Nach Ernennung der Regierung Rusnok: Front der Ablehnung bröckelt

Jiří Rusnok (Foto: Alžběta Švarcová, Archiv des Tschechischen Rundfunks)

Die neue Regierung ist offiziell ernannt, die neuen Minister haben spätestens am Donnerstag ihre Büros bezogen. Doch wie lange werden sie auf ihren Sesseln bleiben? Das weiß bisher noch niemand. Eine Umfrage der Tageszeitung Mladá fronta Dnes hat nun ergeben, dass entgegen früheren Ankündigungen doch viele Abgeordnete erwägen, das Kabinett von Premier Jiří Rusnok zu unterstützen.

Jiří Rusnok  (Foto: Alžběta Švarcová,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
Niemand wollte sie, doch jetzt ist sie da: die Interimsregierung von Miloš Zemans Gnaden. Am Mittwoch nahm der Staatspräsident den Eid aller Minister und ihres Chefs ab. Premier Jiří Rusnok hat nun vor allem das Regierungsprogramm im Kopf:

„Das Mandat für unsere Regierung lässt sich knapp zusammenfassen, wir werden ohne Ballast auskommen.“

Kapitel eins wird der Haushalt für das kommende Jahr sein, dazu kommen nur wenige weitere Themen wie zum Beispiel die Förderung von Konjunktur und Arbeit.

Abgeordnetenhaus  (Foto: ČT24)
Auch der Fahrplan steht: Am kommenden Mittwoch wollen die Sozialdemokraten versuchen, das Abgeordnetenhaus zur Selbstauflösung und damit zu vorgezogenen Neuwahlen zu bringen. Der Erfolg ist indes unwahrscheinlich, und deswegen dürfte Premier Rusnok in einer Woche erste Gespräche über eine mögliche Unterstützung seiner Regierung führen. Am 8. August käme es dann zur Vertrauensabstimmung im Abgeordnetenhaus.

Jeroným Tejc  (Foto: Šárka Ševčíková,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
Vor allem gerade die Sozialdemokraten sehen die Interimsregierung mittlerweile als Alternative, die es zur erwägen gelte. Dies gab der sozialdemokratische Fraktionschef im Abgeordnetenhaus, Jeroným Tejc, am Mittwochabend im Tschechischen Fernsehen unumwunden zu:

„Wir müssen zwei Strategien haben. Erstens eine erneute Koalition von ODS und Top 09 zu verhindern und damit auch eine Rückkehr von Finanzminister Miroslav Kalousek. Zweitens so schnell wie möglich zu Parlamentswahlen zu kommen. Dabei müssen wir alle Varianten in Betracht ziehen, auch eine Unterstützung der Regierung Rusnok.“

Karolína Peake  (Foto: Marián Vojtek,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
Auch weitere Mitglieder des sozialdemokratischen Parteivorstandes haben sich schon in diesem Sinne geäußert, nur Parteichef Bohuslav Sobotka noch nicht. Einen einheitlichen Standpunkt will die größte Fraktion im Abgeordnetenhaus aber erst Ende kommender Woche suchen. Für Rusnok möglich scheinen zudem auch die Stimmen der Kommunisten sowie der Partei der öffentlichen Angelegenheiten (VV).

Auf der anderen Seite haben sich am Mittwoch nur die Demokratische Bürgerpartei (ODS) und die Top 09 ausdrücklich gegen eine Unterstützung des neuen Kabinetts ausgesprochen. Wackelkandidat im Lager der früheren bürgerlichen Regierung ist die Liberaldemokratische Partei (Lidem). Ihre Chefin Karolína Peake äußerte sich ebenfalls am Mittwoch zur Frage, ob die acht Abgeordneten der Partei gegebenenfalls für die Beamtenregierung stimmen könnten:

Foto: Kittisak,  FreeDigitalPhotos.net
„Das kann ich nicht zu 100 Prozent ausschließen, vor allem wegen der ständigen großspurigen Ankündigungen von vielen Parteien, die sich dann doch wieder ändern. Wie häufig haben wir von Top 09, ODS und der VV-Partei gehört, dass sie das Abgeordnetenhaus auflösen wollen, wenn eine Beamtenregierung ernannt wird. Und jetzt wollen sie das nicht mehr.“

Top 09 und ODS haben zusammen 92 Abgeordnete, das reicht nicht, um eine mögliche Anerkennung der Regierung von Jiří Rusnok zu verhindern. Letztlich scheinen wieder einmal die zahlreichen Partei- und Fraktionslosen zum Zünglein an der Waage zu werden.