Neues tschechisch-deutsches Schülerprojekt in Vorbereitung

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Junge Tschechen studieren zwar nicht massenweise an deutschen Universitäten, ihre Zahl nimmt aber ständig zu. Und auch nach Beispielen, wo tschechische Schüler an deutschen Gymnasien lernen, müsste man nicht mehr lange suchen. Gegenwärtig soll ein neues Projekt aus der Taufe gehoben werden, in dessen Rahmen wohl eine ganze Klasse tschechischer Schüler auch einen deutschen Unterricht absolvieren könnte. Jitka Mladkova berichtet:

Nach einer Information der im nordböhmischen Decin/Tetschen erschienenen Mittwochausgabe der Tageszeitung Deniky Bohemia hat sich die Bürgermeisterin der sächsischen Stadt Seifhennersdorf, Karin Brendt, mit folgender Idee an ihre Amtskollegen in den tschechischen Städten Varnsdorf und Rumburg gewandt: In Seifhennerdorf sei die Zahl der Schüler rapide gesunken und ihre Absenz könnte durch tschechische Schüler wieder aufgestockt werden. Varnsdorf hat mittels seines Vizebürgermeisters Jiri Sucharda bereits positiv auf das Angebot reagiert. Er sagte gegenüber Radio Prag:

"In dieser kleinen sächsischen Stadt ist ein sehr gutes und gut ausgestattetes Gymnasium, das einen hohen Schülerverlust verzeichnet und die sächsische Landesregierung erwägt in diesem Zusammenhang auch die Schließung der Schule als eine mögliche Lösung der aktuellen Situation."

Und so will man Seifhennersdorf helfen und gleichzeitig selbst Nutzen daraus ziehen. Nach dem ersten Treffen zu einer bilateralen Unterredung der Stadtregierungen von Varnsdorf und Seifhennersdorf wurde beschlossen, dass die deutsche Seite Unterlagen für das potentielle Projekt vorbereiten wird. Es wäre allerdings kein Novum, dass tschechische Schüler in einer deutschen Schule lernen. Seit mehreren Jahren schon gibt es z.B. in Pirna eine Klasse mit tschechischen Schülern, die dort wegen der Entfernung von ihrem tschechischen Wohnort auch in einem Internat untergebracht werden mussten. Von Varnsdorf bzw. von Rumburk ist es jedoch nach Seifhennersdorf nur ein Katzensprung, und so könnten die jungen Tschechen, wie der Vizebürgermeister Sucharda meint, die Entfernung von circa 5 Kilometern mit dem Fahrrad zurücklegen. Ihm zufolge dürfte es auch kein Problem sein, im Winter eine Busverbindung zwischen Wohn- und Schulort einzurichten. Wie ist es aber mit dem Interesse an einem solchen Projekt auf Seiten der Schüler, um die es sich ja in erster Linie handelt? Dazu Vize-Bürgermeister Sucharda:

"Das Interesse macht sich schon seit einiger Zeit bemerkbar, denn mit dem vorgesehenen Beitritt Tschechiens in die EU werden unsere jungen Leute über entsprechende Sprachkenntnisse und andere Fähigkeiten verfügen. Und so würde der auf Deutsch gehaltene Unterricht für unsere Schüler eine geeignete Ergänzung zum Unterricht in ihrer Stammschule bedeuten."

Es müsste aber - so Sucharda - ein Auswahlverfahren vorgenommen werden, in dem vor allem die Sprachkenntnisse der Interessenten getestet würden. Viele Bewohner der Grenzstadt unterhalten zahlreiche Beziehungen zu Deutschland, in mancher Familie wird hier auch deutsch gesprochen und viele lernen deutsch von Kindheit an, sagt der Vizebürgermeister. Auf die Frage, ob er im Hinblick auf das in gewisser Weise delikate tschechisch-deutsche Verhältnis nicht negative Reaktionen seiner Mitbürger auf die Tatsache, dass tschechische Schüler ihre Mittelschulausbildung zum Teil in Deutschland erwerben würden, befürchtet, sagte er folgendes:

" Nein, diese Gefahr, glaube ich, gibt es hier nicht. Im Gegenteil! Bei uns in der Grenzregion sehen wir vermeintliche Probleme ganz anders. Ohne gute Deutsch-Kenntnisse kommt man hier nur schwer durch, denn in allen Bereichen werden sehr enge Kontakte gepflegt. Und wenn mal die Grenzen geöffnet werden, dann ist das eine Grundvoraussetzung fürs Überleben. Antitschechische oder antideutsche Animositäten werden hier nicht gepflegt."