Nationalgalerie Prag ehrt Maler Jan Zrzavy

Kleopatra

Er war eine der bedeutendsten Persönlichkeiten der tschechischen modernen Kunst des 20. Jahrhunderts. Sein Schaffen wurde am Anfang durch den Symbolismus, die Dekadenz und den Jugendstil beeinflusst. Er nutzte auch Elemente des Expressionismus und des Kubismus. Die Rede ist vom Maler, Graphiker und Illustrator Jan Zrzavy. Die Prager Nationalgalerie hat eine große Ausstellung aus seinem Werken zusammengestellt.

Nach siebzehn Jahren kann man in der Waldstein-Reitschule wieder eine Ausstellung mit den Werken von Jan Zrzavy besichtigen. Die Nationalgalerie hat sie vor allem anlässlich des bevorstehenden 30. Todestags des Künstlers vorbereitet. Viele der mehr als 250 Exponate sind auch bei den weniger fleißigen Besuchern von Ausstellungen bekannt.

"´Das Abendmahl nach Leonardo´, das berühmte Gemälde ´Schlafende Schiffe´, ´Der Frühling´ aus dem Jahr 1928 sowie ein pittoreskes Bild des Panzers vom Kinski-Platz..."

Kuratorin Zuzana Novotna machte mich auf einige der interessantesten Gemälde aufmerksam. Neben dem runden Jubiläum von Zrzavy war einer der Gründe für die neue Ausstellung auch die Tatsache, dass Jan Zrzavy im Jahre 1975 der Nationalgalerie mehr als einhundert Gemälde, 1.500 Zeichnungen und eine kleinere Sammlung von Graphiken und Schriftstücken vererbt hatte. Die Nationalgalerie hielt es auch aus diesem Grund für wichtig, Jan Zrzavy als einen hervorragenden Vertreter der tschechischen modernen Kunst der Öffentlichkeit vorzustellen:

"Die Ausstellung in der Waldstein-Reitschule wurde so zusammengestellt, um den Besuchern eine Übersicht über das ganze Schaffen von Jan Zrzavy zu bieten. Es handelt sich natürlich um eine Auswahl von Werken aus den einzelnen Epochen, beginnend mit dem Jahr 1907, bis in die Siebzigerjahre des vergangenen Jahrhunderts. Ausgestellt werden auch Zeichnungen, Illustrationen, Bühnenbildentwürfe sowie weitere Werke. Einen interessanten Teil der Ausstellung stellt der Dokumentationsraum dar, in dem man unter anderem einen Film von Michal Pechousek sehen kann. Es geht um die Begegnung eines Gegenwartskünstlers mit Künstler Zrzavy."

Der 1890 geborene Zrzavy hat die Kunstentwicklung mit seinem authentischen Stil und seiner Imagination bedeutend beeinflusst. Zrzavys Werke führen den Beobachter in die Welt des Intimen, der Sehnsucht, der Emotionalität und Verletzbarkeit. Sein Schaffen wurde von vielen Kunsthistorikern, Künstlern sowie Schriftstellern reflektiert. Durch die magische Welt von Zrzavy ließen sich die Mitglieder des Künstlervereins "Devetsil" inspirieren. In den Fünfzigerjahren ist Zrzavy zu einer moralischen Stütze für die junge Generation von Künstlern geworden, die die Doktrin des sozialistischen Realismus abgelehnt hatten.

Zrzavy beteiligte sich aktiv am Vereinsleben. Seine erste bedeutende Ausstellung hat er 1912 mit dem Verein "Sursum" vorbereitet. 1920 stellte er im Rahmen der Künstlergruppe "Tvrdosijni" aus. Die erste selbständige Ausstellung war 1918 mit dem Salon Topic und der Malerin Zdenka Braunerova verbunden. 1923 folgte eine weitere selbstständige Ausstellung bei Topic. Karel Teige schrieb damals Zrzavys erste Monografie. Die Kriegsereignisse und die politischen Änderungen hatten den Künstler vom öffentlichen Leben isoliert. 1963 hatte er eine große Ausstellung im Prager Manes. Die Themen seiner Werke waren sehr vielfältig - von Autoportraits, Portraits, Mythen, symbolischen Motiven, Religionsthemen über Stillleben bis zu Bühnenentwürfen und Graphiken. Er hatte einige beliebte Motive, die sich oft wiederholten. Dazu gehörte Kleopatra, als eine Art Synthese aller Frauen, wie die Kuratorin bestätigt:

