Neues Rentenkonzept in Tschechien

Mitte August hat der tschechische Minister für Arbeit und Soziales Vladimir Spidla sein neues Rentenkonzept vorgestellt, das aber zur offiziellen politischen Disskusion erst im September unterbreitet werden soll. Den konkreten Entwurf will Minister Spidla noch bis Ende des Jahres 2000 in der Abgeordnetenkammer vorlegen.

Die Höhe der Renten soll seinen Vorstellungen nach in Zukunft mehr von dem Lohn jedes einzelnen abhängig sein. Zur Zeit liegt die durchschnittliche Rente bei 6 tausend Kronen, was cca 58 % des durchschnittlichen Nettoeinkommens in unserem Land bedeuten. Für die Gutverdiener ist jedoch heuzutage der Übergang vom aktiven Berufsleben in den Ruhestand ein riesengrosser sozialer Abstieg. Eine Führungskraft oder ein Unternehmer mit einem Einkommen um die 40 tausend Kronen hat auf einmal nur ein Fünftel seiner bisherigen fianziellen Mittel zur Verfügung. Demgegenüber beziehen Menschen, die während der Berufzeit niedrige Gehälter hatten, eine Rente, die 90 % ihrer bisherigen Mittel darstellt.

Das Ziel der ganzen Konzeption ist, dass die Menschen im Ruhestand ihren Lebensstil nicht wesentlich ändern müssen, dass die Rentner 75% ihres Nettoeinkommens aus der aktiven Zeit bekommen., wobei 4/5 davon eine direkte Rente wären und die restlichen 20% eine private Rentenversicherung. Der Reformentwurf rechnet mit einem vom Staatsbudget getrennten Rentensystem unter Beibehaltung der gegenwärtigen durchgehenden Finanzierung. Das soll heißen, dass die Sozialversicherung, die jeder berufstätiger Mensch zu zahlen hat, nicht als eine Ersparnis für seine Rente betrachtet wird, sondern für die Auszahlung der jetzigen Renten dienen soll. Für die künftigen Renten muss die neue Generation sorgen.

Das Problem dieses Systems beruht allerdings in der ungünstigen demografischen Entwicklung, weil immer weniger Kinder geboren werden und die Anzahl der älteren Mitbürger wiederum zunimmt. Während heutzutage für eine Rente zwei berufstätige Menschen arbeiten, wird dieses Verhältnis in 20 Jahren genau umgekehrt sein. Wie jeder Reformentwurf hat auch dieser seine Befürworter und Gegner. Die Rechtsparteien plädieren für eine radikale Veränderung des Rentensystems, z.B. durch individuelle Konten, wo jeder Mensch für seine eigene Rente sparen soll, oder durch die Einführung einer zusätzlichen, aber pflichtmässigen Rentenversicherung. Zu den weiteren Hauptpunkten der vorgeschlagenen Reform gehören desweiteren die Einführung einer Gemeinsteuer, die sich an der Finanzierung der Renten beteiligen würde, Beibehaltung des Rentenalters bei 62 Jahren für Männer und 61 für Frauen, das ab dem Jahr 2007 eingeführt werden soll, Förderung der freiwilligen privaten Rentenversicherung sowie die Erhaltung eines einheitlichen Rentensystems für Angestellte und für Unternehmer.

Obwohl diese Reform von der Minderheitsregierung vorgelegt wird, rechnet Arbeitsminister Spidla damit, dass der entsprechende Gesetzentwurf im Parlament angenommen werden könnte, da er eine breite Unterstützung bei den Kommunisten und den Christdemokraten gewonnen hat.