Nicht nur des Kaisers Porträt: Rudolfinische Kunst im Stadtmuseum

Foto: Martina Schneibergová

Nach 400 Jahren sind sie wieder in Prag zu sehen: die Kunstwerke aus den Sammlungen von Kaiser Rudolf II. Gezeigt werden sie im Städtischen Museum. Die meisten Exponate stammen aus tschechischen Privatsammlungen.

Lucas van Valckenborch: Rudolf II.  (Foto: Martina Schneibergová)
Der Habsburger Kaiser Rudolf II. trug auf der Prager Burg so viele Kunstwerke an einem Ort zusammen wie kein anderer Herrscher. Nach Rudolfs Tod im Januar 1612 wurden die Kunstschätze aus Prag weggeschafft. Den Großteil brachte Rudolfs Bruder Matthias nach Wien, einiges erbten aber auch die anderen Brüder Rudolfs. Für das endgültige Ende der berühmten Sammlungen sorgten die schwedischen Soldaten, die den restlichen Teil auf Wunsch von Königin Christina nach Stockholm mitnahmen. Heute befindet sich ein Teil der Rudolfinischen Sammlungen im Kunsthistorischen Museum in Wien. Einzelne Werke sind auch in weiteren europäischen und amerikanischen Museen und Galerien zu sehen, andere waren und sind Bestandteil von Privatsammlungen. Von Zeit zu Zeit bieten die Privatiers das eine oder andere Werk bei Auktionen an. Manchmal schlagen dann auch tschechische Kunstsammler zu. Eliška Fučíková ist eine international anerkannte Expertin im Bereich Rudolfinische Kunst. Sie hat die jetzige Ausstellung im Prager Stadtmuseum zusammengestellt. Dort sind überwiegend Werke zu sehen, die aus Privatsammlungen geliehen wurden. Die Kunsthistorikerin:

Eliška Fučíková  (Foto: Martina Schneibergová)
„In den vergangenen 15 Jahren sind dank der Kunstsammler mehrere Rudolfinische Werke wieder nach Prag zurückgekehrt. Öffentliche Institutionen hatten nie genügend finanzielle Mittel, um die Gemälde oder Graphiken bei Auktionen zu erstehen. Die Kunstliebhaber haben mich oft konsultiert, ob sie ein bestimmtes Werk kaufen sollen. Ich habe die Sammler dann alle bei dieser Gelegenheit gefragt, ob sie eventuell bereit wären, das Kunstwerk für eine Ausstellung zu leihen. Deswegen ließ sich die jetzige Ausstellung in relativ kurzer Zeit zusammenstellen.“

Porträts von Rudolf II. wurden auf der Burg verkauft

Die Gemälde, Graphiken und Plastiken aus Privatsammlungen sind durch einige Werke aus dem Stadtmuseum ergänzt. Zudem stammt ein Gemälde aus dem Ausland: ein Porträt Rudolfs, das der Flame Lucas van Valckenborch gemalt hat. Das Bild stammt aus den Sammlungen des Fürsten von und zu Liechtenstein aus Wien. Es ist aber nicht das einzige Porträt von Rudolf II.im Museum.

Foto: Martina Schneibergová
„Zu sehen ist eine Reihe weiterer Porträts des Kaisers. Es war üblich, dass die Porträts der Staatsmänner in den Haushalten hingen. Neben den offiziellen Bildern gab es auch verschiedenartige Kopien, die Kupferstecher nach dem Originalbild schufen. Auch ein Beispiel dafür wird hier gezeigt.“

Es gab keine Regeln dafür, wie oft und auf welche Weise der Herrscher porträtiert werden sollte. Entscheidend war der Bedarf, sagt die Kuratorin.

„Die Porträts waren immer gefragt. Im Wladislaw-Saal auf der Prager Burg gab es Stände, an denen sie verkauft wurden. Da die Bilder begehrt waren, wurden anhand der Originalporträts neue Abbildungen gestochen oder gedruckt. Kurz und gut: Es gibt eine ganze Menge Porträts von Rudolf II. Von Hunderten zu sprechen, ist schon untertrieben.“

Christoph Harant von Polschitz und Weseritz  (Foto: Martina Schneibergová)
Rudolf II. lehnte es jedoch ab, auf Monumentalgemälden verewigt zu werden. Es gibt beispielsweise kein Reiterporträt von ihm:

„Es war bestimmt nicht sein Hobby, sich malen oder zeichnen zu lassen. Aber als staatlicher Repräsentant musste er porträtiert werden. Nicht nur der Kaiser, sondern auch seine Höflinge ließen sich abbilden. Wir zeigen beispielsweise ein Porträt des böhmischen Adeligen Kryštof Harant z Polžic a Bezdružic (Christoph Harant von Polschitz und Weseritz, Anm. d. Red.). Da Harant auch Komponist war, ließ er unten auf sein Bild noch einige Noten hineinzeichnen.“

Durch Zufall entdeckt: Hans van Aachens „Diana“

Neben Werken, die nach Jahrhunderten wieder nach Böhmen gelangt sind, wird ein Gemälde gezeigt, das nie das Land verlassen hat: Hans von Aachens „Diana auf der Jagd“. Auf das Bild sei sie durch Zufall gestoßen, erzählt Eliška Fučíková:

