Gesellschaft für Bohemistik gegründet

resbohemica1.gif

Vor einigen Wochen hat sich in München die "Gesellschaft für Bohemistik" konstituiert. Die Gründung war das Ergebnis eines dreitägigen Kolloquiums, das vom Institut für Slavische Philologie der Universität München, vom Tschechischen Zentrum München sowie dem Adalbert Stifter Verein veranstaltet wurde. Silja Schultheis hat den Vorstandsvorsitzenden, Jan Jirousek, nach der Idee und den Zielen der neuen Gesellschaft gefragt.

Jirousek: "Die Idee hat verschiedene Varianten erlebt. Das, was wir jetzt vorhaben - also die Förderung der Bohemistik in allen Bereichen des kulturellen Lebens, und zwar sowohl in den deutschsprachigen Ländern als auch in der Tschechischen Republik - das hat sich ergeben im Laufe des letzten Jahres."

Schultheis: "Wie soll diese Förderung der Bohemistik in allen Bereichen, wie Sie sagen, konkret aussehen? Was werden die ersten Schritte Ihrer Gesellschaft sein?"

Jirousek: "Sagen wir, das Image der Bohemistik zu pflegen. Die Gesellschaft will auch entsprechende wissenschaftlichen Projekte und Publikationen fördern. Aber nicht nur das, sondern auch Tätigkeiten: Übersetzungstätigkeiten, Lesungen, Tagungen, Vorträge, Ausstellungen. Und ferner natürlich auch Maßnahmen zur Unterstützung des Tschechisch-Unterrichts. Und einen wichtigen Bereich stellt für uns vor allem die Öffentlichkeitsarbeit dar."

Schultheis: "Wie soll diese Öffentlichkeitsarbeit aussehen?"

Jirousek: "Konkret wollen wir uns um eine bessere Vernetzung innerhalb des Faches und auch mit den angrenzenden Disziplinen bemühen. Zu diesem Zweck haben wir eine Webseite eingerichtet: www.resbohemica.org. Das bedeutet, wir wollen auch Informationen vermitteln; wir wollen uns darum kümmern, dass jeder Mensch, der sich für Kultur im allgemeinen interessiert, überhaupt einen konkreten Begriff davon hat, was eine Bohemistik tatsächlich ist. Denn das ist eben oft nicht der Fall."

Schultheis: "Wie schätzen Sie gegenwärtig den Zustand der Bohemistik in den deutschsprachigen Ländern ein?"

Jirousek: "Auf der einen Seite haben wir eine wirklich lange Tradition. Und das ist auch verständlich aufgrund der gemeinsamen Geschichte, dass die deutschsprachige Bohemistik heute eigentlich die größte nicht-slawische Bohemistik überhaupt darstellt. Auf der anderen Seite gibt es heute natürlich auch Probleme, sowohl in struktureller als auch in personeller Hinsicht, Sparmaßnahmen. Das heißt, wir müssen uns bemühen zu zeigen, wie schlecht es eigentlich wäre, wenn im deutschen Kulturkontext die Bohemistik reduziert würde. Das könnte auch zur Verarmung der deutschen Kulturlandschaft führen. Denn schließlich handelt es sich hier um einen Nachbarn, um einen Nachbarn mit Tradition und auch um eine Tradition der gemeinsamen Beziehungen. Und was jetzt noch aktueller ist: Sowohl im Bereich der bilateralen Beziehungen zwischen der Schweiz, Deutschland, Österreich und Tschechien als auch im Rahmen des europäischen Integrationsprozesses. Das heißt, wir müssen wirklich das Image pflegen in dem Sinne, dass die kulturelle Öffentlichkeit sich des Stellenwertes, der kulturhistorischen wie aktuellen Bedeutung der Bohemistik auch wirklich bewusst ist."

Schultheis: "Herr Jirousek, ich danke Ihnen für das Gespräch."

http://www.resbohemica.org