"Vorige Woche"
Wie man auf die vergangene Woche zurückblicken kann, darüber macht sich Martina Schneibergova Gedanken im folgenden Feuilleton:
Die Wochezeitschrift "Respekt" bringt in jeder ihrer Ausgaben auf der letzten Seite unter dem Titel "Vorige Woche" eine Art Rückblick auf das Geschehen der letzten sieben Tage. Kurz und bündig, ohne ein einziges kommentierendes Wort und oft nur mit einem einzigen knappen Satz wird an die einzelnen mehr, aber auch weniger wichtigen Ereignisse erinnert. Die chronologisch nacheinander gehäuften Zitate von Presseagenturen sowie Kurzberichte, die zu einem ununterbrochenen Wortstrom werden, bieten dem Leser keine Zeit für eine Atempause. Vor seinen Augen defilieren die Bilder - die chronologische Reihenfolge lässt manchmal bizarre Verbindungen von weltpolitischen Ereignissen mit skurrilen Lokalmeldungen entstehen.
Ich muss zugeben, ich freue mich jeden Montag, wenn ich die neue Ausgabe von "Respekt" in die Hand nehme, auf diese Art Wochenschau. Oft verhalte ich mich wie ein neugieriger Leser mit einem neuen Krimi in der Hand, und lese die letzte Seite mit ihrem einzigartigen Rückblick als allererstes. Bevor ich am Montag wieder die nächste Übersicht lesen werde, versuche ich nun nach dem Vorbild von "Respekt", meine Auswahl der beachtenswertesten Ereignisse der letzten Tage zusammenzufassen:
Der mutmaßliche Erfinder des Würfelzuckers, Jakob Christian Rad, hat in der südböhmischen Stadt Dacice eine Gedenktafel erhalten. Der kommunalen Chronik zufolge entwickelte der Bäcker vor 160 Jahren den Zucker in Würfelform, nachdem sich seine Frau beim Teilen eines unhandlichen Zuckerhutes in den Finger geschnitten hatte. "Auf der Prager Burg hat sich der Stil geändert. Die Höflichkeit und der Humor von Václav Havel wurden durch grimmige Auftritte von dem jähzornigen Vaclav Klaus abgelöst. Der Liberale Klaus will nicht zulassen, dass er seinen Sieg in der Präsidentenwahl der Unterstützung durch einige Kommunisten verdankt", schrieb die französische Tageszeitung Le Figaro am Dienstag. Der Dienstag wurde von der Tageszeitung Mlada fronta Dnes als ein großer Tag der tschechischen Diplomatie bezeichnet. Das Treffen des tschechischen Premiers Vladimir Spidla mit US-Präsident George W. Bush am Dienstag im Weißen Haus dauerte um fast eine halbe Stunde länger als geplant. Präsident Vaclav Klaus traf am selben Tag in Paris mit Präsident Jacques Chirac zusammen. Die Einführung des Euro wurde von Präsident Klaus in Paris als Unvernünftigkeit eingestuft. Karel Gott will trotz eines leichten Gehirnschlags weiter singen, berichtete die DPA am Mittwoch. "Das Tschechische Fernsehen ist fünfzig Jahre alt, und ich möchte nicht, dass es zu einer altmodischen Dame wird, die am Kamin sitzt und Socken strickt. Ich möchte, dass sie - bildlich gesagt - als ein junges Mädchen auf dem Tisch tanzt." Dies erklärte der neu gewählte Generalintendant des öffentlich-rechtlichen Tschechischen Fernsehens, Jiri Janecek gegenüber der Nachrichtenagentur CTK.
"Havel sagte, dass Klaus Volleyball besser und auf einem höheren Niveau spielte als er." Dies erklärte der Chef des Tschechischen Volleyballverbandes, Pavel Kucera, gegenüber der CTK, nachdem er vorige Woche in Spanien mit dem tschechischen Ex-Präsidenten Václav Havel telefoniert hatte.
Schade nur, dass Präsident Vaclav Klaus von der Existenz dieser zweifelsohne objektiven CTK-Nachricht offensichtlich nichts ahnt. Denn seine Kanzlei hat vorige Woche der öffentlich-rechtlichen tschechischen Presseagentur gekündigt.