Nachholbedarf bei Abfallrecycling: Tschechien ist auf dem Weg

Abfallrecycling oder Wiederbefüllung von Flaschen können in Tschechien nach wie vor Assoziationen an kollektive Verordnungswut oder schlicht Erinnerungen an die Mangelwirtschaft auslösen. Doch gewinnt auch hier der Umweltschutzgedanke nach und nach an Bedeutung. Gerald Schubert hat dazu folgenden Beitrag gestaltet:

Die Entwicklung im Bereich Mülltrennung und Abfallwiederverwertung in Tschechien will nicht so recht in das Bild passen, das man sich gemeinhin von der mühsamen Bewältigung ökologischer Altlasten aus kommunistischen Zeiten macht. Denn Plastikflaschen waren vor der Wende des Jahres 1989 kaum in Gebrauch, Glasflaschen wurden retourniert und wiederbefüllt, und was das Altpapiersammeln betrifft, so war dies zum Teil sogar schon in den Schulen den allgegenwärtigen öffentlichen Organisationsformen unterworfen. Etwa nach dem Motto: Die Klasse mit dem höchsten Stapel Altpapier bekommt den schönsten Preis.

Im Zuge von wirtschaftlicher Transformation und Privatisierung hat dieser Bereich jedoch an Bedeutung verloren. Ob dies vielleicht nur ein vorübergehendes Phänomen ist und der Umweltschutzgedanke in der öffentlichen Meinung wieder an Bedeutung gewinnt, darüber hat Radio Prag mit Martin Ander, dem Planungsleiter der tschechischen Umweltorganisation DUHA gesprochen:

"Aus allen Meinungsumfragen, die wir etwa im letzten halben Jahr in Auftrag gegeben haben, geht hervor, dass Abfallwirtschaft eine Angelegenheit ist, die die Menschen von allen ökologischen Problemen am häufigsten nennen. Man erkennt das also durchaus als Problem. Aber in der gängigen öffentlichen Debatte, in Zeitungen, im Fernsehen, wird dies einstweilen leider nicht als Schlüsselthema begriffen."

Und wie steht es um eine etwaige Ausweitung des Pfandsystems, das sich gegenwärtig nur auf wenige Behälter wie zum Beispiel Bierflaschen bezieht?

"Ich glaube, dass die Menschen bestimmt bereit wären, Pfand zu bezahlen. Denn man ist sich bewusst, dass die andere Möglichkeit die Produktion von nicht retournierbaren Verpackungen ist, und damit die Erhöhung der Abfallmenge, die man dann wieder entsorgen muss. Das ist komplizierter, und die Menschen zahlen die Produktion und Entsorgung von Abfall auf eine andere Art. Ich glaube also, die Menschen würden verstehen, dass ein Pfandsystem auch ökonomisch effektiver ist."

Auch der tschechische Umweltminister Libor Ambrozek deutete im Gespräch mit Radio Prag an, dass man hierzulande künftig vermehrt auf Verpackungsrecycling setzen will:

"Was bei uns bisher gelungen ist, das ist vor allem die Aufrechterhaltung des Pfandsystems für Glasbehälter. In einer Novelle des Verpackungsgesetzes werden wir nun versuchen, den Spielraum für die Nutzung wiederverwendbarer Verpackungen zu vergrößern."

Im rasanten wirtschaftlichen Transformationsprozess fanden Pläne über Lenkungsmaßnahmen wie beispielsweise die Einführung eines Pfandes auf Blechdosen bislang also nur wenig Raum. Doch was die prinzipielle Akzeptanz des Recyclinggedankens sowohl in ökologischer als auch ökonomischer Hinsicht betrifft, so ist in Tschechien die Tendenz bestimmt steigend.