Nah am Patienten: Nationaler Wissenschaftspreis in Tschechien erstmals an eine Frau vergeben
Der nationale Wissenschaftspreis „Česká hlava“ (Tschechischer Kopf) ist in diesem Jahr erstmals an eine Frau vergeben worden. Ein Kurzportrait der Kardiologin Zuzana Moťovská.
Ihren Arbeitstag beginnt Zuzana Moťovská gewöhnlich um halb acht Uhr morgens mit der Schichtübernahme. Die Ärzte informieren sie über den aktuellen Zustand der Herzpatienten, die in der Notfallkardiologie der Uniklinik in Prag-Vinohrady behandelt werden. Dann geht Stationsleiterin Moťovská auf Visite. Viele ihrer Patienten sind schwer krank, oft sterben sie während der Behandlung. Trotzdem mag die Kardiologin ihren Beruf sehr:
„Es ist keine optimistische Arbeit. Aber ich habe ein positives Gefühl dabei. In den schwersten Fällen treffen wir eine kollektive Entscheidung. Ich habe also immer eine riesige Unterstützung durch mein Team. Und das sind nicht nur die Ärzte, sondern wir beraten uns auch mit den Krankenschwestern oder Angehörigen der Patienten. Trotzdem es manchmal auch kein gutes Ende nimmt, wissen wir doch, dass wir unser Bestes gegeben haben.“
Auch die Arbeit mit Patienten, die unheilbar krank sind, würde das Team jedes Mal weiterbringen, ergänzt Moťovská. Am Sonntagabend wurde ihr von Premier Petr Fiala (Bürgerdemokraten) der nationale Wissenschaftspreis „Česká hlava“ überreicht. 22 Jahrgänge hat es gebraucht, bis eine Frau für diese Ehrung ausgewählt wurde.
Die 59-jährige Moťovská widmet sich neben der Behandlung ihrer Patienten auch der Forschung. An der Prager Karlsuniversität hat sie eine Professorenstelle für innere Medizin inne. Beide Arbeitsbereiche würden ineinandergreifen, betont die Medizinerin:
„Genau darum geht es. Ich bin keine Wissenschaftlerin, die abgeschieden von der Praxis forscht. Darum halte ich mich auch gar nicht für eine reine Wissenschaftlerin. Das Schicksal der Patienten inspiriert mich. Und immer interessiert mich, ob wir in Sachen Sicherheit und Effektivität weiterkommen. Wenn man täglich Patienten versorgt und manchmal eben nicht weiß, wie es ausgeht, dann hält Einen das am Boden.“
In ihrer aktuellen Forschung konzentriert sich Moťovská auf den kardiogenen Schock bei einem Herzinfarkt.
„Diesem Projekt haben sich fünf Staaten und alle kardiologischen Zentren in Tschechien angeschlossen. Das bedeutet eine riesige Menge an Arbeit und Energie. Aber es ist auch sehr motivierend und erfüllend zu sehen, dass so viele Menschen im Sinne der Patienten zusammenarbeiten wollen.“
Schon ihre frühere wissenschaftliche Arbeit habe international Anwendung im Klinikalltag gefunden, berichtet die Ärztin:
„Ich war zuvor an dem weltweit ersten Vergleich zwischen zwei sehr effektiven Thrombosemitteln beteiligt. Die Ergebnisse, die wir dazu veröffentlicht haben, wurden bisher schon mehr als 500 Mal in anderen wissenschaftlichen Arbeiten zitiert. Darunter sind alle weltweit relevanten Empfehlungen für die Behandlung von Infarktpatienten.“
Der Wissenschaftspreis „Česká hlava“ wird seit 2002 von der tschechischen Regierung vergeben. Die Hauptkategorie ist mit einer Million Kronen (41.000 Euro) dotiert. Die Auszeichnungen in den Unterkategorien gingen in diesem Jahr an vier weitere Wissenschaftler und eine Wissenschaftlerin sowie an das Unternehmen Škoda Digital. Wenn ihr Preis auch als eine Motivation für andere Wissenschaftlerinnen wirke, dann habe er seine Mission erfüllt, so Moťovskás unmittelbare Reaktion nach der Bekanntgabe der Regierungsentscheidung am Freitag.