Im Schatten der Präsidentenwahl: Regierung stellt die Vertrauensfrage

Vaclav Klaus, Foto: CTK

Der Verlauf der Präsidentenwahl am vergangenen Freitag hat nicht nur Auswirkungen auf das Klima innerhalb der tschechischen Regierungskoalition, sondern nimmt mittlerweile auch formalpolitische Gestalt an: Die Regierung will dem Parlament die Vertrauensfrage stellen. Hören Sie mehr von Gerald Schubert:

Vaclav Klaus,  Foto: CTK
Werfen wir nochmals einen Blick auf die Zahlenverhältnisse, die den Kandidaten der oppositionellen Demokratischen Bürgerpartei ODS, Vaclav Klaus, im Rennen um das Amt des Staatsoberhaupts letztlich zum Sieg geführt hatten: Insgesamt schlug Klaus den von allen drei Regierungsparteien, also den Sozialdemokraten, den Christdemokraten und der liberalen Freiheitsunion nominierten Jan Sokol mit 142 zu 124 Stimmen. Das Wahlverhalten der Senatorinnen und Senatoren deckt sich dabei weitgehend mit den Erwartungen. Entscheidend waren jedoch die Stimmen aus dem Abgeordnetenhaus. Von den 100 anwesenden Regierungsabgeordneten stimmten nur 78 für Sokol. Das heißt: Selbst wenn - im Sinne politischer Inhalte verwirrend genug - alle Kommunisten gemeinsam mit der ODS Klaus gewählt haben sollten, hätten 22 Regierungsabgeordnete dem Kandidaten der Regierungskoalition ihre Stimme verweigert.

Dass dieser offensichtliche Riss weniger zwischen den Koalitionsparteien als vielmehr innerhalb der sozialdemokratischen Fraktion selbst verläuft, ist hierzulande längst kein Geheimnis mehr. Partei- und Regierungschef Vladimir Spidla jedenfalls hat nun von dem Versteckspiel um die Unterstützung seines Kabinetts genug: Die Regierung hat beschlossen, dem Parlament die Vertrauensfrage zu stellen. In ungewöhnlicher Schärfe formulierte der Premier seine Gründe:

"Wenn man sich vorstellt, dass diese doch einigermaßen ungewisse Situation weiter andauern würde, Tag für Tag, Woche für Woche - ich glaube, da würde die Position dieser Regierung, ohne irgendeine Hoffnung für die Zukunft, einem ständigen Erosionsprozess unterzogen sein. Und es würde eine Situation nicht-öffentlicher Koalitionen entstehen. Denn das, was bei der Präsidentenwahl passiert ist, das war die Entstehung einer nicht-öffentlichen Zweck-Koalition, die ein anderes politisches Ziel hatte als das, das offiziell repräsentiert werden sollte. Diese Situation ist unannehmbar, und es ist nötig, sie zu klären."

Cyril Svoboda,  Vladimir Spidla,  Petr Mares,  Foto: CTK
Neben der gewiss nötigen Klärung der Frage, ob die Regierung im Parlament eigentlich noch die nötige Unterstützung hat, steht hinter dem riskanten Schritt des Premiers aber wohl auch innerparteiliches, taktisches Kalkül. Denn auf dem Parteitag der Sozialdemokraten Ende März wird Spidla zum Scheitern bei der Präsidentschaftswahl Stellung nehmen müssen, und allgemein wird auch nicht ausgeschlossen, dass es innerhalb der CSSD eine Gruppe gibt, die den Vorsitzenden dort stürzen will. Mit einer positiven Vertrauensabstimmung des Parlaments im Gepäck hätte Spidla gegen seine parteiinternen Rivalen sicher größere Chancen.

Von den Vorsitzenden der beiden kleineren Koalitionsparteien, also von Cyril Svoboda für die Christdemokraten und von Petr Mares für die Liberalen, wurde indes Optimismus für die Abstimmung signalisiert, die voraussichtlich am 11. März stattfinden wird: Alle ihre Abgeordneten würden dem Kabinett wohl das Vertrauen aussprechen. Und sogar im Hinblick auf die sozialdemokratische Fraktion könnte dieser Optimismus angebracht sein. Denn im Unterschied zur Präsidentenwahl ist die Vertrauensabstimmung nicht geheim. Diesmal würde schon ein offener Sturz der Regierung, mit allen möglichen Konsequenzen, erforderlich sein.