EU-Referendum: Nach Polens "Ja" ist die Reihe nun an Tschechien

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Mit Polen hat bereits das sechste unter den zehn Kandidatenländern am vergangenen Wochenende in einem Referendum über den Beitritt des Landes zur Europäischen Union abgestimmt. Ebenso wie die postkommunistischen Länder Slowenien, Ungarn und die Slowakei haben sich auch die Polen mit "Ja" für Europa entschieden. Und wie wird es voraussichtlich in Tschechien aussehen? Dazu mehr von Lothar Martin.

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Nun ist die Reihe an Tschechien, sich zu äußern, ob man dem EU genannten gemeinsamen europäischen Haus als Mitbewohner angehören will oder nicht. Inwieweit die vorangegangenen Volksentscheide, insbesondere die in den Nachbarländern Slowakei und Polen, dabei einen entscheidenden Einfluss auf die Tschechische Republik ausüben werden, dazu befragte ich den tschechischen Politologen Bohumil Dolezal:

"Also entscheidend sind sie nicht, aber sie werden gewiss die Abstimmung hier beeinflussen. Und zwar im positiven Sinne, das heißt die Teilnahme der Wähler wird ein bisschen größer und ich glaube auch, dass noch mehr Leute für den Beitritt stimmen werden. Eine positive Wirkung wird es zweifelsohne haben."

Mit einer gewissen Portion Weitsicht haben die tschechischen Parlamentarier bei der Verabschiedung des hiesigen Gesetzes über die Volksbefragung darauf geachtet, dass die Wahlbeteiligung kein Kriterium für die Gültig- bzw. Ungültigkeit eines hierzulande durchgeführten Referendums ist. Den Tschechen, bekannt für ihre zögerliche und selten offen gezeigte Haltung, sagt denn auch der Analytiker des Instituts für Öffentliche Fragen im slowakischen Bratislava, Michal Vasecka, eine unter 50 Prozent liegende Beteiligung bei dem am Freitag und Samstag anstehenden Volksentscheid voraus. Das werde kein allzu gutes Signal sein in Richtung Ausland, in dem die Tschechische Republik bereits heute als ein sehr euroskeptisches Land wahrgenommen werde, das einen äußert euroskeptischen Präsidenten habe, monierte Vasecka. Eine Meinung, der sich auch Bohumil Dolezal in gewisser Weise anschließt:

Aleksander Kwasniewski  (re.),  Foto: CTK
"Also, diese Nüchternheit teile ich. Es hängt aber nicht ausschließlich damit zusammen, dass hier sehr viele Euroskeptiker leben, aber für die Leute ist das Referendum ein bisschen exotisch bei uns. Das heißt, es ist etwas anderes als die Wahlen in das Abgeordnetenhaus und daher bin ich der Meinung, die Teilnahme wird auf jeden Fall unter der 50-Prozent-Marke liegen. Dennoch bin ich überzeugt, dass die überwiegende Mehrheit für den Beitritt abstimmen wird."

Was sind aber nun die Gründe, weshalb die Tschechen so nüchtern, ja fast emotionslos und vor allem distanziert abwägend dem EU-Beitritt ihres Landes gegenüber stehen. Dazu bemerkte Dolezal:

"Das Problem bei uns ist nicht, dass man die EU sehr stark ablehnt, sondern dass man bei uns im gewissen Sinne nüchtern ist. Es ist schwer zu sagen, was dafür ausschlaggebend ist. Vielleicht haben die Tschechen eine sehr gute Meinung von sich selber und sie sind in dieser Hinsicht davon überzeugt, dass sie sich vor allem auf sich selbst verlassen müssen. Das ist zwar schön, aber man soll doch sehen, dass wenn sie sich in eine solch hochzivilisierte Gemeinschaft einreihen werden, dann kann es auch positive Wirkungen auf die tschechische Politik haben."