Pressestimmen zur Vertrauensabstimmung im tschechischen Parlament
Die Vertrauensabstimmung war auch eines der beherrschenden Themen auf den Kommentarseiten der überregionalen Tagespresse vom Mittwoch. Silja Schultheis hat sie für Sie durchgesehen.
"Bedeutet das aber wirklich Regierungsmacht? Mitnichten. Regierungsmacht wäre weit mehr - die Kraft, eine gewisse Vision durchzusetzen, ein Programm zu realisieren und das Wahlversprechen zu erfüllen. Dazu ist aber eine funktionierende Parlamentsmehrheit nötig, und über die verfügt die gegenwärtige Regierung nicht."
Die Zeitung Pravo zeigt sich über den Ausgang der Abstimmung nicht verwundert führt zur Begründung an:
"Welcher Abgeordnete aus der Regierungskoalition hätte den Mut gehabt, aufzustehen und öffentlich zu sagen, dass er kein Vertrauen in diese Regierung hat. Es ist in Tschechien nicht üblich, sich von der Kette loszureißen und vor aller Augen gegen den Strom zu schwimmen. Premier Vladimir Spidla kann jetzt auf Parteiebene mit den Rebellen ins Gericht gehen, wegen denen es zur Vertrauensabstimmung gekommen ist."Die Zeitung Lidove noviny äußert sich enttäuscht über die Rolle der Opposition:
"Vertrauensabstimmungen sind für jede Opposition eine sehr gute Gelegenheit, mit schärfster Munition auf den Gegner zu schießen und sich wenigstens andeutungsweise um eine Veränderung der politischen Verhältnisse zu bemühen. Der Chef der größten Oppositionspartei ODS hingegen betonte mehrfach, dass seine Partei sich um eine Abstimmung, die Instabilität hervorrufen könnte, nicht bemüht hätte. Als wenn Stabilität der höchste Wert wäre, um dessen willen man jede Regierung, was sie auch macht, entschuldigen könnten. Die konsequente Rolle unversöhnlicher Kritiker würde der Opposition besser zu Gesicht stehen."
Blicken wir abschließend noch in die vierte überregionale Zeitung Hospodarske noviny, für die die Vertrauensabstimmung erst den Anfang einer Reihe von Prüfungen für die Regierung bedeutet:
"Neben dem Parteitag der Sozialdemokraten werden die Verhandlungen über die Reform der öffentlichen Finanzen und den Haushalt für das kommende Jahr ein weiterer kritischer Punkt für die Existenz der Regierung sein, de facto eine weitere Vertrauensabstimmung."