Buchtipp: Josef Skrabek: Vcerejsi strach (Die gestrige Angst)

"Vcerejsi strach" (Die gestrige Angst) - So der Titel eines autobiographischen Buches von Josef Skrabek, das am Mittwoch im Prager Goethe-Institut vorgestellt wurde und sich um eine differenzierte Sicht des tschechisch-sudetendeutschen Verhältnisses bemüht. Silja Schultheis hat den 1928 im westböhmischen Valec / Waltsch geborenen Autor im Anschluss an die Buchpräsentation ans Mikrophon gebeten.

"Ich stamme aus einer doppelt gemischten Familie: Mein Vater war tschechischer Kommunist, seine Mutter katholische Deutsche. Und ich spüre es schmerzlich, diese Ressentiments auf beiden Seiten, diese immer wieder kehrenden Vorwürfe. Und ich wollte eben etwas schreiben, was diese schlimmsten Vorwürfe etwas relativiert. Also, erstens dass man gegenseitig Ansichten toleriert. Aber auch Informationen fehlen auf beiden Seiten. Ich habe meine Meinung nach 1989 geändert, weil ich Informationen bekommen habe, die mir damals niemand gesagt hat, oder zu denen kein Zugang war."

Eben aufgrund gegenseitiger Informationsdefizite zwischen Tschechen und Sudetendeutschen beinhaltet das Buch von Josef Skrabek nicht nur persönliche Erinnerungen an seine Kindheit in der Gegend von Karlovy Vary/ Karlsbad, sondern auch Fakten, Statistiken, Zitate, mit denen er dem Buch mehr Objektivität verleihen will. Dieses Bemühen um eine ausgewogene Darstellung wurde von den im Goethe-Institut anwesenden weiteren Zeitzeugen denn auch einhellig als sehr gelungen empfunden - unter ihnen war auch der ehemalige tschechische Botschafter in Berlin, Frantisek Cerny, der die Veranstaltung moderierte.

Dennoch ist sich Skrabek bewusst - und schreibt dies auch im - übrigens auf Deutsch verfassten Resümee des ansonsten tschechischen Buches - dass kein Buch diese Problematik vollständig behandeln könne. Skrabeks Appell an Tschechen und Sudetendeutsche ist im wesentlichen der, dass beide Seiten lernen sollten zu akzeptieren, dass es nicht eine Wahrheit gibt, sondern die Wahrnehmung ein und derselben Geschichte vielschichtig und mitunter auch gegensätzlich sein kann. Bezahlt hat der Autor die Publikation der tschechischen Erstausgabe aus eigenen Mitteln, genauer gesagt aus der Entschädigung, die er für die während des Kommunismus im Gefängnis verbrachten Jahre bekommen hat. Um Mittel aus tschechisch-deutschen Fonds oder Stiftungen hat er sich bewusst nicht bemüht:

"Ich wollte es vermeiden, dass irgendeine Institution für diese erste Auflage des tschechischen Buches eine Subvention gibt. Denn immer hätte ich den Eindruck, oder jemand könnte sagen, dass haben die Deutschen bezahlt oder das haben die oder die bezahlt. Ich wollte, dass ich nur von mir selber abhängig bin."

Für die deutsche Übersetzung der "Gestrigen Angst" will Skrabek aber einen Sponsor suchen. Schließlich, so fügt er lachend hinzu, könne er sich ja nicht noch einmal einsperren lassen, nur um erneut eine Entschädigung zu erhalten, von der er das deutsche Buch finanzieren könne.

Josef Skrabek: Vcerejsi strach (Die gestrige Angst)

Praha 2002

Nakladatelství Vysehrad

ISBN 80-7021-607-7