Nachrichten Samstag, 18. Juli, 1998

Herzlich willkommen bei Radio Prag, den Auslandssendungen des Tschechischen Rundfunks in deutscher Sprache! Wir beginnen mit den Nachrichten. Am Mikrophon begrüsst Sie Andrea Kopelentová. Zu den anschliessenden Wochenendsendungen wünsche ich Ihnen einen guten Empfang!

Havel-Tosovsky-Zeman

Am Freitag abend hat Staatspräsident Václav Havel den Rücktritt des Übergangskabinetts unter Premier Josef Tosovsky entgegengenommen und Milos Zeman, den Vorsitzenden der sozialdemokratischen Partei, zum neuen Regierungsvorsitzenden ernannt. Bis zur offiziellen Ernennung des neuen Kabinetts führt das scheidende Kabinett sämtliche Regierungspflichten aus. Die Ernennung der neuen Kabinettsmitglieder ist für den 22. Juli vorgesehen. Bis dahin wird es zwei Premierminister geben.

Präsident Havel dankte dem scheidenden Premier Tosovsky für die geleistete Arbeit. Es sei gelungen, trotz des eingeschränkten politischen Mandats Barrieren zu überbrücken, die es der vorangegangen Regierung unmöglich gemacht hätten, grundlegende Entscheidungen, die direkt mit den Interessen des Staates in Zusammenhang stünden, durchzusetzen, sagte Havel. Dem neuen Premier Milos Zeman gratulierte Havel mit den Worten, dass er ihm das dauerhafte Vertrauen des Parlaments wünsche. Die neue Regierung soll nach Worten ihres neuen Premiers Milos Zeman im Lande eine Atmosphäre schaffen, in der ein weit geöffneter Weg zu Wohlstand führe, der durch ehrliche Arbeit entstehe und nicht durch Betrug.

Mandat für personelle Kabinettszusammenstellung

Der neue Premier und Vorsitzende der Sozialdemokraten, Milos Zeman, hat am Samstag im Anschluss an die Sitzung des Exekutivausschusses seiner Partei offiziell die Mitglieder seines zukünftigen Kabinetts vorgestellt. In Übereinstimmung mit einer am Freitag an die Öffentlichkeit gelangten inoffiziellen Version wird es 15 Minister und vier Vizepremiers haben, und zwar Egon Lánsky, den bisherigen Berater von Zeman, den Ökonomen Pavel Mertlik, Senator Pavel Rychetsky sowie den ehemaligen Vorsitzenden des Abgeordnetenausschusses für Soziales, Vladimir Spidla. Letzterer ist als einziger neben seiner Funktion als Vizepremier auch als Minister für sein bisheriges Fachressort vorgesehen. Der einzige Parteilose ist der bisherige Vorsitzende des Obersten Gerichts, Otakar Motejl, der das Justizministerium übernehmen soll.

Bankprivatisierung bis 2000 beenden

Realen Einschätzungen zufolge werde die sozialdemokratische Regierung die Privatisierung der Banken bis zum 31. Dezember 1999 abschliessen. Dies erklärte der zukünftige Finanzminister Ivo Svoboda am Samstag für die Tageszeitung Lidove noviny. Einen konkreten Termin für den Abschluss des Privatisierungsprozesses einer Reihe von strategisch wichtigen Grossbetrieben ausserhalb des Energiebereiches wollte er dagegen noch nicht nennen.

Sozialmassnahmen für Bürger

Sein zukünftiger Ministerkollege Vladimir Spidla, zuständig fürs Soziale, sprach sich in der Tageszeitung Slovo für die Einfrierung der Preise bei Gas und Elektrik für mindestens ein Jahr aus. Je nach der Wirtschaftskapazität des Staates werde dann über den weiteren Verlauf entschieden.

Benefiz- und Stiftungstätigkeit von Präsident Havel

Staatspräsident Václav Havel will am Samstag öffentlich Bericht über seine Benefiz- und Stiftungstätigkeit für die vergangenen neun Jahre ablegen. Die Pressekonferenz (Prager Burg) ist gleichzeitig Anlass zur feierlichen Eröffnung eines neuen Stegs, der auf seiner Initiative und mit seiner finanziellen Unterstützung symbolisch den Sitz der Regierung und des Präsidenten miteinander verbindet. Der Zeremonie wohnen sowohl der scheidende als auch der neue Premierminister Josef Tosovsky und Milos Zeman bei.

