Urteil des Obersten Gerichtshofs stoppt Strafverfolgung von Ex-Abgeordneten
Vor vier Wochen stürzte der damalige Premier Petr Nečas über eine große Razzia in seinem politischen Umfeld. Drei ehemalige Abgeordnete seiner Demokratischen Bürgerpartei (ODS) wanderten in Untersuchungshaft. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen vor, ihre Abgeordneten-Mandate niedergelegt zu haben, weil ihnen im Gegenzug lukrative Posten in Staatsbetrieben zugesagt worden seien. Am Dienstag entschied aber der Oberste Gerichtshof, dass die ehemaligen Abgeordneten nicht der Strafverfolgung ausgesetzt werden können, weil ihre Abgeordnetenimmunität sie immer noch schützt.
„Gegenstand der Entscheidung war ein Antrag der Rechtsvertreter der ehemaligen Abgeordneten. In diesem ging es darum, ob die ehemaligen Abgeordneten im fraglichen Zeitraum vom 18. September bis zum 7. November 2012 durch ihre Immunität als Mandatsträger geschützt waren. Der Oberste Gerichtshof hat also nur entschieden, ob ihr Handeln auf parlamentarischem Boden stattgefunden hat und ob sie damals Abgeordnete waren.“
Mehr wollte Knötig nicht sagen. Der Gerichtssprecher verwies darauf, dass die Betroffenen selbst die Begründung des Urteils noch nicht erhalten haben.
Was das nun genau alles bedeutet, ist bisher noch relativ unklar. Der in dem Fall zuständige Staatsanwalt Ivo Ištvan will zumindest seine Ermittlungen noch nicht einstellen. Denn was bedeutet eigentlich parlamentarischer Boden tatsächlich?„Die Frage lautet, ob die damaligen Abgeordneten ihre Taten auch wirklich im Parlament begangen haben. Wenn ja, dann bezieht sich auf sie eindeutig der Schutz vor der Strafverfolgung. Falls aber die Taten außerhalb des Abgeordnetenhauses stattfanden, dann stellt sich die Frage, ob sich die Immunität laut dem Urteil des Obersten Gerichtshofes auch auf alle Taten bezieht, die außerhalb des Parlaments stattfinden“, so Ištván.
Zudem wird nun in Tschechien diskutiert, was alles unter den Begriff politisches Handeln fällt. Jiří Dienstbier ist rechtspolitischer Experte bei den Sozialdemokraten. Er warnte davor, den Begriff zu großzügig auszulegen:
„Falls er so ausgelegt würde, dass auch jegliches Handeln auf dem Feld der Politik, das Anzeichen einer Straftat trägt, nicht strafrechtlich verfolgt werden kann, dann wäre dies sehr bedenklich. Das würde aus Politikern Bürger einer höheren Klasse machen – und das wäre nicht gut.“
Der sozialdemokratische Parteichef Bohuslav Sobotka fordert nun, dass das Verfassungsgericht den Umfang der Immunität genauer definieren müsse. Die bürgerlichen Parteien hingegen wollen, dass die Strafverfolgungsbehörden für ihr Vorgehen zur Rechenschaft gezogen werden.Im Übrigen wurde die parlamentarische Immunität in Tschechien vor kurzem geändert. Als Fuksa, Šnajdr und Tluchoř noch Abgeordnete waren, bestand eine lebenslange Immunität. Seit dem 1. Juni gilt aber nur noch der Schutz vor Strafverfolgung während der Ausübung des Mandats.