Nach Zugunglück in Pardubice: Ermittler untersuchen Unfallursache
Am Mittwoch vergangener Woche ereignete sich in Pardubice ein schweres Zugunglück, bei dem vier Menschen getötet und 27 weitere verletzt wurden. Wie es zu dem frontalen Zusammenstoß der Fahrzeuge kommen konnte, wird derzeit untersucht.
Derzeit werde keiner der Verletzten mehr im Krankenhaus behandelt, und er hoffe, dass niemand bleibende Schäden davontragen werde, teilte Tschechiens Verkehrsminister Martin Kupka (Bürgerdemokraten) am Mittwoch bei einer Pressekonferenz mit. Mit der Frage, wie es zu dem schweren Zugunglück kommen konnte und wer Schuld daran hat, beschäftigt sich derzeit die tschechische Polizei. Sie untersucht den frontalen Zusammenstoß eines Personen- und eines Güterzugs als fahrlässige Gefährdung der Allgemeinheit und hat unter anderem bereits die beiden Lokführer verhört. Ermittlungen hat derweil auch die Eisenbahninspektion eingeleitet. Dem Generalinspekteur Jan Kučera zufolge konzentriert man sich dabei unter anderem auf den zerstörten Wagen des Nachtzuges:
„Die Wagen haben wir natürlich schon am Freitag unmittelbar nach dem Unfall untersucht und dann am Sonntag vor allem jenen Waggon, der am stärksten beschädigt wurde. Die Ermittlungen laufen noch. Wir haben viel Material gesammelt. Einige Teile der Wagen wurden herausgesägt und werden nun von Experten analysiert.“
Bei dem Wagen, in dem vier Menschen ums Leben kamen, und der sich direkt hinter der Lokomotive des Nachtzugs befand, handelte es sich um einen über 40 Jahre alten Waggon aus österreichischer Produktion. Der Beförderer, RegioJet, hat mittlerweile angekündigt, alle seine verbleibenden Wagen vom entsprechenden Typ aus dem Verkehr zu ziehen. Bei den Tschechischen Bahnen (ČD) sind neun dieser Wagen im Einsatz.
Die Unfallursache sei aber keinesfalls der technische Zustand des Waggons gewesen, sagt Jan Kučera. Stattdessen habe der Lokführer des RegioJet-Nachtzuges ein Haltesignal ignoriert.
„Als der Zug am Bahnsteig stand, zeigte das Sperrsignal dem Lokführer eindeutig an, dass das nächste Signal die Weiterfahrt verbietet. In diesem Wissen fuhr er los und passierte dann das Haltesignal. Er registrierte jedoch, dass er einen Fehler gemacht hat, und konnte den Zug zum Stehen bringen. Der entgegenkommende Zug konnte aber leider nicht mehr anhalten.“
Und so rauschte der Güterzug in den Personenzug hinein. Die vorgegebene maximale Anzahl an Fahrstunden hatte dabei keiner der beiden Triebfahrzeugführer überschritten.
Auf der Strecke, auf der sich das Unglück ereignete, war lediglich das System LZB im Einsatz, also die „Linienförmige Zugbeeinflussung“. Verkehrsminister Kupka erläutert:
„Dabei erhält der Lokführer in der Fahrerkabine die Information, was das Signal zeigt, welches er gerade passiert. Relevant ist dies etwa bei schlechter Sicht. Ein Viertel der tschechischen Eisenbahnstrecken ist so ausgestattet.“
Was dieses System aber nicht kann, ist eine Zwangsbremsung beim Überfahren eines Haltesignales einzuleiten. Möglich macht dies nur das europäische Zugbeeinflussungssystem ETCS. Dies ist zwar bereits auf 1000 Kilometern hierzulande verbaut, aber noch nicht aktiv. Auch im kürzlich fertig sanierten Eisenbahnkorridor Pardubice solle das System erst noch in Betrieb genommen werden, sagt Jíří Kolář, der Direktor des Eisenbahnamtes (DÚ):
„Der Eisenbahnverwaltung bleibt ein Jahr Zeit, um dort ETCS, das modernste System in Europa, zu installieren. Dies soll nun im September erfolgen.“
Eigentlich sollte die Technologie erst im Januar kommenden Jahres in Betrieb genommen werden. Ab diesem Termin soll ETCS den Plänen zufolge auf 1200 Streckenkilometern in Tschechien eingerichtet sein. Bis 2030 sollen dann 5000 Kilometer entsprechend ausgestattet sein. Dies entspricht allerdings nur etwa der Hälfte des tschechischen Eisenbahnnetzes. Außerdem kann das ETCS-System nur entsprechend ausgestattete Züge beeinflussen. Wie aber das Verkehrsportal Zdopravy am Mittwoch informierte, hat die tschechische Regierung bereits in der Vergangenheit beschlossen, dass in einer Übergangsphase von fünf Jahren auch Fahrzeuge ohne entsprechendes System auf die neu gesicherten Strecken dürfen.