Svoboda bereitet in Berlin Schröders Prag-Besuch vor / "Vergangenheit ist nicht verhandelbar"
Seit Bundeskanzler Gerhard Schröder im März vergangenen Jahres einen geplanten Prag-Besuch aufgrund eines Streites um die Vertreibung der Sudetendeutschen abgesagt hatte, ist es zu keinem Treffen der Regierungschefs Tschechiens und Deutschlands mehr gekommen. Zur Vorbereitung der ersten bilateralen Begegnung nach einem Jahr reiste der tschechische Außenminister Cyril Svoboda, der erst seit einem halben Jahr im Amt ist, am Dienstag nach Berlin. Bereits im Vorfeld äußerte er sich in den Medien über seine Auffassung zur deutsch-tschechischen Vergangenheit. Silja Schultheis berichtet.
Zu den heiklen Fragen nach der Vertreibung der Sudetendeutschen und den sog. Benes-Dekreten, die vor einem Jahr Grund für die Absage von Schröders Besuch in Tschechien gewesen waren, sagte der tschechische Außenminister, der damals noch nicht im Amt war, die Auseinandersetzung darum sei "überflüssig" gewesen. Diese Themen besäßen bei weitem nicht das Gewicht, das ihnen mitunter beigemessen werde.
In diesem Zusammenhang rief Svoboda dazu auf, sich in den deutsch-tschechischen Beziehungen auf Zukunft und Gegenwart zu konzentrieren. Die Vergangenheit sei - so Svoboda wörtlich in der Berliner Zeitung - "kein Thema für Verhandlungen". Die bilaterale Aussöhnungserklärung von 1997 enthalte alles, was zu diesem Thema zu sagen sei. Mit derselben Begründung hatte Svoboda am Montag gegenüber der tschechischen Zeitung Pravo eine einseitige Geste aus Prag gegenüber vertriebenen Deutschen abgelehnt. Jede Ergänzung der Deutsch-tschechischen Erklärung würde die erreichte Balance zerstören und Verunsicherung schaffen, argumentierte der tschechische Außenminister.
Zur Erinnerung: In der Deutsch-tschechischen Erklärung heißt es zu den fraglichen Kapiteln aus der gemeinsamen Geschichte: Die deutsche Seite bedauere das Leid und das Unrecht, dass dem tschechischen Volk durch die nationalsozialistischen Verbrechen von Deutschen angetan worden seien. Umgekehrt bedauere die tschechische Seite, dass während der Vertreibung der Deutschen unschuldigen Menschen viel Leid und Unrecht zugefügt worden sei.