Neues Bürgerliches Gesetzbuch soll Persönlichkeitsrechte stärken
Mehr als zehn Jahre wurde daran gearbeitet und am Montag wurde es den Medien vorgestellt: das neue tschechische Bürgerliche Gesetzbuch. Es fasst erstmals alle Bereiche des Privatrechts zusammen. Vor allem sind dies: das Familien-, das Eigentums- und das Vertragsrecht. Neu ist zudem, dass die Persönlichkeitsrechte stärker betont werden, es gibt mehr Raum für außergerichtliche Einigungen und der Schutz der schwächeren Partei im Rechtsstreit wird gestärkt.
„Das geltende Bürgerliche Gesetzbuch, das zwar in den 90er Jahren in großem Umfang novelliert wurde, ist immer noch das eines totalitären Regimes. Menschenrechte oder der Schutz des Eigentums waren bei den Kommunisten nicht besonders anerkannt, und dies hat sich im Zivilrecht widergespiegelt. Wir Tschechen sind somit bisher im Rahmen der EU praktisch Bürger zweiter Klasse, weil unser Rechtsschutz eingeschränkt ist.“
Die neuen Regelungen sollen den Bürgern mehr Rechte in allen möglichen Lebenslagen bieten – unter anderem im Erbrecht, bei der Schließung eines Ehevertrags, bei einem Nachbarschaftsstreit oder bei einem Unfall. Insgesamt werden die Persönlichkeitsrechte gestärkt. Premier Petr Nečas sieht einen weiteren Vorteil des neuen Bürgerlichen Gesetzbuches darin, dass es alle privaten Rechtsangelegenheiten in einem Kodex zusammenfasst und miteinander in Einklang bringt:„Wir haben uns in vieler Hinsicht von Ländern wie Deutschland, Österreich und der Schweiz inspirieren lassen. Alle privaten Rechtsangelegenheiten wurden in einem einzigen Gesetzbuch, das aus dem Leben hervorgeht und dem Leben dienen soll, logisch und übersichtlich verankert. Es umfasst Rechtsvorschriften, die heute in zahlreichen anderen Gesetzen verstreut sind, vom Zivilgesetzbuch, über das Wohneigentumsgesetz, bis zum Arbeitsgesetzbuch.“
Zum Beispiel Vertragsschließungen: Sie werden heute sowohl im Bürgerlichen wie im Handelsgesetzbuch geregelt, wobei sich einige Vorschriften widersprechen. Hineingenommen wurden auch einige bisher vereinzelt stehende Rechtsnormen wie etwa das Familiengesetz, das Gesetz über Versicherungsverträge oder das Gesetz über Stiftungen. Damit soll die Orientierung im Privatrecht vereinfacht werden.
Bis es dahin kommt, sehen die oppositionellen Sozialdemokraten aber Schwierigkeiten. Der sozialdemokratische Justizexperte Jiří Dienstbier:
„Eines der Prinzipien, auf das sich der Entwurf stützt, ist das Prinzip der Diskontinuität mit dem jetzigen Stand. Dies schafft eine gefährliche Lage, es dauert Jahrzehnte, bis sich die Auslegung und Rechtsprechung in diesem so wichtigen Rechtsbereich stabilisiert. Die Bürger werden jahrzehntelang nicht wissen, was Recht ist, und auch die Experten werden ihnen keinen völlig eindeutigen Standpunkt nennen können.“
Weitere Kritik richtet sich gegen den Umfang des Gesetzbuches. Es umfasst 3046 Paragraphen. Die Sozialdemokraten jedenfalls fordern, dass noch vor der Parlamentsdebatte Expertengespräche über das Bürgerliche Gesetzbuch stattfinden. Die Regierung plant jedoch, die Novelle noch in diesem Jahr vom Parlament zu verabschieden, so dass es im Januar 2013 in Kraft treten kann.