Nagano 1998: Olympiasieg im Eishockey brachte Tschechien weltweite Anerkennung

Nagano (Foto: ČTK)

Vor genau zehn Jahren, am 22. Februar 1998, glich die Tschechische Republik einem einzigen Freudenmeer. Den Olympischen Winterspielen von Nagano war es zu verdanken, dass eine ganze Nation wie ein Fels zusammenhielt und ihren Athleten die Daumen drückte. Ganz besonders aber ihren Eishockeyspielern, die das Volk verzückten, als sie ihren tollen Leistungen im olympischen Turnier dann auch noch im Finale die Krone aufsetzten.

Nagano  (Foto: ČTK)
In der 49. Minute der Endspielpartie mit Russland hielt es auch Rundfunkreporter Aleš Procházka nicht mehr auf seinem Stuhl. Soeben hatte der tschechische Verteidiger Petr Svoboda das erste Tor des Spiels erzielt, und wie sich später zeigen sollte: Es war der goldene Treffer zum Olympiasieg. Denn schon bald ertönte die Schlusssirene.

„Das Spiel ist aus, das Spiel ist aus … und wir haben die olympische Goldmedaille!“, jubelte Procházka voller Begeisterung.

Alle tschechischen Spieler rissen danach die Arme hoch und umarmten zuerst Dominik Hašek, ihren phantastischen Goalie. František Kučera wusste auch genau warum:

„Auch wenn wir ein ausgezeichnetes Team waren, ohne ihn hätten wir hier keine Medaille gewonnen.“

Siegtorschütze Petr Svoboda wiederum brachte das Erfolgsrezept auf den Punkt:

„Wir sind eine Mannschaft, in der keiner egoistisch war, sondern alle für das Team gespielt haben. Und das, was wir jetzt gewonnen haben, das ist unglaublich.“

Die Freude bei den Spielern und den Fans in der Heimat war deshalb so überschäumend, weil das olympische Eishockeyturnier von Nagano immer wieder als „Jahrhundertturnier“ gehandelt wurde. Der Grund: Erstmals in der Geschichte des Welteishockeys waren die Besten der Besten bei einem Wettkampf vereint, also auch alle Profis von Rang und Namen, die in der renommierten NHL ihr Geld verdienten. Und inmitten dieser Starparade machte die tschechische Auswahl den größten Stich. Procházka konstatierte damals:

„Vielleicht wird man sich jetzt gerade in Nordamerika erst richtig dessen bewusst, dass es da irgendwo in Europa auch die Tschechische Republik gibt, und dass dort auch Leute heranwachsen, die in der Lage sind, Tolles zu leisten.“

In das gleiche Horn stieß auch der damalige Staatspräsident Václav Havel, als er die „Helden von Nagano“ auf dem Prager Flughafen euphorisch begrüßte:

„Ein Dank an euch. Heute wissen Milliarden Menschen, dass es die Tschechische Republik gibt. Ihr habt euch um die Bekanntheit und den guten Namen unseres Landes mehr verdient gemacht als viele Politiker.“

Nagano  (Foto: ČTK)
Und gleich im nächsten Atemzug betonte Havel: “Ihr habt euch darum verdient gemacht, dass in unserem Land seit Tagen eine gute Laune herrscht und noch eine Zeitlang herrschen wird. Die Leute sind anständig zueinander und haben sogar den Patriotismus in sich entdeckt.“

Die gute Laune war auch an den Schulen zu spüren, wo an Spieltagen nicht gelernt, sondern aufgrund der Zeitverschiebung zu Nagano in den Morgenstunden kollektiv Eishockey vor dem Fernseher geschaut wurde. In der Woche der großen Duelle mit den USA und Kanada waren die Lehrer besonders freundlich und ließen so einiges durchgehen, erinnert sich Ex-Schülerin Zuzana Martinová:

„Ja, bestimmt waren die Lehrer freundlicher als sonst und wir wurden auch nicht so streng benotet, wenn es in dieser Zeit eine Prüfung gab. Tests haben wir in jener Woche gar nicht geschrieben, die wurden alle verlegt.“

So vereint wie in den Tagen vor und nach dem 22. Februar 1998 hat man die tschechische Nation höchst selten erlebt. Krönender Höhepunkt des Freudentaumels war die Siegesfeier auf dem Altstädter Ring in Prag, als über 100.000 Menschen mit stolz geschwellter Brust die Nationalhymne sangen.

Autor: Lothar Martin
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