Mobil ans Ziel

Ahoi und "Signal auf Grün" zu einer neuen Ausgabe unseres Verkehrsmagazins "Mobil ans Ziel. Aus dem Prager Studio begrüßen Sie Dagmar Keberlova und Lothar Martin.

Die Jahrestagung des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank in Prag mit den unschönen Begleiterscheinungen in Form von Ausschreitungen und polizeilichen Übergriffen liegt bereits mehr als eine Woche hinter uns. In die tschechische Hauptstadt ist wieder Normalität eingezogen. Könnte man meinen. Doch gerade der Kontrast zwischen "Geld haben und bestimmen" und "um Gelder bitten, damit man verändern kann" beherrscht auch hier inzwischen wieder den Alltag. Das davon ebenso oder gerade Verkehrsprojekte nicht ausgeschlossen sind, wollen wir Ihnen in den nachfolgenden Minuten belegen. Also bleiben Sie dran!


Die Prager Verkehrsbetriebe waren bereits vor der Tagung von IWF und Weltbank auf mehrere Varianten zum An- und Abtransport der Bänker und Finanzexperten eingestellt. Für die Autobusse, die die Beförderung von den Hotels zum Kongresszentrum und zurück sicher stellten, sind mehrere Routen, darunter auch geheimgehaltene, ausgearbeitet worden. Als Krisenvariante war die Evakuierung mit der Metro vorgesehen. Von dieser Maßnahme ist dann auch Gebrauch gemacht worden, nachdem die Globalisierungsgegner die Tagungsstätte umzingelt und mit ihrer Besetzung gedroht hatten.

Durch ein starkes Polizeiaufgebot konnte dies verhindert werden. Doch wie die bewaffnete Polizei die Sicherheit der Delegierten garantierte, so sollte die Verkehrspolizei befähigt werden, die Sicherheit der Schul- und Kindergarten-kinder im Prager Stadtverkehr zu gewährleisten. Dies fordern jedenfalls die Bürgervereinigungen "Oziveni"/"Belebung" und "Prager Mütter". Der Vorsitzende der Vereinigung "Oziveni", Petr Stepanek, machte dabei folgenden Vergleich geltend: "Soweit mir bekannt ist, übersteigt das Budget für die Tagung von IWF und Weltbank das Budget zur Verkehrssicherheit der Kinder um ein Vielfaches und es wäre deshalb nur wünschenswert, wenn man wenigstens einen Großteil der Summe, die man in die Tätigkeit der Polizeikräfte gesteckt hat, nutzen würde für die Sicherheit und die verstärkte Überwachung durch Polizeistreifen an den Schulen. Wenn es nämlich möglich ist, Polizeikräfte aus dem ganzen Land für die Tagung abzuziehen, dann sollte es auch möglich sein, dasselbe für die Verkehrssicherheit der Kinder an den Schulen zu tun."

Dass die motorisierte Gefahr vor Prager Schulen und Kindergarten- einrichtungen alles andere als unerheblich ist, schilderte Stepanek so: "Die Situation ist in der Tat erschreckend, denn 80 Prozent der Unfälle werden nicht verursacht durch die Unaufmerksamkeit der Kinder, sondern von den Fahrern der Kraftfahrzeuge."

Die größte Gefahr für die Kinder im Prager Straßenverkehr liegt dabei in drei Vergehen, die die Disziplinlosigkeit der Autofahrer besonders kennzeichnen: das Parken im Kreuzungsbereich, das Parken vor Fußgängerüberwegen, sodass die Kinder die Straße nur schlecht einsehen können, und die zu hohe Geschwindigkeit vieler Fahrzeuge. Deshalb sind die 1999 errichteten 37 Langsamfahrspuren und die zwölf weiteren Temposchwellen, die dieses Jahr vor den insgesamt 273 Grundschulen der Stadt installiert wurden, viel zu wenig, um dem Problem beizukommen, klagte Stepanek. Dies sei aber kein Wunder, wenn man nach 45 Millionen Kronen im Haushalt 1999 in diesem Jahr nur mickrige 30 Millionen Kronen für Maßnahmen zur Förderung der Verkehrssicherheit im Haushalt des Prager Magistrats veranschlagt hat. Das sind nur ganze drei Promille am Gesamtvolumen des Verkehrsbudgets. Auf die Frage von Radio Prag, warum dies der Fall ist, trieb es Petr Stepanek die Zornesröte ins Gesicht:

"Die Mehrzahl unserer Ratsherren und Stadtverwalter interessiert sich nur für Großprojekte wie zum Beispiel den Metroausbau oder den Bau der Schnellbahn zum Flugplatz, woran sie bei der Auftragsvergabe mithin noch partizipieren können. Aber gerade die kleinen Verbesserungen zum Schutz des Bürgers, an denen die Firmen kaum verdienen können, geraten schnell aus dem Blickwinkel dieser Politiker. Traurig, aber wahr."

Dass große Verkehrsprojekte in und um die Hauptstadt Prag, die den Straßenverkehr jedoch entlasten sollen, tatsächlich vorangetrieben werden, darüber berichten wir gleich.


Vor gut zwei Wochen haben Vertreter des Staates, des Stadtmagistrats und der Prager Verkehrsbetriebe die feierliche Grundsteinlegung zum Bau eines weiteren Streckenabschnitts der Prager Metro vorgenommen. Es handelt sich um ein vier Kilometer langes Teilstück der Trasse C, das zukünftig dank zweier neuer Stationen den Bahnhof Holesovice mit der Prager Nordstadt verbinden soll. Der Abschnitt, für den ein Kostenumfang von 7,5 Milliarden Kronen (ca. 400 Millionen Mark) veranschlagt wurde, soll in drei Jahren fertiggestellt sein. Daran soll sich noch ein weiteres Teilstück bis zum neuen Messegelände in Letnany anschließen, mit dessen Inbetriebnahme für das Jahr 2006 gerechnet wird.

Auch auf der Trasse A der Metro wird über eine Verlängerung nachgedacht. Eine Studie soll endlich klären, ob eine Weiterführung der Strecke vom Stadtteil Dejvice bis hin zum Flughafen eine günstige Alternative zur geplanten Schnellbahn von Prag nach Kladno darstellt. Diese Studie haben die Einwohner von Prag 6 erzwungen. Die Schnellbahn sei für sie unattraktiv, man wolle lieber die Metro als Verbindung zwischen Flughafen und Stadtmitte, ließen sie wissen. Bis Mitte nächsten Jahres soll die Studie ausgearbeitet und behandelt werden.

Zum Abschluss noch eine erfreuliche Veränderung für alle Autofahrer, die häufig auf der Schnellstraße 7 von Prag nach Sachsen und umgekehrt unterwegs sind. Vor zehn Tagen ist nämlich beim nordböhmischen Louny/Laun das letzte Teilstück der dortigen Stadtumgehung seiner Bestimmung übergeben worden. Ob sie nun von Dresden über Teplice/Teplitz oder Chemnitz über Chomutov/ Komutau kommen, das ampelträchtige Laun müssen sie nicht mehr durchfahren auf dem Weg nach Prag. Es sei denn, Sie wollen sich die pittoreske Altstadt anschauen.