Hans van Aachens: Diana  (Foto: Martina Schneibergová)
„Das Gemälde wurde dank einer Aachen-Ausstellung entdeckt. Eine Frau hinterließ damals an der Kasse der Ausstellung einen Zettel mit einer Notiz für mich, dass sie zu Hause ein Gemälde habe, das genauso aussehe, wie eines der Bilder in der Ausstellung und ob ich es mir nicht anschauen möge.“

Die Kunsthistorikerin war zuerst skeptisch, suchte dann aber die Dame auf. Es zeigte sich, dass es sich wirklich um ein Originalgemälde von Hans von Aachen handelte. Der Maler habe immer wieder zur derselben Bildkomposition gegriffen, sagt die Expertin:

„Dies ist auch bei dem Bild der Fall. Dasselbe Gemälde in einer luxuriöseren Gestaltung befindet sich in den Sammlungen des Fürsten von und zu Liechtenstein in Wien. Es wurde erst vor kurzem in Schweden gekauft. Dorthin war es während des Dreißigjährigen Kriegs gebracht worden. Im Inventarverzeichnis von Rudolfs Kunstsammlungen sind zwei Gemälde mit Diana auf der Jagd vermerkt. Das eine befindet sich in den Liechtensteinischen Sammlungen. Wir wissen, dass das Bild in Rudolfs Arbeitszimmer hing. Und das andere ist dieses Exponat. Wir kennen auch seine Inventarnummer. Das Gemälde hing in Rudolfs Galerie.“

Foto: Martina Schneibergová
Ein anderes beliebtes Thema unter den Rudolfinischen Künstlern war neben den Porträts die böhmische Landschaft. Nicht alle malten jedoch realistisch, meint Eliška Fučíková:

„Der Wirklichkeit entsprechen eher die Gemälde und Zeichnungen von Roelant Savery als die von Pieter Stevens. Stevens hat manchmal die Landschaft auf seinen Bildern verschönert. Von Stevens wird hier ein bekanntes Werk gezeigt, auf dem der Kanal Čertovka unter der Karlsbrücke abgebildet ist. In der Nationalgalerie in Prag hängt ein Gemälde von Roelant Savery, das denselben Bogen der Karlsbrücke von der anderen Seite zeigt. Auf Saverys Bild ist zum Beispiel Schlamm zu sehen, und auf dem schmutzigen Platz spielen Kinder. Bei Stevens sieht Prag schön sauber aus. Sein Bild gehörte zu einem Album, in dem Kaiser Rudolf blätterte, um sich Prag anzusehen. Denn der Kaiser verließ die Prager Burg nicht allzu oft.“

Foto: Martina Schneibergová
Stevens gehörte zu Rudolfs beliebtesten Landschaftsmalern. Aber nicht nur Maler arbeiteten auf Rudolfs Hof, sondern auch Goldschmiede. Hervorragend auf diesem Gebiet war zum Beispiel Paulus van Vianen, von ihm stammt eine der ausgestellten Zeichnungen. Sie diente als Konzept für ein großes Panorama von Salzburg, das er später malte. Das Gemälde befindet sich heute in Budapest.

Tanzender Faun aus der Prager Werkstatt

Am Rudolfs Hof arbeiteten zudem Kupferstecher. Der berühmteste von ihnen war Aegidius Sadeler. Auf einem seiner größten Stiche stellte er den Wladislav-Saal auf der Prager Burg dar. Die Kuratorin:

Tanzender Faun  (Foto: Martina Schneibergová)
„Besonders interessant ist der Kupferstich aus kulturhistorischer Sicht: Er zeigt, dass der Saal bei weitem nicht nur zu Repräsentationszwecken diente. Es wurden dort auch Märkte veranstaltet, auf dem Bild sind Stände mit verschiedenen Waren zu sehen. Der Saal wurde damals ‚plac‘ oder ‚rynek‘ genannt. Er wurde auch als Versammlungsort genutzt. Es fanden dort verschiedene Festivitäten statt, selbst die Krönungen spielten sich dort ab.“

Neben Gemälden und Graphiken sind im Stadtmuseum einige Bildhauerwerke zu besichtigen. Zum ersten Mal überhaupt wird eine kleine Plastik des Tanzenden Fauns von Adriaen de Vries ausgestellt. Der Kuratorin zufolge gibt es mehrere derartige Faun-Plastiken auf der ganzen Welt, zwei davon befinden sich im Grünen Gewölbe in Dresden. Diese wurden in drei Stücken gegossen. Das ausgestellte Stück sei jedoch anders, sagt die Expertin:

Foto: Martina Schneibergová
„Die Plastik wurde in einem Stück gegossen. Es scheint, dass dieser Faun überhaupt als erster in der Prager Werkstatt von de Vries angefertigt wurde. 1601 wurde de Vries endgültig als kaiserlicher Bildhauer an Rudolfs Hof berufen. Die Plastik stammt höchstwahrscheinlich aus dieser Zeit.“

Die Ausstellung mit dem Titel „Rudolfinische Meister – Werke der Hofkünstler Rudolfs II. aus tschechischen Privatsammlungen“ ist im Museum der Hauptstadt Prag bis 29. März dieses Jahres zu sehen. Das Museum ist täglich außer Montag von 9 bis 18 Uhr geöffnet.