Nato-Tschechien

General Jeremy Mackenzie, Vertreter des Oberkommandierenden der Nato-Kräfte in Europa, beendete am Samstag seinen dreitägigen Besuch in Tschechien. Am Donnerstag wurde Mackenzie mit dem Verdienstkreuz ersten Ranges des Verteidigungsministers Michal Lobkowicz für seine Verdienste um die Integration der Tschechischen Armee in die Nato ausgezeichnet. Mackenzie erklärte, dass die Tschechische Armee seit seinem Besuch im vergangenen Herbst grosse Fortschritte bei der Anpassung an die Nato gemacht habe.

Christdemokratischer Finanzskandal?

Ein ehemaliger tschechischer Mitarbeiter der us-amerikanischen Computerfirma EDS, der Anfang Juli die christdemokratische Partei KDU-CSL beschuldigte, Bestechungsgelder in Millionenhöhe für die Erlangung eines Auftrags zur Ausstattung der tschechischen Armee mit einem Informationssystem kassiert zu haben, will erst nach Ernennung der neuen sozialdemokratischen Regierung und dem Abgang der Christdemokraten aus der Regierung mit der Polizei bei der Beweisführung seiner Behauptung zusammenarbeiten. Darüber berichtet die Tageszeitung Mlada fronta dnes am Samstag. Der christdemokratische Parteichef Josef Lux bestreitet die Anschuldigung. Die kommunistische Fraktion will die Bildung eines Untersuchungsausschusses in der Abgeordnetenkammer initiieren, die die Finanzierung der christdemokratischen Partei untersucht.

Konferenz zur Flüchtlingsproblematik

In Prag hat am Samstag eine mehrtägige Konferenz zum Thema der Migration und Asylpolitik begonnen, die im Zusammenhang mit dem geplanten Beitritt mitteleuropäischer Länder in die Europäische Union durchgeführt und von der Organisation für Flüchtlingshilfe und dem Europarat für Flüchtlinge und Exielanten organisiert wird.

Sudetendeutsche Hilfe für westböhmische Kirchenobjekte

Rund dreissig Kirchen im westböhmischen Grenzgebiet konnten mit Hilfe von Sudetendeutschen wieder erneuert werden. Ohne die finanzielle Unterstützung, die in die Millionenhöhe geht, und die Spenden wären diese Objekte verfallen. Dies erklärte der Leiter des Baubereiches des Pilsener Bistums Jan Kase am Freitag (Berichtigung: am Samstag) gegenüber der Nachrichtenagentur CTK.

Internationale Dirigentenkurse in Mähren

In der mährischen Stadt Kromeriz verlaufen bereits zum 8. Mal internationale Dirigentenkurse. Rund dreissig Dirigenten aus Europa, den USA und Südamerika, bzw. Asien nehmen dieses Jahr an den inzwischen renommierten Sommerkursen teil, die bis Anfang August dauern und ihre Arbeit in Konzerten für die Öffentlichkeit vorstellen.

Kurz zum Wetter:

Weitere Niederschläge im Gebiet der Hochwasserkatastrophe vom Vorjahr stellen immer noch eine Gefahr für die Bewohner des mährischen Otrokovice bei Uherské Hradiste dar. Zahlreiche gefährliche Risse und Brüche an den Häusern haben sich erst in den letzten Wochen gezeigt. Wenn der Wasserspiegel der Flüsse und Bäche auch noch nicht angestiegen ist, so ist der Grundwasserspiegel nach den Regenfällen in diesem Monat wieder in die Höhe gegangen.

Aussichten für das Wochenende

Für das Wochenende ist ein Hochdruckgebiet bei bewölktem Himmel und Tagestemperaturen bis zu 27 Grad angesagt. Vereinzelt kommt es zu Gewittern und Niederschlägen. Die Nachttemperaturen sinken auf rund 12 Grad ab.

Das waren die Nachrichten. Viel Unterhaltung nun beim folgenden Wochenendprogramm.