Neu gewählter Staatspräsident Petr Pavel: „Bin bereit jedem zuzuhören“

Petr Pavel und seine Sprecherin Markéta Řeháková

Am Samstag wurde Petr Pavel zum neuen tschechischen Staatspräsidenten gewählt. Über seine nächsten Pläne vor der Amtseinführung sowie die Zusammenarbeit mit dem Regierungskabinett und der Opposition sprach er am Sonntag in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks. Wir haben die wichtigsten Gedanken für Sie zusammengefasst.

Foto: René Volfík,  iROZHLAS.cz

Der frisch gewählte Staatspräsident erlebte einen hektischen Samstag. Nach der Veröffentlichung der Wahlergebnisse trat er im Prager Forum Karlín mit einer Rede vor die Kameras. Anschließend ging es ins Nationalmuseum, wo das Tschechische Fernsehen mit Petr Pavel ein ausführliches Interview führte. Danach begrüßte er seine vor dem Museum wartenden zahlreichen Fans und eilte wieder zu seinem Team. Hatte er nicht das Gefühl, als er am Sonntag als frisch gewählter Präsident aufwachte, dass der vorangegangene Tag nur ein Traum gewesen sei?

„Ich denke, dass das menschliche Bewusstsein nur eine bestimmte Menge an Eindrücken und Emotionen wahrnehmen kann. Wenn die Kapazitäten voll sind, beginnt sich das Gehirn vermutlich zu wehren. Ich habe am Samstag natürlich alles wahrgenommen, was sich um mich herum abgespielt hat. Als ich heute Morgen aufwachte, war die erste Frage an meine Frau aber, ob das alles nicht nur ein Traum gewesen ist."

Als neuer Staatspräsident möchte Petr Pavel in erster Linie die Befürchtungen ausräumen, die im Wahlkampf verbreitet worden waren.

„Dazu gehört die Behauptung, dass die eventuelle Wahl von mir bedeuten würde, dass eine Art neuer Totalitarismus entstehe, dass wir dem Krieg näher wären oder dass sich niemand um diejenigen kümmern würde, die anderer Meinung sind. Das alles stimmt nicht. Ich möchte nicht nur mit meinen Erklärungen, sondern auch mit meinen ersten Schritten klar demonstrieren, dass ich bereit bin, den Menschen zuzuhören. Ich bin bereit, mit jedem zu sprechen, der ein wirkliches Interesse und Vorschläge hat, wie bestimmte Probleme zu lösen sind. Ich will damit zum Ausdruck bringen, dass ich bereit bin, Bürgern zuzuhören ohne Rücksicht darauf, wen sie bei der Präsidentschaftswahl unterstützt haben.“

„Es interessiert mich, wie die Bürger selbst die Wirksamkeit der Regierungsmaßnahmen erleben.“

Wie Petr Pavel ergänzt, will er auch auf jene Oppositionspolitiker zugehen, die zuvor behaupteten, die Regierung kommuniziere nicht mit ihnen. Er wolle beweisen, dass er bereit sei, mit ihnen zu sprechen, so das neu gewählte Staatsoberhaupt:

„Ich will ihnen den Raum bieten, mir zu erklären, in welchen Fragen sie ihrer Meinung nach von der Regierung nicht erhört worden sind. Ich möchte zudem mit den Bewohnern von Regionen sprechen, die am stärksten unter der derzeitigen Krise leiden. Es interessiert mich, wie die Bürger selbst die Wirksamkeit der Regierungsmaßnahmen erleben, wo sie bestimmte Lücken sowie Verbesserungsmöglichkeiten sehen. Mit den Erkenntnissen möchte ich weiter arbeiten und mit Experten nach möglichen Lösungen suchen. Bei den bevorstehenden Verhandlungen mit der Regierung würde ich diese Möglichkeiten dann besprechen.“

Petr Pavel siegte bei der Präsidentschaftswahl mit großem Vorsprung vor dem Vorsitzenden der Partei Ano und Milliardär Andrej Babiš. Auf die Frage, ob er mit seinem Gegner schon gesprochen habe, sagte er am Sonntag, sie hätten sich nur per SMS ausgetauscht. Und Pavel fügte noch hinzu:

„Ich denke, es wäre gut, wenn wir eine Weile die Emotionen ruhen lassen und dann anfangen, uns sachlich zu unterhalten. Ich werde sehen, wie sehr er geneigt ist, vernünftig zu diskutieren. Ich habe am Samstag gesagt, ich würde es begrüßen, wenn wir die Atmosphäre der beiden letzten Wahlkampfdebatten aufrechterhalten. Diese waren weniger konfrontativ als der vorherige Wahlkampf. Dem ganzen Land würde es zugutekommen, wenn wir auf Tatsachenebene und nicht über Emotionen miteinander kommunizieren könnten.“

