Nach der Wahl in Tschechien: Wiedergewonnene Immunität schützt drei Abgeordnete vor Strafverfolgung

In das neue tschechische Parlament wurden drei Abgeordnete wiedergewählt, bei denen in der vergangenen Wahlperiode um die Aufhebung der Immunität ersucht wurde. Um nun gegen sie ermitteln zu können, müssen Staatsanwaltschaft oder Polizei diesen Antrag.

Andrej Babiš | Foto: Viktor Daněk,  Tschechischer Rundfunk

Andrej Babiš (Partei Ano), Bohuslav Svoboda (Bürgerdemokraten) und Karla Maříková (SPD) haben durch die Wiederwahl ihre Immunität wiedererlangt. Im Falle Babiš hatte das Abgeordnetenhaus 2018 schon zum zweiten Mal entschieden, seine Immunität aufzuheben. Die Reaktion des Premiers lautete:

„Es ist ein politischer Vorgang. Wir leben in einem Land, in dem man Strafverfolgung bestellen und eine Person ins Gefängnis bringen kann.“

Luxusressort „Storchennest“ | Foto: Michaela Danelová,  Tschechischer Rundfunk

Grund dafür war die Strafverfolgung wegen des mutmaßlichen Betrugs mit EU-Fördergeldern für das Luxusressort „Storchennest“. Da die Ermittlungen bisher nicht abgeschlossen wurden, muss sich die Polizei nun zum dritten Mal an die Abgeordnetenkammer wenden, wie der Sprecher der Prager Staatsanwaltschaft Aleš Cimbala bestätigte:

„Bis zur erneuten Zustimmung zur Strafverfolgung ist es nicht möglich, die Ermittlungen fortzusetzen gegen eine Person, die das Abgeordnetenmandat gewonnen hat.“

Ondřej Šťastný | Foto: Tschechisches Fernsehen

Der Vizepräsident des Verbands der Staatsanwälte, Ondřej Šťastný, ergänzt:

„Wurde die Immunität eines Abgeordneten aufgehoben und hat dieser in der neuen Wahl sein Mandat verteidigt, müssen die Straforgane erneut um die Aufhebung des Schutzes vor Strafverfolgung ersuchen.“

Die Polizei beschäftigt sich mit der Causa „Storchennest“ seit 2015. Der Staatsanwalt soll noch im Oktober über eine eventuelle Anklage entscheiden. Dies wird allerdings nicht möglich sein, da das neugewählte Abgeordnetenhaus zunächst seinen Vorsitzenden ernennen und den Mandats- und Immunitätsausschuss konstituieren muss. Und das wird mehrere Wochen dauern.

Bohuslav Svoboda | Foto: Monika Puchingerová,  Tschechischer Rundfunk

Schon zum dritten Mal wird die Abgeordnetenkammer auch über die Immunität des ehemaligen Oberbürgermeisters von Prag, Bohuslav Svoboda (Bürgerdemokraten), entscheiden. Ihm wird vorgeworfen, in die unlautere Auftragsvergabe für das elektronische Fahrkartensystem „Opencard“ verwickelt gewesen zu sein. Alle Angeklagten in der Causa wurden bereits im Berufungsverfahren freigesprochen. Allerdings kann das Gericht kein Urteil gegen Svoboda sprechen, so lange er durch die Immunität geschützt ist. Er wünsche sich, dass das Abgeordnetenhaus seine Immunität aufhebe, sagte Svoboda gegenüber dem Inlandssender des Tschechischen Rundfunks:

„Ich werde jedenfalls darum ersuchen. Ich bin der einzige, der in dieser Causa immer noch angeklagt ist.“

Karla Maříková | Foto: Naďa Krásná,  Tschechischer Rundfunk

Bezüglich der Abgeordneten Karla Maříková von der Rechtsaußenpartei Freiheit und Demokratie (SPD) hat die Polizei in der vergangenen Wahlperiode wegen Aussagen über muslimische Flüchtlinge um die Aufhebung der Immunität ersucht. Maříková verglich die Geflüchteten mit invasiven Pflanzen- und Tierarten, deren Einfuhr in die EU verboten sei. Das Abgeordnetenhaus lehnte die Strafverfolgung mit Hinweis auf Meinungsfreiheit ab. Maříkovás Aussage wurde als dumm, aber nicht gefährlich bezeichnet. Die Polizei hat noch nicht mitgeteilt, ob sie erneut einen Antrag stellen wird. Die Abgeordnete gab dem Tschechischen Rundfunk keine klare Antwort darauf, ob sie selbst die Parlamentskammer um die Aufhebung ihrer Immunität bitten will:

„Ich werde mich mit meinem Rechtsanwalt beraten. Anhand seiner Empfehlungen werde ich mich dann entscheiden.“

Autoren: Markéta Kachlíková , Markéta Chaloupská , Artur Janoušek
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