Nachrichten Donnerstag, 27. August, 1998
Nachrichten 27.8.1998
Kabinettssitzung am Mittwoch
Die tschechische Regierung hat am Mittwoch ihren bislang geheimgehaltenen Beschluss veröffentlicht, sich um Mehrheitsanteile des Staates in wichtigen Unternehmen zu bemühen, um so die Interessen des Staates zu wahren. Vize-Premier Pavel Rychetsky wies in diesem Zusammenhang jedoch den Verdacht zurück, die sozialdemokratische Regierung werde versuchen, ausschliesslich eigene Leute in den Verwaltungsräten der betreffenden Gesellschaften unterzubringen. Ein weiterer Programmpunkt der gestrigen Kabinettssitzung bildete der Gesetzesvorschlag der Sozialdemokraten über Referenden. Die Sozialdemokraten, die schon ein Referendum in der Frage des Nato-Beitritts der Tschechischen Republik gefordert hatten, wollen das Volk künftig beispielsweise über eine etwaige Mitgliedschaft in der Europäischen Union entscheiden lassen. Unterstützt werden sie hierbei u.a. auch von der stärksten Oppositionspartei, der Demokratischen Bürgerpartei ODS, und der Kommunistischen Partei Böhmens und Mährens KSCM.
Zeman: Sender Freies Europa - Iran/Irak
Premeirminister Milos Zeman hat am Mittwoch bestätigt, dass die Regierung zur Zeit über die Absicht des Senders Freies Europa berät, seine Sendungen künftig auch in den Iran und Irak auszustrahlen. Im Vordergrund der Verhandlungen sollen dabei vor allem die Sicherheitsfragen eines solchen Sendebetriebs stehen. Wie Zeman sagte, hätten die USA zwar Sendungen in den Iran, nicht jedoch solche in den Irak angekündigt. Unterdessen ist der Ton zwischen den betroffenen Parteien in dieser Angelegenheit schärfer geworden. Nachdem sowohl die iranische als auch die irakische Botschaft Anfang der Woche beim tschehcischen Aussenministerium gegen das Vorhaben des Senders freises Europa protestiert hatten, warnte die Botschaft des Iran am Mittwoch die tschehcische Regierung erneut vor einer Zusammenarbeit mit dem SFE. Sollte das sozialdemokratische Kabinett dem Sender bei seinem Plan behilflich sein, so wäre dies ein eklatanter Verstoss gegen das tschechoslowakisch-iranische Freundshcaftsabkommen von 1930 und eine erhebliche Einmischung in die inneren Angelegenheiten, hiess es aus der Botschaft. Nach letzten Meldungen der Nachrichtenagentur CTK wird Radio Freies Europa trotz der Proteste seine Sendungen vom 1. September an in den Iran ausstrahlen.
Zeman - Dostal
Premierminister Milos Zeman verhandelt heute u.a. mit Kulturminister Pavel Dostal und dem Prager Primator Jan Koukal über eine etwaige Unterstützung der Regierung bei dem Projekt Prag - Europäische Kulturstadt des Jahres 2000. Das genaue Konzept des Kulturprogramms soll bis Ende des jahres vorliegen.
Grulich verhandelt mit Kolar
Finanzminsiter Vaclav Grulich trifft heute mit dem neuen tschechischen Polizeipräsidenten Jiri Kolar zusammen, um mit diesem über Fragen im Zusammenhang mit der Finanzierung der Polizei zu verhandeln. Bereits im Vorfeld dieses Treffens hatte Finanzminister Grulich angekündigt, dass drastische Sparmasnahmen bei der Polizei unerlässlich seien. Er wolle jedenfalls alles dafür tun, dass die Polizei ohne Schulden ins neue Jahr gehe. Konkrete Beispiele, wo die Polizei sparen könnte, will Grulich dem Polizeipräsidenten heute vorlegen.
Havel - Tracheostomie
Das Ärzteteam de tschechischen Präsidenten Vaclav Havel wird heute über das weitere Vorgehen bei der Behandlung des 61-jährigen Patienten beraten. Im Mittelpunkt der Beratung steht die Frage, ob die Tracheostomie der Präsidenten aufgehoben werden soll oder nicht. Der luftröhrenschnitt, der die Atmung erleichtern und Entzündungen im Lungenbereich vorbeugen sollte, war vor über drei Wochen durchgeführt worden. Ein Mitglied des Ärzteteams zeigte sich optimistisch, dass Havel die für Mitte September geplante USA-Reise werde antreten können.
Aussiger Mauerbau ungewiss
Die von der Stadtverwaltung im nordböhmischen Usti nad Labem/Aussig an der Elbe geplante Mauer, die ein von Roma bewohntes Viertel vom Rest der Stadt abtrennen sollte, wird nun voraussischtlich doch nicht gebaut. Wie die tschechischen Tageszeitungen heute berichten, haben die Nachbarn der Siedlung, die im Frühjahr noch über Lärm und Schmutz geklagt hatten, eine wesentliche Beserung der Situation festgestellt und sind mittlerweile von ihrer ursprünglichen Forderung abgerückt. In der Diskussion bleibe alledings ein Zaun zwischen den zerstrittenen Parteien. Das Vorhaben der Aussiger Stadtverwaltung hatte weltweit für Schlagzeilen gesorgt. Auch der US-Kongress hatte in diesem Zusammenhang über Rassismus und Ghettoisiserung in der Tschechischen Republik debattiert.
Tschechische Kinder in Europaschule in Wien
In die Europäische Mittelschule in Wien werden am 1. September weitere acht Kinder aus der Tschechischen Republik aufgenommen. Die erste Gruppe von acht Kindern aus Tschechien besucht diese Einrichtung bereits seit September letzten Jahres. Alle Kinder kommen aus Südmähren. Wie die Direktorin des Brünner Schulamtes, Hana Sumcova, heute gegenüber der Presse bekanntgab, entstand dieses Schulprojekt in enger Zusammnenarbeit Österreichs mit Tschechien, der Slowakei und Ungarn im Rahmen der Phare-Programme CBC und Interreg.
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