"Im Mittelpunkt der Ausstellung befindet sich das bekannteste Gemälde ´Kleopatra´, das fast alle kennen. Es sind hier alle bedeutendsten Werke von Jan Zrzavy zu sehen - wie das ´Tal der Trauer´, ´Der Antichrist´ oder ´Abrahams Besuch´. Ein wichtiges Gemälde, das an die Beziehung zu Bohumil Kubista erinnert, ist die ´Die Bergpredigt´."

Die Vorstellungskraft von Zrzavy wurde durch seine zahlreichen Auslandsaufenthalte beeinflusst. Oft besuchte er vor allem Italien und Frankreich. Wie wirkten sich die Aufenthalte in Frankreich auf den Künstler aus? Zuzana Novotna meint:

"Jan Zrzavy wurde 1890 geboren. Er begann in einer Zeit zu malen, in der Paris und die französische Kunst das Mekka der Avantgarde darstellten. Zum ersten Mal besuchte Zrzavy Paris in den Jahren 1906 bis 1907. Im Louvre bewunderte er Werke von Leonardo da Vinci. Nach Frankreich kehrte Zrzavy später zurück. Er wurde in seinem Werk teilweise durch Paul Gauguin beeinflusst. Anfang der Zwanzigerjahre kam er nach Paris und zog danach in die Bretagne. Er fand dort einen Ort, wo er sich auf das Schaffen konzentrieren konnte, baute ein Haus und verbrachte dort die meiste Zeit in den Dreißigerjahren. Er lebte damals eigentlich mehr in Frankreich und ab und zu kehrte er nach Böhmen zurück."

1938 - nach dem Münchner Abkommen - reiste Zrzavy nach Böhmen zurück. Er malte während des Kriegs seine Erinnerungen an die Bretagne. Nach dem Krieg gelang es dem Künstler, die Bretagne noch einmal zu besuchen. Danach konzentrierte er sich mehr auf Italien und viel später besuchte er Griechenland.

Einige seiner Vorbilder fand Jan Zrzavy in der böhmischen mittelalterlichen Kunst, sowie in der italienischen Kunst - in Fran Angelico, Giotto und vor allem Leonardo da Vinci. Zrzavy befasste sich gemeinsam mit seinem Freund Bohumil Kubista mit den Prinzipien des Kubismus. Die Freundschaft mit Kubista war für den Künstler sehr wichtig. Kubista machte Zrzavy mit den Vorbereitungen einer Komposition mit Hilfe der Geometrie und des Goldenen Schnitts sowie mit der Farbentheorie bekannt. Wurde Zrzavy auch durch Picasso beeinflusst?

"Der tschechische Kunsthistoriker Vincenc Kramar hat geschrieben, dass er von ihm doch schon beeinflusst wurde. Er verglich Zrzavys Bild ´Der Schöne´ mit Picassos ´Dichter´ und kam zum Schluss, dass man bei Zrzavy in Andeutungen eine Annäherung an Picasso findet."

Jan Zrzavy ist im Jahre 1977 in Prag gestorben. Seine Werke sind sehr beliebt. Die Ausstellung, die 1990 anlässlich des 100. Jahrestags des Künstlers in Prag veranstaltet wurde, haben 110.000 Besucher gesehen. Dies ist eine für die Prager Verhältnisse hohe Zahl, mit der die Ausstellung zu den meistbesuchten Veranstaltungen dieser Art gehört. Die jetzige Ausstellung ist in der Waldstein-Reitschule täglich außer montags von 10 bis 18 Uhr bis zum 16. September geöffnet.