schloss als ihre Familienresidenz nutzten. Für die vorherigen Besitzer, die Familie Koc, war das Schloss nur ein Sommersitz.“

Der Bischof von Passau, Kardinal und Diplomat Johann Philipp von Lamberg erwarb Anfang des 18. Jahrhunderts einige Ländereien in Südwestböhmen, darunter auch Žihobce, Žichovice und Rabí. Der bekannteste Lamberg, Fürst Gustav Joachim, war mit Schriftsteller Adalbert Stifter befreundet. Er kannte zudem gut den Arzt Josef Klostermann, den Vater des Böhmerwalddichters Karel Klostermann.

Fürst Lamberg heiratet Dorfmädchen

Foto: Archiv des Vereins „Lamberská stezka“
Von der ursprünglichen Ausstattung der Residenz ist nur ein Teil des Ofens erhalten geblieben. Trotzdem wurde der Saal in der ersten Etage wie ein Schlosszimmer im 19. Jahrhundert gestaltet, sagt Anežka Kolajová:

„Die Möbel und weitere Gegenstände sind aus Museen aus der Umgebung ausgeliehen. Die Besucher sollen eine Vorstellung davon bekommen, wie es hier im 19. Jahrhundert unter den Lambergs ausgesehen hat. Gezeigt wird ein großes Porträt des in der Gegend bekanntesten Familienmitglieds Gustav Joachim Lamberg. Zu sehen ist auch ein Foto seiner Frau Kateřina. Das Paar ist dank dem Roman ‚Kněžna Káča‘ bekannt geworden, auf Deutsch in etwa ‚Fürstin Kathi‘. Das Buch wurde vom hiesigen Lehrer František Procházka geschrieben. Die dritte Auflage, die im vergangenen Jahr erschienen ist, hat viele Fotografien, die der Böhmerwald-Fotograf Jan Kavale an den Orten gemacht hat, an denen sich die Geschichte von Fürst Lamberg und seiner Frau abspielte.“

Kateřina Hrádková und Gustav Joachim von Lamberg
Fürst Gustav Joachim von Lamberg lernte bei einem Erntefest im nahe gelegenen Žichovice die um zwölf Jahre jüngere Tochter eines Gutsverwalters, Kateřina Hrádková, kennen. Trotz dem Widerstand der Verwandten zog der Fürst mit seiner Geliebten in die Schlösser in Žichovice und Žihobce. Er hatte mit ihr neun Kinder. Lamberg versuchte das Verhältnis mit Kateřina zu legalisieren. 1855 heiratete er sie. Nach der Hochzeit wurde das zehnte Kind geboren. Wegen der nicht standesgemäßen Ehe machten die Verwandten den Fürstentitel und den Besitz streitig. Die unehelichen Kinder wurden von der Erbschaft ausgeschlossen. Gustav Joachim Lamberg, seine Frau sowie die meisten ihrer Kinder wurden in der St.-Erasmus-Kapelle im nahe gelegenen Nezamyslice bestattet.

Fledermäuse auf dem Dachboden

Foto: Martina Schneibergová
Im weiteren Saal des Museums wird die Geschichte von Žihobce und einigen Gemeinden in der Umgebung beschrieben. Im Blickpunkt steht eine historische Landkarte der Gegend.

„Es handelt sich um die Landkarte der Herrschaft Lamberg. Da sich ein Laie dort nicht zurechtfinden kann, wird hier zudem eine neue Landkarte gezeigt, auf der die für die Lambergs wichtigen Orte gekennzeichnet sind.“

Eine weitere Dauerausstellung konzentriert sich auf die Natur in der Gegend von Žihobce. Besondere Aufmerksamkeit gilt den kleinen Hufeisennasen, erzählt Anežka Kolajová:

Anežka Kolajová  (Foto: Martina Schneibergová)
„Auf dem Dachboden des Schlosses lebt eine große Kolonie dieser Fledermäuse, die ständig wächst. Aus dem Grund versuchen wir, keine chemischen Mittel bei der Instandsetzung des Dachbodens einzusetzen. Der Dachboden ist für die Öffentlichkeit nicht zugänglich. Die Dauerausstellung wurde zusammengestellt, um den Interessenten eine Vorstellung darüber zu vermitteln, wie es dort bei den kleinen Fledermäusen aussieht.“

Finnisches Zentrum und ältestes Dorftheater

Das Museum in Žihobce ist das ganze Jahr über geöffnet. Im Juli und August sind die Öffnungszeiten von Montag bis Freitag zwischen 9 und 16 Uhr sowie samstags und sonntags von 10 bis 15 Uhr. Im Mai, Juni und September ist das Museum am Sonntag geschlossen. Von Oktober bis April ist es nur montags bis freitags von 9 bis 16 Uhr geöffnet.

Für ausländische Besucher des Museums stehen Beschreibungen der Dauerausstellungen in Deutsch und Englisch zur Verfügung. Das Museum „Landberger Steig“ ist bei weitem nicht die einzige Sehenswürdigkeit des Dorfes. In der Gemeinde befinden sich ein Finnisches Zentrum und eine Privatgalerie.

„Am Samstag, 9. Juli, gibt es eine Vernissage zur Saisoneröffnung. In der Galerie Netopýr wird Tomáš Kůs seine Bilder und Plastiken ausstellen. Das Finnische Zentrum wurde vor ein paar Jahren auf Initiative eines Finnen errichtet, der hier ein Landhaus gekauft hat. Wir waren zuerst skeptisch, aber das Zentrum lebt. Mehrmals im Jahr kommen Künstler aus Finnland zu Studienaufenthalten. Sie arbeiten draußen in der Natur. Zur Vernissage hat sich diesmal erneut der finnische Botschafter angekündigt. Es ist ein großes Ereignis.“

Kirche Verklärung des Herrn  (Foto: Martina Schneibergová)
In Žihobce steht zudem das vermutlich älteste Dorftheatergebäude in Tschechien. Zum Schloss gehört auch ein Schlosspark, durch den der sogenannte „Fledermauspfad“ führt. Ebenso einen Besuch wert ist die imposante neoromanische Kirche Verklärung des Herrn. Sie wurde anstelle einer gotischen Kirche in den Jahren 1872 bis 1876 erbaut. Ausgemalt wurde das Interieur erst Anfang des 20. Jahrhunderts.

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