Petr Pavel wird am 9. März ins Präsidentenamt eingeführt. Bis dahin muss er sein Team für die Präsidialkanzlei zusammenstellen. Aber auch noch Weiteres möchte er bis zur Amtseinführung schaffen:

„Ich will wenigstens einen Rahmen dafür zusammenstellen, was ich nicht nur vor der Amtseinführung, sondern auch einige Wochen oder Monate danach machen werde - einschließlich meiner Reisen ins Ausland. Sehr gern würde ich zudem vor der Amtseinführung mit dem Premier, den Vorsitzenden der beiden Parlamentskammern, dem Vorsitzenden des Verfassungsgerichts sowie  den Vorsitzenden der Parteien verhandeln. So kann ich mit jenen, die ich nicht persönlich kenne, wenigstens die Grundlagen für unsere künftige Kommunikation schaffen.“

Möglichst bald will der frisch gewählte Präsident Reisen in die Regionen unternehmen. In den Medien nannte er vor allem die Kreise Karlovy Vary / Karlsbad, Ústí nad Labem / Aussig und den Mährisch-Schlesischen Kreis.

„Ich möchte die Besetzung des Posten des Leiters der Sektion für Auslandsbeziehungen mit dem Außenministerium konsultieren.“

In Tschechien war es bisher üblich, eine Briefmarke mit dem offiziellen Porträt des Staatspräsidenten herauszugeben. Zudem hing das Konterfei des Amtsinhabers häufig in öffentlichen Gebäuden und Schulen. Petr Pavel sagte im Rundfunkgespräch, er halte dies nicht mehr für notwendig. Zur eventuellen Briefmarke mit seinem Porträt merkte er an:

„Mir gefallen viel mehr Briefmarken mit Motiven von tschechischen Burgen und Schlössern oder von Landschaftsbildern als mit Portraits von Politikern.“

Petr Pavel wollte noch nicht verraten, wer die Sektion für Auslandsbeziehungen in seiner Präsidialkanzlei leiten könnte. Derjenige solle jedoch nicht nur entsprechende Qualifikationen und Erfahrungen haben, erläuterte der 61-Jährige:

„Ich möchte die Besetzung des Postens auch mit dem Außenministerium konsultieren. Es wäre gut, wenn derjenige ebenfalls diplomatische Erfahrungen hätte. Ich finde es richtig, wenn es gute Verbindungen zum Außenministerium gibt, um die Außenpolitik koordinieren zu können.“

Petr Fiala | Foto: Roman Vondrouš,  ČTK

Kurz nach der Bekanntgabe der Wahlresultate gratulierte Premier Petr Fiala (Bürgerdemokraten) dem frisch gewählten Staatspräsidenten. Fiala musste in den letzten Jahren oft Staatspräsident Zeman bei verschiedenen Tagungen vertreten. Denn der scheidende Präsident war aus gesundheitlichen Gründen nicht imstande, Reisen zu unternehmen. Petr Pavel:

„Früher war es in der Regel so, dass der Staatspräsident Tschechien in der Uno und der Nato vertreten hat. Ich bin davon überzeugt, dass ich mich mit dem Premier auf diese Aufgabenteilung einigen werden.“

Was seine ersten Auslandsbesuche betrifft, verriet Pavel zuvor, er wolle zuerst in die Slowakei und anschließend nach Polen reisen. Mit seiner slowakischen Amtskollegin, die ihm nach der Wahl persönlich in Prag gratulierte, möchte Pavel zudem die Ukraine besuchen. Die konkreten Termine werden seinen Worten zufolge erst noch vereinbart. Pavel erläutert:

„Kurz nach meiner Amtseinführung werden die Vorbereitungen auf den Nato-Gipfel auf vollen Touren laufen, dieser wird im Sommer stattfinden. Unsere Nachbarn und wir, die wir die Ukraine intensiv unterstützen, sollten dann klar wissen, welche Standpunkte wir beim Nato-Gipfel einnehmen wollen.“

Und worauf freut sich Petr Pavel besonders im Staatspräsidentenamt?

Vor allem auf die Begegnungen mit den Menschen. Das macht mir daran wahrscheinlich am meisten Spaß. Ich werde nicht nur die Möglichkeit haben, mit Menschen zu sprechen, sondern auch zu helfen – und das, was ihnen Sorgen macht, zu lösen. Ich denke, das ist das Schönste daran.“

Autoren: Martina Schneibergová , Tomáš Pancíř
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