Nach 60 Jahren: Bata-Prozess wird neu aufgerollt

Jan Antonin Bata

Die Schatten der Vergangenheit liegen oft noch schwer über Tschechien. Das gilt auch für den Prozess gegen Jan Antonin Bata, Halbbruder des tschechischen Schuhkönigs Tomas Bata und dessen Nachfolger an der Konzernspitze. 1947 war er als angeblicher Kollaborateur in einem umstrittenen Prozess in Abwesenheit verurteilt und das Unternehmen enteignet worden. 60 Jahre danach wird das Verfahren nun neu aufgerollt. Es geht aber nicht nur um späte Gerechtigkeit. Thomas Kirschner weiß mehr.

Tomas Bata Junior bei Gerichtsanhörung  (Foto: CTK)
15 Jahre Haft und der Verlust des gesamten Eigentums, das war das Urteil, das der Nationale Gerichtshof 1947 in Abwesenheit gegen Jan Antonin Bata fällte. Die Haft hat er nie angetreten - er starb 1965 in Brasilien, wohin die Familie bereits 1939 geflüchtet war. Die Bata-Zentrale in Zlin fiel damit aber endgültig dem Staat zu. Hintergrund: die angebliche Kollaboration Batas mit den NS-Besatzern. Auf Grundlage der Benes-Dekrete war Bata in drei Punkten angeklagt, erinnert sein heutiger Verteidiger Jiri Setina:

"Von diesen drei Anklagepunkten ist er aber rechtsgültig und definitiv freigesprochen worden. Es ist so, als ob es diese Anklage niemals gegeben hätte. Dafür hat ihn der Nationale Gerichtshof dann in einem anderen Punkt für schuldig befunden, der nicht in der Anklage enthalten war und meiner Meinung nach auch nicht in den Benes-Dekreten."

Batas gerichtlich festgestellte Schuld: Er habe sich nicht offen dem antifaschistischen Widerstand angeschlossen. Tatsächlich hat Bata mit den Nationalsozialisten Geschäfte gemacht. Fakt ist aber auch, dass er zugleich die tschechoslowakische Exilregierung finanziell unterstützt und rund 300 jüdischen Familien die Flucht nach Übersee ermöglicht hat. Jan Antonin Bata sei immer tschechoslowakischer Patriot gewesen, er werde sich für die Wiederherstellung seines guten Namens einsetzen, so sein Neffe, der 92-jährige Firmenpatriarch Tomas Bata junior am Montag bei einer Anhörung. Das Gericht hat nun entschieden, das Urteil aufzuheben - möglicherweise nach 60 Jahren das späte Ende eines offensichtlichen Schauprozesses. Staatsanwältin Jaromira Biolokova:

Dolores Bata Arambasic  (rechts) mit Tochter Guiomar  (Mitte)  (Foto: Martina Stejskalova)
"Der Fall wird in das Vorverfahren verwiesen, die Akten werden nochmals überprüft, und dann wird das Gericht über das weitere Vorgehen erneut entscheiden. Es ist nicht ausgeschlossen, dass der Fall schon im Rahmen des Vorverfahrens beendet wird - entweder, indem er abgelegt wird oder indem die Strafverfolgung eingestellt wird."

Für die in Brasilien lebende Bata-Enkelin Dolores Bata Arambasic ist die Wiederaufnahme des Verfahrens eine lang erwartete Nachricht:

"Das war für uns ein lange gehegter Wunsch, und jetzt haben wir die Hoffnung, dass die Gerechtigkeit für Jan Antonin Bata endlich näher rückt."

Es geht aber nicht nur um späte Gerechtigkeit: Die Familie hat zugleich angekündigt, dass man bereits über eine mögliche Rückforderung des nach dem Krieg beschlagnahmten Firmeneigentums nachdenke.